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Im Herzen der Wildnis - Roman

Im Herzen der Wildnis - Roman

Titel: Im Herzen der Wildnis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norah Sanders
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Schlafzimmer … Er hat ihr Porträt über dem Kamin zerfetzt, ihre Kleider zerschnitten, ihre persönlichen Dinge zerstört … Dr McKenzie kam, als er bereits weinend in sein Zimmer zurückgekehrt war und sich erneut eine Überdosis …«
    Sie schlug sich die Hand vor die Lippen. »O mein Gott!«
    Verzweifelt dachte sie an Jay, der an diesem Abend wohl vergeblich auf sie warten würde. Sie packte den Butler am Arm. »Kommen Sie! Wir haben keine Zeit zu verlieren!«
    Sie hielten auf dem knirschenden Kies der Auffahrt. Shannon sprang aus dem Wagen, hastete ins Haus und keuchte die Treppe hinauf zu Skips Räumen. Als sie die Tür aufriss, blieb sie schwer atmend stehen. »Alistair!«
    Dr McKenzie war seit Jahrzehnten ein Freund der Familie. Der liebenswerte alte Kauz mit dem widerspenstigen weißen Haar und dem schroffen schottischen Akzent saß in einem Sessel neben dem Bett und wachte über den Schlafenden. Skips Arme und Beine waren mit Lederriemen an die Bettpfosten gefesselt wie bei einem Irren!
    Erschüttert trat sie näher, während Alistair aufstand und seinen Anzug glatt strich. Dann erst sah sie die offene Arzttasche auf dem Nachttisch. »Wie geht’s ihm?«
    Alistair McKenzie packte sie bei den Schultern und schob sie zum Sessel, auf dem er eben gesessen hatte. »Setz dich, bitte!«
    Sie schüttelte seine Hände ab. »Nun sagen Sie schon!«
    »Setz dich!«
    Sie ließ sich auf dem Sessel nieder, während der Doktor ihre Hände ergriff. Sie konnte den Blick nicht von ihrem Bruder wenden.
    »Skip ist in einem lebensbedrohlichen Schockzustand«, erklärte er. »Wie vor einigen Tagen, als du nicht aus dem Yosemite Valley zurückkommen konntest, weil du eingeschneit warst, hat er eine viel zu hohe Dosis genommen. Skip war damals so verzweifelt, dass er ohne dich nicht weiterleben wollte.«
    Ihre Kehle war wie zugeschnürt. »Denken Sie das auch?«
    Er nickte. »Skip war sehr krank, als du nicht für ihn da warst. Traurig und verzweifelt. Mit keinem von uns wollte er reden. Er schloss sich in seinem Zimmer ein, lag auf dem Bett oder stand am Fenster, hielt stundenlang nach dir Ausschau und wartete, dass du endlich zurückkehrst.«
    »Aber ich bin doch zurückgekommen!«, sagte sie erschüttert. Mehr als ein Flüstern brachte sie nicht heraus. Sie nickte zu Skip hinüber, der mit ausgebreiteten Armen und Beinen reglos auf dem Bett lag. »Wollte er Selbstmord begehen?«
    »Ich bin nicht sicher. Die Dosis, die er in der Opiumhöhle genommen hatte, reichte nicht aus, und das hätte er mit seinen Erfahrungen wissen müssen.«
    Ihre Stimme drohte zu versagen. »Ein Hilferuf also? Wie der inszenierte Selbstmordversuch an Weihnachten?«
    »Ich weiß es nicht«, gestand Alistair. »Skip tobte wie ein Irrer, als er plötzlich in seinem Bett aufwachte. Die Raserei ist eine Nebenwirkung der Vergiftung mit einer viel zu großen Dosis Heroin.«
    »Heroin?« Ihr wurde ganz flau. »Ich dachte, er nimmt Opium und Laudanum?«
    Der Doktor nahm ein Fläschchen vom Nachttisch und zeigte es ihr. Tatsächlich, es war Heroin, wie man es in jeder Apotheke kaufen konnte. »Heroin ist ein Schmerzmittel, das bei Lungenkrankheiten und Herzerkrankungen eingesetzt wird und das auch gegen die Entzugssymptome des Opiums hilft.«
    »Skip hat also zu viel davon genommen?«
    »Das ganze Fläschchen, wie es scheint. Ein paar Tropfen Heroin wirken schmerzlindernd, beruhigend und angstlösend. In dieser Dosis bewirkt es ein Gefühl der Gelassenheit, Unbeschwertheit und Selbstzufriedenheit. Aber die ganze Flasche? Skips Herz schlägt zu langsam und zu unregelmäßig, sein Blutdruck ist zu schwach, der Puls kaum noch spürbar, und er leidet unter Atemnot. Wenn er aufwacht, wird er sich fühlen, als ersticke er. Vielleicht wird Skip Todesangst haben, eine panische Überreaktion, die …«
    »Ich bleibe bei ihm«, beruhigte sie den Arzt.
    Ich gebe ihm die Droge, nach der er sich doch eigentlich sehnt, wenn er sich mit Opium und Heroin als materiellem Ersatz tröstet, dachte sie verzweifelt. Ich schenke ihm meine Liebe, meine Zärtlichkeit, meine Gefühle. Ich beschütze ihn. Ich gebe ihm ein wenig Selbstwertgefühl. Und mache ihn damit noch abhängiger von mir.
    Nach ihrer Rückkehr von ihrem Ausflug ins Yosemite Valley hatte sie mit Alistair McKenzie über Skip gesprochen, den der Doktor als unheilbar krank bezeichnete. Er hatte sie gewarnt, dass es bei einem dauerhaften Missbrauch, wie Skip ihn seit Jahren betrieb, zu einer chronischen Vergiftung kommen

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