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Im Herzen der Nacht - Roman

Titel: Im Herzen der Nacht - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sherrilyn Kenyon Eva Malsch
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zeichnete sie seine Lippen nach. »Mein tapferer Speirr. Immer so stark und gut. Ich werde auf der anderen Seite warten, bis Bran uns wieder zusammenbringt.«
    Unkontrollierbar begannen seine Tränen zu fließen, und er kniff sekundenlang die Lider zusammen. »Ohne dich kann ich nicht leben.«
    »Aber du musst leben. Unser Volk braucht dich. Ebenso wie Ceara.«
    »Und ich brauche dich .«
    Mühsam schluckte sie und schaute zu ihm auf, die Augen
voller Angst. »O Speirr, ich fürchte mich. Ich will nicht sterben. Mir ist so kalt. Noch nie bin ich ohne dich irgendwohin gegangen.«
    »Ich halte dich warm.« Hastig breitete er noch mehr Pelze über ihren Körper und rieb ihre Arme. Wenn sie nicht fror, würde sie bei ihm bleiben, er musste sie einfach nur wärmen.
    »Warum ist es so dunkel?«, fragte sie mit zitternder Stimme. »Diese Finsternis will ich nicht. Jetzt noch nicht. Eine kleine Weile möchte ich dich noch spüren.«
    »Sorg dich nicht, Nyn, ich drücke dich an mich.«
    Über seine Wange rollte eine einzelne Träne, und Nynia wischte sie weg. »Oh, ich wünschte, ich wäre die Ehefrau gewesen, die du verdienst, Speirr, und hätte dir all die Kinder geschenkt, die du wolltest...«
    Ehe er zu sprechen vermochte, fühlte er den letzten Atemzug, der ihrer Brust entwich, und ihr Körper erschlaffte in seinen Armen. Wütend, zutiefst verzweifelt, warf er seinen Kopf in den Nacken, ließ seinen Tränen freien Lauf und stieß einen wilden Kriegsruf aus. »Warum?«, schrie er die Götter an. »Verdammt, Camulus, warum? Konntest du nicht mich töten und sie verschonen?«
    Wie erwartet, bekam er keine Antwort. Die Götter ließen ihn in seinem Leid allein.
    »Warum sollten die Götter einem Hurensohn wie dir helfen, Junge? Du hast keine Rechte. Bestenfalls darfst du die Stiefel aller ablecken, die dir überlegen sind.«
    »Schau ihn an, Idiag! Armselig und schwach wie sein Vater! Niemals wird er es zu etwas bringen. Töte ihn, und spar seine Nahrung für ein würdigeres Kind.«
    Die Stimmen aus der Vergangenheit kehrten zurück und schienen sein wundes Herz zu durchbohren.

    »Bist du ein Prinz?«, hörte er Nynias Kinderstimme, ihre Frage an dem Tag, an dem er sie vor dem Hahn gerettet hatte.
    »Nae, ich bin gar nichts.«
    »Doch, du bist ein Prinz. Nur ein Held von edlem Geblüt würde dem schrecklichen Hahn entgegentreten, um ein Bauernkind zu retten.«
    Sie allein hatte ihm jemals das Gefühl gegeben, er wäre gut und edel. Nur sie hatte seinen Wunsch geweckt, am Leben zu bleiben. Oh, warum war seine kostbare Nyn fortgegangen?
    Schluchzend umschlang er seine Frau und das Baby, bis die Sonnenstrahlen auf dem Schnee glänzten und Nynias Familie ihn bat, das Begräbnis vorzubereiten. Das widerstrebte ihm, denn er wollte die beiden bei sich behalten.
    Seit er Nyn kannte, waren sie niemals länger als ein paar Stunden getrennt gewesen. Ihre Liebe und ihre Freundschaft hatten ihm geholfen, so vieles zu erdulden, und ihm im Lauf der Jahre immer wieder Kraft gegeben.
    Sie war stets der bessere Teil seines Ichs gewesen.
    »Was soll ich tun, Nyn?«, flüsterte er an ihrer kalten Wange und wiegte sie in seinen Armen. »Was...?« Doch sie war entschwunden, für immer.
    Am nächsten Tag begrub er sie zusammen mit dem Baby am Ufer des Lochs, wo sie sich in der Kindheit so oft getroffen hatten. In seiner Fantasie sah er sie am Wasserrand stehen, erwartungsvolle Freude in den Augen. Und er stellte sich vor, sie würde über die verschneite Wiese stürmen und eine Handvoll Schnee aufheben, zu einem Ball formen und auf seine Tunika werfen. Dann würde sie ihm lachend davonlaufen. So sehr hatte sie den Schnee geliebt, immer wieder
den Kopf gehoben und die Flocken auf ihr schönes Gesicht und das goldblonde Haar fallen lassen. Irgendwie erschien es ihm falsch, dass sie an einem solchen Tag gestorben war, der sie beglückt hätte.
    Stöhnend wünschte er, irgendwo zu leben, wo es niemals schneite, wo es warm war, wo ihn dieses leuchtende Weiß nicht an seinen Verlust erinnern würde. Auf Händen und Knien lag er im Schnee, von maßloser Trauer erfüllt. Gefrorene Erde bedeckte Nynia und das Baby auf ihrer Brust. Jetzt konnte er sie nicht mehr schützen und wärmen, nie wieder ihre Hand ergreifen, um sie da- oder dorthin zu führen.
    Und dann spürte er winzige Finger auf seiner Schulter. Verwirrt richtete sich auf und erblickte das Gesicht seiner Schwester Ceara, die schon genug Tragödien miterlebt hatte.
    »Ich bin immer noch bei dir,

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