Im Herzen der Zorn (German Edition)
der Digitaluhr des Wagens sich immer mehr der Zehn näherten. Was wollten sie? Was bedeutete es, an sie gebunden zu sein? Sie wusste, dass es das wert gewesen war, um JDs Leben zu retten. Um das Leben desjenigen zu retten, den sie liebte. Aber was war es überhaupt, dem sie da zugestimmt hatte? Hatte sie sich etwa einverstanden erklärt, in den Wahnsinn getrieben zu werden?
Sie konnte die Tränen nicht aufhalten. Sie wischte sich mit dem Arm übers Gesicht. »Hör auf, Em. Sei still«, murmelte sie. Mit tränenverschleiertem Blick schaute sie in den Rückspiegel und sah sich selbst – bleicher als je zuvor, mit Ringen unter den Augen, die ihr geisterhaftes Aussehen nur noch verstärkten.
Was zum Teufel passiert bloß mit mir?
Sie schlug mit der Handfläche auf das Lenkrad und stieg langsam aus dem Wagen. »Ich weiß, dass ihr da draußen irgendwo seid!«, rief sie. Keine Antwort, nichts rührte sich. Sie wirbelte mitten auf der Straße herum, der Wind fegte ihr durch das zerzauste dunkle Haar, ihre Haut fühlte sich an, als stünde sie in Flammen. »Wenn ihr mir etwas zu sagen habt, dann sagt es!«, schrie sie. Wieder keine Antwort, nur der Schneeregen, der ihr aufs Gesicht prasselte.
»Also gut«, sagte sie entschieden, setzte sich zurück in ihr Auto und knallte die Tür zu. Sie kam sich langsam vor, als befände sie sich im Krieg. Und sie war bereit für die Schlacht. Die Furien würden sie nicht mehr weiter um den Verstand bringen.
Kapitel 8
Skylars zweite Woche verflog mit Partyvorbereitungen und der intensiven Beschäftigung mit ihrem neuen Schwarm. Sie teilte ihre Freizeit zwischen Meg und Gabby auf und Tante Nora war begeistert, dass ihre Nichte sich so problemlos eingewöhnte. »Du musst deine Freundinnen unbedingt einmal mitbringen, damit ich sie kennenlernen kann«, sagte sie eines Morgens, während sie in der Küche herumwerkelte. Skylar nickte und sah hinunter auf ihr Müsli. Das hatte sie eigentlich zu vermeiden versucht – sie wollte nicht riskieren, dass die Lügenblase platzte, die sie über ihr früheres Leben geschaffen hatte. Es sähe Nora ähnlich, mit ihrer Redseligkeit am Ende noch die unschönen Fakten preiszugeben.
Skylar belog nicht nur ihre Freundinnen, ihre Täuschungsmanöver gingen noch darüber hinaus. Sie hatte ihrer Tante zwar erzählt, dass sie am Abend zu einer Party bei Gabby gehen würde (praktischerweise ohne den Pyjama-Jungs-Teil zu erwähnen), aber dass sie selbst am kommenden Wochenende auch eine Party im Verwunschenen Wald geben wollte, hatte sie ihr noch nicht eröffnet.
Sie war ganz aufgeregt wegen Gabbys Party, aber so richtig aus dem Häuschen war sie wegen ihrer eigenen. Alle würden kommen. Skylar wusste zwar, dass die Leute gerne jede Gelegenheit zum Anlass nahmen, um zu trinken, redete sich aber ein, sie kämen alle wegen ihr. Laut Gabbys Mom sollte es für die Jahreszeit sogar ungewöhnlich mild werden.
Es schien, als meinte das Schicksal es besonders gut mit ihr. Die ganze Woche über hatte sie Einladungen verteilt, in verschnörkelter Schrift auf rosa Papier gedruckt, was dem zarten Pastellton einen antiken Touch gab.
Passend zu der altmodischen Aufmachung würden sie auf der Party Cider mit Rum und Glühwein aus Fässchen und großen Töpfen servieren. Skylar hatte bereits arrangiert, dass alles am kommenden Freitagnachmittag geliefert wurde (bei dem Teil der Vorbereitungen hatte Meg eine entscheidende Rolle gespielt, denn sie besaß einen falschen Ausweis). Sie hatte ein leicht schlechtes Gewissen wegen dieser alkoholischen Getränke, sie waren sehr teuer gewesen.
»Lass uns einfach ein paar Flaschen Wein besorgen«, hatte sie Anfang der Woche zu Meg gesagt, denn sie wusste, dass sie sich viel mehr nicht leisten konnte. »Vielleicht bringen die Leute auch noch selbst etwas mit.«
Meg hatte sie angesehen, als hätte sie gerade vorgeschlagen, Lebertran zu servieren. »Ein paar Flaschen Wein? Für eine Party, von der die komplette Schule reden soll? Da musst du schon mal aufs Ganze gehen, Süße.«
»Aber … wie soll ich das denn bezahlen?«, hatte Skylar besorgt gefragt.
Meg hatte sich in Skylars im viktorianischen Stil ausgestatteten Zimmer umgesehen und war mit dem Blick an den Stuckverzierungen und Tante Noras antikem Spiegel, der an der Wand lehnte, hängen geblieben. »Du wirst schon einen Weg finden. Du musst! Kannst du deine Tante nicht um etwas Extrageld bitten?«
Skylar wusste, dass sie Nora nicht nach Geld fragen konnte, ohne ihr zu
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