Im Herzen der Zorn (German Edition)
Garten, und er machte sie ganz benommen. Sie blieb stehen, um sich zu sammeln.
Sie fühlte sich natürlich schrecklich wegen der Sache mit Gabby. Sie wäre beinahe gestorben . Skylar legte die Hand an die Wand, um sich abzustützen. Das hab ich nicht gewusst, sagte sie sich immer wieder. Sie hatte ja keine Ahnung gehabt, dass Gabby dermaßen allergisch gegen Muscheln war! Sie hatte an so etwas wie ein bisschen Ausschlag gedacht. Eine kleine Rötung. Doch nicht das. Dann hätte sie doch nie … in tausend Jahren nicht …
Das hab ich nicht gewusst. Ich konnte nichts dafür .
Gabby war schon über sechzehn Stunden im Krankenhaus. Sie hatte einen anaphylaktischen Schock erlitten – war fast unfähig gewesen zu atmen und aufgeblasen wie ein Ballon.
Und es war alles Skylars Schuld.
Skylar musste sich zwingen, sie zu besuchen. Es würde merkwürdig aussehen, wenn sie es nicht tat. Fiona, Jenna, Sean – alle hatten sie angerufen und gefragt, ob sie sie mitnehmen sollten, aber sie hatte abgelehnt. Stattdessen hatte sie sich von Tante Nora herfahren lassen. Sie schämte sich so sehr. Und hatte Angst. Sie wollte niemandem begegnen, niemandem, der ihr furchtbares Geheimnis entdecken könnte. Also stand sie nun allein in dem Krankenhausflur und ihr Magen rotierte vor Aufregung.
Sie bog um die Ecke und hielt abrupt inne. Sie hatte freie Sicht den Gang entlang auf Zimmer 125, das, ohne Witz, aussah wie ein Blumenladen – Sträuße und Blütenarrangements in jeder freien Ecke. Skylar konnte außerdem mindestens acht Leute von der Ascension erkennen, die sich um Gabbys Bett scharten. Ihre Freundinnen. Gabbys Freundinnen.
Skylar blendete unwillkürlich in die Zeit zurück, als sie sich in der fünften Klasse einmal den Knöchel gebrochen hatte: wie leer ihr Krankenhauszimmer da gewesen war (während ihre Mom vor der Tür mit einem desinteressierten Arzt flirtete und Lucy keinerlei Ambitionen zeigte, sie überhaupt zu besuchen), wie sehr sie sich gelangweilt hatte, als sie sich anschließend zu Hause erholte. Sie hatte nicht einen einzigen Blumenstrauß bekommen und Lucy hatte sich einen Spaß daraus gemacht, Sachen, die sie haben wollte – Cola, Schokolade – für sie gerade so außer Reichweite zu platzieren. »Das ist Krankengymnastik«, hatte sie gesagt.
Skylar konnte das jetzt nicht. Sie hatte in ihrem Leben schon zu viele Krankenhäuser gesehen. Ihr Bauchgefühl schrie förmlich, sie solle auf dem Absatz umkehren und sich so schnell wie möglich von Zimmer 125 entfernen. Sie schaffte es einfach nicht, all diese Leute zu treffen – ganz zu schweigen von Gabby –, bis sie die Dinge wieder besser im Griff hatte. Sie rührte sich nicht, war kurz davor wegzurennen. Doch dann überkam sie plötzlich Panik, als es ihr einfiel: der Beweis. Die Creme. Wie dumm von ihr, dass sie nicht schon vorher daran gedacht hatte. Irgendwer würde herausfinden – wenn sie das nicht bereits hatten –, dass Gabbys La Mer-Hautcreme mit Muschelsaft versetzt worden war. Wenn sie sie weiter benutzte, würde sie wieder diese Reaktionen haben. Und wenn das erst herauskam, würden sie alles daransetzen, um herauszufinden, wie das passiert war. Wer das getan hatte. Sie musste das Beweismittel zerstören. Aber zuerst musste sie sich an Gabbys Krankenbett sehen lassen. Wenn nicht, würde sie die Aufmerksamkeit nur auf sich lenken.
Sie schob sich langsam vorwärts und drückte sich so lange an der Türschwelle herum, bis eine Krankenschwester vorbeimusste. »Platz da, bitte«, sagte die Frau. Als die Besuchergruppe sich teilte, um die Schwester durchzulassen, entdeckte Gabby Skylar am Ende des Zimmers und ein tapferes, warmherziges Lächeln legte sich über ihr Gesicht. Es machte Skylars Entschlossenheit komplett zunichte; sie hoffte, ihre geröteten Wangen würden als Besorgtheit interpretiert.
»Sky«, sagte Gabby leise und winkte sie näher heran. »Ich bin ja so froh, dass du gekommen bist.« Ihre Eltern saßen zu beiden Seiten ihres Bettes und wirkten mitgenommen, aber erleichtert. Ihr Baby war außer Gefahr.
Wenn Schuld nach etwas riechen würde, dachte Skylar, dann nach billigem Raumspray oder Körperöl aus der Drogerie – und sie hätte schwören können, dass sie beides praktisch ausschwitzte.
»Wie geht es dir, Gabs?«, erkundigte sie sich, während sie sich dem Bett näherte. »Es tut mir ja so leid, dass das passiert ist. So unendlich leid.«
»Hey, das wird schon wieder«, erwiderte Gabby. »Ich bin nur froh, dass Em mich
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