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Im Herzen der Zorn (German Edition)

Im Herzen der Zorn (German Edition)

Titel: Im Herzen der Zorn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Miles
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Verbannungsritual gefunden!«
    Das Buch war alt und schwer, so wie die, die sie in der Bibliothek für Altertumskunde gesehen hatten. Verborgene Geschichte: Erzählungen aus dem ländlichen Maine hieß es. »Wo kommt das her?«, fragte Em.
    »Ich hab es am Ende doch noch geschafft, es aus der Bibliothek auszuleihen «, antwortete Drea vage. Em war klar, was sie damit meinte: Sie hatte es gestohlen. »Darin ist die Rede von drei Schwestern, die in Ascension getötet wurden …«
    »Warte mal, Drea«, unterbrach Em sie. »Hat irgendwer gesehen, dass du das genommen hast?«
    Drea sah Em scharf an und antwortete: »Konzentrieren wir uns lieber auf das Wesentliche. Also, wie du mir neulich schon erzählt hast, sind diese drei Schwestern im Wald umgekommen, in einem Feuer. Aber ich hab noch mehr rausgefunden. In der Geschichte heißt es, dass die Frauen praktisch Einsiedlerinnen waren – die Stadtbewohner hielten sie für Hexen oder böse Verführerinnen oder sonst irgendwelchen Abschaum. Eine von ihnen hatte wahrscheinlich was mit dem Ehemann von jemandem oder so.« Drea verdrehte die Augen. »Fest steht jedenfalls, dass sie praktisch Gefangene in ihrem eigenen Haus waren. Sie vernagelten sämtliche Fenster, weil sonst die Kinder Steine reingeschmissen hätten. Trotzdem wollte jeder in der Stadt, dass sie bestraft werden.«
    An der Stelle legte Drea eine Pause ein, um sich zu vergewissern, dass Em auch zuhörte. Was sie tat. Sie war auf dem dünnen Vorleger, der auf dem Kellerfußboden lag, in die Knie gesunken. Die Geschichte verursachte ihr irgendwo tief im Inneren Schmerzen. Ungestillte Rache – das kam ihr bekannt vor. So waren die Furien sicher zum Leben erwacht, hier in Ascension, Maine. »Sprich weiter«, flüsterte sie.
    Drea nahm das Buch in die Hand und blätterte die Seiten durch, bis sie fand, was sie suchte. »Gut, also … die Stadtbewohner beschlossen, sie auszuräuchern – benutzten alte Lumpen, um rund um das Grundstück Brände zu legen. Aber eines der Feuer geriet außer Kontrolle und die Frauen wurden im Haus eingeschlossen. Es gab keinen Fluchtweg, keinen Ort, an den sie hätten entkommen können.«
    Em zuckte zusammen. Plötzlich züngelten Flammen an ihr empor, an ihrer Brust, ihren Wangen, ihren Haaren. Sie legte sich die eisigen Finger aufs Gesicht, versuchte, sich abzukühlen.
    »Alles okay mit dir?« Drea blickte sie besorgt an. »Willst du ’ne Cola oder so?«
    »Mir geht’s gut«, krächzte Em. »Was ist dann passiert?«
    »Na ja, als die Stadtbewohner rein sind, um sie aus dem Feuer zu holen … waren sie nicht da . Nur die Leiche eines Jungen wurde gefunden, von den drei Frauen keine Spur. Es passt alles zusammen«, sagte Drea und sah Em an. Ihre Augen glühten vor Begeisterung. Em fühlte sich schwach.
    »Wie meinst du das?«, fragte sie. »Wer war der Junge? Was ist ihm zugestoßen?«
    »Das weiß keiner«, erwiderte Drea. Sie stand wieder auf und begann hin- und herzulaufen. »Aber verstehst du nicht? Die Frauen sind gar nicht gestorben. Sie sind stattdessen zu Furien geworden. Oder die Furien sind zu ihnen geworden. Wie man’s sieht. Erinnerst du dich, wie ich mal sagte, dass es die Furien schon immer gibt, nur in unterschiedlichen Erscheinungsformen?«
    Em kam sich vor, als stünde sie auf der Spitze eines Berges und blickte hinunter. Sie befand sich am Rande von etwas Gewaltigem. Das spürte sie. »Du willst also sagen, die drei Frauen … sie wurden zu Furien. Aber wie?«
    Drea zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Vielleicht sind ihre Geister hier irgendwie festgehalten worden. Weil die Art und Weise, wie sie gestorben sind, nicht in Ordnung war. Sie sind hier hängen geblieben und haben auf Rache gelauert. Sind in die ewige, wandelnde Finsternis vorgedrungen, die die Furien verkörpern. Aber egal, das ist momentan nicht unser Problem. Wir müssen zusehen, dass wir sie loswerden .«
    Plötzlich beugte sie sich vor und packte Em am Handgelenk. »Und ich glaube, ich weiß auch, wie. Es ist genau wie bei diesem albernen Motto für das Frühlingsfest – ›Smoke and Mirrors‹. Es geht nur darum, die Sache zu spiegeln, das Ganze umzudrehen. Die Furien wurden irgendwie durch Feuer erschaffen. Oder während eines Feuers. Und mit Feuer werden wir sie auch wieder los.« Damit richtete sie sich auf und zuckte mit dem Finger in Richtung eines Feuerzeuges auf ihrem Schreibtisch. Daneben lag ein Haufen Unrat – kleine Stöckchen und Moos, ein zerfleddertes Stück Stoff, ein paar

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