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Im Herzen der Zorn (German Edition)

Im Herzen der Zorn (German Edition)

Titel: Im Herzen der Zorn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Miles
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Haare gerade fantastisch aus und das könnte vielleicht bis morgen so bleiben, wenn du sie jetzt nicht nass werden lässt. Also. Lass uns gehen.«
    Meine Güte. Gabby benahm sich wie die personifizierte Fürsorglichkeit im Feldwebelton. Jeder Gedanke an Widerworte war zwecklos. Em riss wie zum militärischen Gruß die Hand an die Stirn. »Zu Befehl, Frau Hauptmann.«
    Während sie die Füße in ihre Stiefel steckten, drehte Gabby sich um und fragte Skylar: »Kommst du mit? Unter diesem Zelt hier ist genug Platz für uns alle.«
    »Zum Auto?« Skylar schien etwas verwirrt und Em musste kichern. Die Neue besuchte offensichtlich noch nicht lange genug Gabbys Schule für Marotten und verrückte Einfälle.
    »Ja, nur bis zum Ende der Einfahrt! Das wird ein lustiger kleiner Ausflug.« Das große Haus der Doves stand auf einer Hügelkuppe und ihre Einfahrt konnte sich wirklich sehen lassen.
    Zu dritt unter den Schirm gedrängt, machten sie sich auf den Weg, wobei Gabby und Skylar kichernd darüber scherzten, dass sie Flipflops in dem eisigen Regen trugen und Em die gleiche sorglose Heiterkeit vortäuschte. Sie quiekte, als Gabby androhte, sie unter dem schützenden Dach herauszudrängen, und erzählte den Mädchen, sie könnte es kaum erwarten, sich zu Hause ein Schlückchen Baileys aus dem Geheimvorrat ihrer Mutter zu genehmigen. Aber das Einzige, woran sie in Wirklichkeit dachte, war die Geschichte, die Skylar über die drei im Wald gestorbenen Frauen erzählt hatte.
    Als sie sich dem Ende von Gabbys beachtlich langer Einfahrt näherten und in Sichtweite des Autos kamen, stieß Gabby Em plötzlich mit dem Ellenbogen an. »Hey, Süße? Was soll das mit der Schrift auf deinem Wagen?« Sie zeigte nach vorn.
    Em spähte angestrengt in die Dunkelheit. Tatsächlich, sämtliche Fenster des Hondas waren komplett beschlagen und auf die Heckscheibe hatte jemand etwas mit dem Finger geschmiert: Wer ist die Schönste im ganzen Land?
    Sie blieb wie angewurzelt stehen und starrte auf das Auto.
    Als sie hergefahren war, hatte das noch nicht da gestanden. Da war sie sich sicher.
    Aber sie konnte Gabby und Skylar auf keinen Fall Zeuginnen werden lassen, wie sie ausflippte.
    »Ach, das? Wahrscheinlich bloß einer von Dreas lustigen Einfällen«, sagte sie mit einem wenig überzeugenden Lachen.
    »Ich wusste gar nicht, dass Drea Feiffer so auf Aschenbrödel steht«, bemerkte Gabby trocken.
    »Tatsächlich stammt der Satz aus Schneewittchen«, warf Skylar ein. »Das fragt die böse Stiefmutter jeden Abend den Spiegel, weil sie neidisch auf Schneewittchens Schönheit ist.« Dann brach Skylar ab, sichtlich verlegen wegen ihrer guten Kenntnisse über Kindermärchen.
    Wer ist die Schönste im ganzen Land? Die Worte erinnerten Em an irgendetwas und sie ärgerte sich, dass ihr nicht einfiel, an was.
    »Ich muss los«, sagte sie und schnappte sich Gabby für eine kurze Umarmung. »A bientôt, escargot«, flüsterte sie – ihr spezieller Abschiedsgruß –, bevor sie aus dem Mantel schlüpfte und ihn Gabby zurückgab. »Ich ruf dich morgen früh an.«
    »Em, behalt ihn doch«, bat Gabby. Doch Em saß schon im Auto.
    Als sie heimfuhr, hörte der Regen auf und hinterließ dunstige Inseln im Scheinwerferlicht. Sie hatte hektisch die Innenseite ihrer Heckscheibe abgewischt, meinte aber immer noch, die gespenstischen Umrisse der Buchstaben darauf zu erkennen: Wer ist die Schönste im ganzen Land?
    Sie konnte es kaum erwarten, wieder zu Hause zu sein, raus aus diesem Auto, in ihrem Bett. Sie hatte noch nicht einmal Lust, das Radio anzustellen, sie war viel zu nervös. Sie trommelte aufs Lenkrad und biss sich auf die Lippe.
    Als ihr Blick einen Moment lang in den Rückspiegel zuckte, lächelte sie von da plötzlich ein Gesicht an.
    Em schrie auf und wäre beinahe von der Straße abgekommen.
    Es war Alis Gesicht. Ali mit den hellblonden Haaren, Ali mit den blutroten Lippen. Ali, die ihr ihre erste Orchidee überreicht hatte.
    Em trat auf die Bremse und wirbelte herum. Nichts. Ihr Herz pochte wie wild. Nichts als ein paar Schulbücher, ein Eiskratzer und eine Strickmütze. Keine Ali.
    Sie zitterte. Sie zog die Handbremse an und stieß die Tür auf, um zuerst nach draußen und dann auf den Rücksitz zu steigen und voller Wut die Worte auf der Scheibe wegzuwischen. Sie schlug mit der Faust auf den Sitz. Ihre kalten Finger brannten.
    Zurück auf dem Vordersitz, fuhr sie nicht weiter, sondern ließ den Kopf an die Kopfstütze sinken, während die Minuten auf

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