Im Herzen der Wildnis - Roman
Straßenwerber nach ihm, aber …« Sie stockte, enttäuscht, traurig.
»… er antwortet nicht«, ergänzte Aidan mitfühlend.
Es tat ihr gut, sich ihm anzuvertrauen, obwohl sie nie ein enges geschwisterliches Verhältnis hatten. Mit Skip konnte sie nach seinem Zusammenbruch nicht offen reden. Die Vorstellung, sie könnte Rob heiraten, als Mrs Conroy nach Sydney oder Kapstadt gehen und ihn für immer verlassen, erschreckte Skip mehr, als er zugeben wollte. Sie seufzte. »Er hat meinen Brief noch nicht erhalten. Ich weiß nicht, ob er ihn jemals lesen wird. Und ich habe keine Ahnung, wie ich ihn finden soll. Ich habe den ganzen Financial District nach ihm abgesucht – nichts.«
»Tut mir leid.«
»Danke, Aidan. Ich bin froh, dass du anders reagierst als Caitlin.«
Aidan stützte sein Kinn in die gefalteten Hände, und die Ketten an seinen Armen rasselten dabei. »Wie war sie?« Als Shannon die Augen verdrehte, lachte er. »Erzähl!«
»Sie hat mir angemerkt, dass irgendetwas geschehen ist. Gestern nach dem Abendessen hat sie gefragt, wie die Gespräche mit Tom vorankommen. Und ob ich mit ihm darüber gesprochen habe, dass Rob katholisch werden muss.«
Aidan grinste. »Wenn auch ohne das Zertifikat ›nur echt, wenn irisch-katholisch‹. Und?«
»Ich habe ihr gesagt, dass ich Rob die Entscheidung überlasse, ob er konvertieren will oder nicht.«
»Und sie war maßlos enttäuscht von dir«, vermutete Aidan.
»Sie kann nicht über mich verfügen, als gehörte ich ihr. Sie hat kein Recht dazu.«
»Sie nimmt es sich.«
»Und ich verwehre es ihr. Es ist mein Leben.«
»Wie kommt ihr miteinander aus?«
»Die eine Hand zur Versöhnung ausgestreckt, die andere am geladenen und entsicherten Colt.«
»Oh, doch so gut!«
»Sie weiß, dass ich treffe, wenn ich schieße. Und sie weiß auch, dass ich das Castle verlassen werde, wenn sie mich noch weiter bedrängt. Aber den Skandal will sie vermeiden, nicht nur wegen des Deals mit Tom Conroy.«
Aidan atmete langsam aus. »Was wirst du jetzt tun?«
»Ich werde Tom heute Abend eine Antwort geben.«
»Und welche?«
Sie sagte nur ein Wort.
7
Mit zitternden Knien stieg Shannon aus dem Landauer, der sie vom Jachthafen zum Palace Hotel gebracht hatte. Während Mr Wilkinson den Kutscher bat, auf sie beide zu warten, ging sie zum Straßenwerber hinüber, der ihr entgegenblickte.
»Ma’am.« Er tippte sich an die Mütze.
Sie nickte ihm zu. »Hamish.«
»Kein Brief für Sie, Ma’am. Er war nicht hier.«
Wie eine Woge packte sie die Traurigkeit, die Verzweiflung, ihn verloren zu haben.
Sie brauchte einen Moment, bevor sie antworten konnte. Nicht, dass sie etwas anderes erwartet hätte. Aber sie hatte so sehr gehofft, er würde ihren Brief erhalten, und sie hatte sich so sehr danach gesehnt, ihn wiederzusehen. Er war seit drei Tagen nicht hier gewesen. Er suchte sie nicht.
Und warum auch? Sie war über seinen Gehstock gestolpert, er hatte sie zum Kaffee eingeladen, sie hatten sich unterhalten, und das war’s. Sie machte einen tiefen Atemzug. Nein, das war’s eben nicht! Da war etwas zwischen ihnen gewesen, etwas Sanftes, etwas Mächtiges, und da war etwas in seiner Stimme gewesen, ein überwältigend schönes Gefühl, das sie in ihrem Innersten berührt hatte. Er musste es doch auch gespürt haben! Und der innige Kuss zum Abschied, der ihn so erregt hatte!
Aber er hat mich vergessen, dachte sie traurig, und ich sollte dasselbe tun.
»Es tut mir so leid, Ma’am«, murmelte Hamish, der Straßenwerber, bestürzt. Shannon sah ihm an, dass ihm das alles sehr naheging. Den Brief an einen Fremden fand er sehr romantisch. »Ich hätte Ihnen gern eine Antwort von ihm gegeben. Sie haben doch so gehofft …«
Sie zwang sich zu einem Lächeln. »Das war es mir wert, Hamish. Er war es wert.«
»Ich weiß, wie traurig Sie jetzt sind. Jeden Tag haben Sie sich nach ihm erkundigt, manchmal zwei Mal am Tag …«
Sie drückte ihm einen Schein in die Hand.
»Nein, Ma’am, ich bitte Sie! Das ist zu viel!«
»Ist schon gut, Hamish.« Sie schloss seine Finger um den Schein. »Geben Sie mir bitte meinen Brief zurück!«
»Aber wenn ich ihm morgen begegne oder übermorgen …«
»Bitte, Hamish!« Es fiel ihr schwer, die Haltung zu bewahren und eine Gelassenheit vorzutäuschen, die sie nicht empfand. Denn am liebsten hätte sie gesagt: Ja, Hamish, behalten Sie ihn, geben Sie ihm den Brief, wenn Sie ihn sehen. Aber es ging nicht. Sie hatte sich entschieden.
Hamish zog das
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