Im Herzen der Nacht - Roman
sie sich vor seinen Augen. »Ich habe deinen Schmerz gefühlt.«
»Als würde dich das kümmern...«
Sie streckte eine Hand aus, um sein Gesicht zu berühren. Aber er verschränkte die Arme vor der Brust und trat zurück. Seufzend ließ sie ihre Hand sinken. »Natürlich kümmert mich das, akribos . Wie sehr, ahnst du gar nicht. Aber deshalb bin ich nicht hier, sondern weil ich erfuhr, was mit Zarek geschehen ist.«
Seufzend nickte er. Natürlich würde sie nicht zu ihm kommen, weil er litt. Schon vor langer Zeit hatte sie ihm klargemacht, seine Verzweiflung würde ihr nichts bedeuten. »Damit werde ich fertig.«
»Wie denn? Zu viele Menschen haben ihn gesehen. Jetzt fahndet die Polizei nach ihm. Alles, was uns wichtig ist, setzt er aufs Spiel. Er muss sterben.«
»Nein!«, fuhr er sie an. »Sorg dich nicht, ich werde das Problem lösen. Dafür brauche ich nur ein bisschen Zeit.«
In ihrem Gesicht erschien jener vertraute berechnende Ausdruck. »Und was gibst du mir für die Frist, die ich dir gewähren soll?«
»Verdammt, Artemis, warum muss ich dauernd mit dir verhandeln? Kannst du nicht ausnahmsweise etwas tun, weil ich dich darum bitte?«
»Nichts ist kostenlos«, erwiderte sie und ging um ihn herum. Als ihre Hand über seinen Rücken strich, krümmte er sich. »Gerade du müsstest das wissen, jeder Gefallen erfordert eine Gegenleistung.«
Mit einem tiefen Atemzug wappnete er sich für ihre Forderung. Ob es ihm gefiel oder nicht, er musste ihre Wünsche erfüllen, um Zarek zu retten. »Was soll ich tun?«
Sie strich das lange Haar aus seinem Nacken und küsste seinen Hals. Gegen seinen Willen erschauerte er und spürte seine wachsende Begierde. »Das weißt du doch«, flüsterte sie heiser.
»Also gut«, stimmte er resignierend zu. »Ich werde dir gehören. Schick Thanatos noch nicht nach New Orleans, lass mich Zarek erst nach Alaska zurückbefördern.«
»Mmm«, hauchte sie an seinem Nacken. »Siehst du? Ist es nicht viel besser, wenn du nachgibst?«
Als ihre Zunge über seine Haut glitt, versteifte er sich. »Darf ich dir eine Frage stellen?«, bat er in frostigem Ton. »Hast du Styxx freigelassen, um mit mir zu bumsen?«
»Was?« Erschrocken eilte sie um ihn herum und starrte ihn an.
Um die Wahrheit zu erfahren, musste er ihr Mienenspiel aufmerksam beobachten. »Neuerdings läuft er frei in New Orleans herum.«
»So etwas würde ich dir niemals antun, Acheron«, beteuerte sie sichtlich verstört. »Dass er entkommen ist, wusste ich nicht. Bist du sicher?«
Unwillkürlich fühlte er sich erleichtert, weil sie ihn nicht hintergangen hatte. Wieder einmal... »Talon sah ihn und dachte, er wäre ich.«
Die grünen Augen voller Entsetzen, presste sie eine Hand auf ihren Mund. »Er wird dich bekämpfen.«
»Oh, das hat er schon getan. Die kleine mörderische Action vor dem Nachtclub hat er nur inszeniert, weil er dich veranlassen wollte, Zarek zu töten. Zweifellos versucht Styxx, meine Männer zu neutralisieren. Entweder will er sie daran hindern, mich zu schützen, oder mich ablenken.«
»Das werde ich ihm nicht erlauben!«, fauchte sie.
»Halt dich da raus, Artie. Das geht nur mich und meinen Bruder was an.« Er entfernte sich von ihr. »Im Morgengrauen komme ich zurück, um Wort zu halten. In der Zwischenzeit musst du Zarek mir überlassen.«
Immer noch in menschlicher Gestalt, half Vane seiner Schwester, die Gumbo-Suppe zu essen. Sie war das einzige Lebewesen, dem er seine sanfteren Charakterzüge zeigte. Der restlichen Welt musste er hart und skrupellos erscheinen. Sonst würde das Rudel über Anya und Fang wegen ihrer problematischen Herkunft herfallen. Die Finger in Anyas dichtes, weiches Fell geschlungen, bekämpfte er den Schmerz in seinem Innern. Für ihn waren seine Geschwister das Allerwichtigste auf Erden.
An jenem Tag, als Anya sich mit dem Strati-Krieger Orian gepaart hatte, war Vane außer sich vor Wut gewesen. Schon immer hatte er gewusst, ihr leichtfertiger, dummer Liebhaber würde einen verfrühten Tod finden. Vor ein paar Wochen hatte das Schicksal diese Ahnung bestätigt.
Er glaubte immer noch, den Klang ihrer Stimme zu hören, als sie von Orians Tod erfahren und ihm erzählt hatte, sie sei nicht nur die Geliebte des Kriegers gewesen. Sie hatte sich auch mit dem Wölfling verbunden. Da die Lebenskräfte der beiden verschmolzen waren, hätte sie mit Orian sterben müssen. Nur die Brut in ihrem Bauch hatte sie davor bewahrt.
Sobald der Wurf das Licht der Welt erblickte,
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