Im Herzen der Wildnis - Roman
abgesehen davon, dass er enttäuscht und verletzt sein würde. Aber das? Nein, das hatte sie nicht erwartet. Sie schluckte trocken. »Und sein Kind?«
»Ist mein Kind.«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein.«
»Im wievielten Monat bist du denn?«
»Im vierten.«
Er atmete langsam aus. »Und wenn wir schon am Lagerfeuer im Sequoiawald miteinander geschlafen hätten?«
»Das reicht nicht.«
»Das muss aber reichen.«
»Rob …«
»Ich werde das Kind als meines anerkennen. Ich werde es liebhaben wie alle anderen Kinder, die nach ihm kommen.«
Jetzt konnte sie die Tränen nicht mehr zurückhalten. Rob nahm sie liebevoll in den Arm, legte seine Hand auf ihren Bauch und streichelte ihn sanft. Er küsste sie und flüsterte gerührt: »Ich kann es spüren. Es bewegt sich.«
Eng umschlungen und fest gefügt wie zwei Puzzleteile, die zueinander gehören, lagen sie auf dem Bett und gaben sich ihren Gefühlen hin. Und sobald die Tränen versiegt waren und ihr aufgewühltes Herzklopfen sich beruhigt hatte, liebten sie sich ein zweites Mal, langsam und zärtlich.
Der schönste Augenblick dieser wundervollen Nacht war, als Rob, trotz ihres Geständnisses und trotz ihrer Tränen, zum zweiten Mal sagte: »Ich liebe dich.«
Tom sah hoch, als Shannon unruhig von ihrem Stuhl neben ihm aufsprang und zum Fenster von Alistair McKenzies Arztzimmer ging. Sie war immer noch völlig aufgewühlt. Schockiert. Und sie hatte Angst, das merkte Tom ihr an, als sie zum Golden Gate Park hinübersah. Sie hatte so viel Angst wie er. Es berührte ihn, wie sie sich um ihn sorgte. Aber das Gefühl der Rührung schnürte ihm die Kehle zu, sodass er kaum noch atmen konnte, und es machte ihm das Herz schwer. Sie war vorhin so glücklich gewesen, als sie mit Rob ins Hotel gekommen war, um ihm die freudige Nachricht zu überbringen.
»Ihr wollt heiraten?«, hatte er sich gefreut. »Wann?«
»So schnell wie möglich«, hatte Rob gesagt. »Shannon ist seit einigen Wochen schwanger.«
»Dann habt ihr …?«
Rob hatte jungenhaft gegrinst, als hätte er wieder einmal etwas angestellt, wie damals, als er noch eine kleine Rotznase war. »Gleich in der ersten Nacht.«
Toms Ungläubigkeit war der Begeisterung gewichen. »Ihr wisst nicht, welche Freude ihr mir damit macht«, hatte er ausgelassen gerufen. »Kommt mal her, ihr beide! Lasst euch umarmen!« Shannon hatte sich vor seinen Rollstuhl gekniet und sich von ihm umarmen und küssen lassen.
Toms Herz krampfte sich zusammen, und plötzlich musste er wieder husten. Er zog das blutbespritzte Taschentuch hervor und hustete rasselnd hinein. Diese Schmerzen in der Brust!
Sofort war Shannon neben ihm. Mit einer Hand auf der Lehne des Rollstuhls hockte sie neben ihm und blickte ihn besorgt an. Sie bemerkte die neuen Blutspritzer, nahm ihm das Taschentuch ab und drückte ihm ihres in die Hand, ein exquisites Seidentüchlein mit zarter Spitze. Sie legte ihm die Hand auf den Arm. »Willst du was trinken?«
Tom presste ein heiseres »Ja« hervor, und sie stand auf, ging um Alistairs Schreibtisch herum und schenkte ihm aus einer Karaffe ein Glas Wasser ein. Er stürzte das ganze Glas auf einmal hinunter und gab es ihr zurück. »Danke, dass du mitgekommen bist, Shannon.«
Sie senkte den Blick und blinzelte.
Er neigte sich über die Armlehne des Rollstuhls und legte ihr die Hand auf den Arm. »Ich habe Angst.«
Sie blickte auf. »Ich auch.«
Leise seufzend dachte er: Ich habe ihr Glück zerstört, als ich ihr nach ihrer freudigen Nachricht, sie sei schwanger und sie werde Rob heiraten, meine traurige offenbarte: Krebs im fortgeschrittenen Stadium.
Er hatte sie umarmt. Er hatte sich an ihr festgehalten und es ihr gesagt. »Du weißt nicht, wie glücklich du mich machst – die Hochzeit noch zu erleben! Du und Rob! Und ihr seid schon zu dritt! Ich kann nicht sagen, wie schön das ist!« Er hatte tief durchgeatmet. »Shannon … Ich werde vielleicht bald sterben …«
Sie war schockiert gewesen, das hatte er ihr angesehen. Aber gleichzeitig hatte sie auf eine bewundernswerte Art Haltung bewahrt. Und sie hatte ihm das Gefühl gegeben, dass er nicht allein war. Dass sie immer für ihn da sein würde. Und das war für ihn ein großer Trost.
Sie hatte seine Hand genommen. »Wir werden ihn besiegen«, hatte sie leise, aber entschlossen gesagt.
Wir.
Dankbar hatte er ihre Hand gestreichelt.
»Du musst das nicht allein durchstehen, Tom«, hatte sie gesagt. »Rob und ich sind immer für dich da.«
Es klopfte, und
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