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Im Herzen der Koralleninsel: Ein Südseeroman (German Edition)

Im Herzen der Koralleninsel: Ein Südseeroman (German Edition)

Titel: Im Herzen der Koralleninsel: Ein Südseeroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inez Corbi
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war ihre einzige Chance – sie musste jetzt handeln!
    Ohne länger darüber nachzudenken, fasste sie die Zange fester und schlug sie Noah auf die Finger seiner Rechten, die ihr linkes Handgelenk festhielten.
    Mit einem Schmerzenslaut ließ er sie los und fuhr herum.
    Sie schöpfte tief Luft. »Berthold!«, schrie sie. »Berthold, hier bin ich!«
    Dann drehte sie sich um und rannte los, rannte fort von ihrem Entführer, hinein in den dichten grünen Dschungel. Ihr Atem flog. Wo? Wohin musste sie? Überall waren nur Bäume, Farne und Unterholz. Ihre Füße verfingen sich in Ranken, Dornen rissen an ihrem langen Rock.
    »Isabel!«, hörte sie Bertholds Stimme von irgendwoher aus dem Dickicht. »Isabel!«
    Aber schon riss eine Hand sie herum, stoppte ihre verzweifelte Flucht.
    »Bleibst du wohl hier!« Noah hatte sie mühelos eingeholt.
    Diesmal wehrte sie sich, keuchend vor Angst und Anstrengung, und als er sie erneut zu packen versuchte, hieb sie ihm in Panik mehrmals mit der Zange auf den Kopf. Allerdings waren ihre Schläge nicht besonders fest, und die vielen filzig gedrehten Haarsträhnen dämpften sie zusätzlich; Noah verzog nur kurz das Gesicht, dann hatte er ihr auch schon die Zange aus der Hand gewunden.
    Voller Furcht hob sie beide Hände. Sicher würde er sie jetzt schlagen – oder ihr gar mit dem Knochendolch die Kehle durchschneiden.
    »Bitte«, wimmerte sie fast ohne Stimme. »Bitte nicht …«
    Statt einer Antwort nahm er den Dolch zwischen die Zähne, bückte sich, fasste sie um die Hüfte und nahm sie wie einen Sack Kohlen auf die rechte Schulter.
    Im ersten Moment war Isabel starr vor Schreck. Nicht einmal schreien konnte sie, nur ein leises, entsetztes Stöhnen kam aus ihrer Kehle, als Noah wieder loslief. So hatte sie noch niemand behandelt! Ihr Oberkörper hing über seinem Rücken, sein rechter Arm umfasste ihre Beine in Höhe der Kniekehlen. Ihr war schwindelig, und sie fürchtete, jeden Augenblick kopfüber herunterzufallen. Reflexartig suchte sie nach einem Halt und umklammerte notgedrungen seinen Oberkörper.
    »Lassen … Sie … mich … sofort … hinunter!«, keuchte sie, bei jedem seiner Schritte ein Wort. Der Druck auf den Magen machte ihr das Atmen schwer und verursachte Übelkeit. »So… fort!«
    Sie roch Schweiß und feuchtes Laub. Es ging jetzt leicht bergauf, der von Farn überwucherte Boden wich bei jedem von Noahs raschen Schritten unter ihnen zurück. Ihr Kopf fühlte sich dick und heiß an und schien kurz vor dem Platzen zu sein.
    Endlich hielt Noah an und ließ sie langsam zu Boden sinken. Sie kam auf die Füße und wäre fast hingefallen. Für einen Moment drehte sich alles, ihr Kopf pochte, sie schnappte nach Luft.
    Auch Noahs Brustkorb hob und senkte sich rasch, sein Hemd war schweißnass.
    »Du bist nicht gerade ein Leichtgewicht«, keuchte er. Den Dolch hielt er wieder in der Hand.
    Sie wich vor ihm zurück, als er sie abermals packen wollte. »Nein – bitte nicht!«
    »Isabel, auch wenn es dir so scheinen mag: Ich will dir nichts Böses. Versprichst du mir, nicht mehr nach Berthold zu schreien?«
    »Ja.« Ihre Stimme bebte. »Natürlich.« Sie würde ihm alles zusichern, wenn er sie nur endlich gehen ließe.
    Er sah sie einen Augenblick lang an, dann griff er erneut nach ihrem Handgelenk. »Glaub mir, du wirst bald wieder in Simbang sein.«
    *
    Die Luft war dick und klebrig wie Sirup, und es war unglaublich schwül. Der Wald um sie herum strotzte vor Leben und Fülle, vor Vogelrufen und Zwitschern, dem satten Grün der Bäume und flammend roten Orchideen, doch Isabel hatte keinen Blick für die Schönheiten der Natur. Mühsam kämpfte sie sich hinter Noah voran, Schritt für Schritt. Sie liefen seit Stunden, immer leicht bergan, über matschigen Untergrund und Wurzeln, die nach ihr zu greifen schienen, vorbei an Palmen und Schlingpflanzen und Bäumen mit riesigen, gezackten Blättern. Isabel kam sich vor wie eine Bergziege. Schon lange hatte sie nichts mehr gesagt, konzentrierte sich nur darauf, mit ihm Schritt zu halten. Die feuchte Hitze und die ungewohnte Anstrengung nötigten ihr alles ab, ihr schwaches Bein schmerzte und war völlig verkrampft. Die Wäsche klebte schweißfeucht an ihrem Körper, und sie hatte schon wieder brennenden Durst, obwohl sie erst vor kurzem etwas getrunken hatten. Wasser fand sich in den armdicken Lianen, die hier überall von den Bäumen herabhingen und die Noah mit seinem kleinen, scharfen Knochendolch durchschnitt. Nach kurzer

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