Im Herzen der Zorn (German Edition)
schreien können. Sie hatte das Gefühl, als stiege eine Woge der Verbitterung in ihr auf, vom Magen über den Brustkorb bis in den Mund.
»Warte, Em!« Das Licht aus dem Inneren von JDs Haus strahlte Drea von hinten an, sodass sie aussah wie ein Scherenschnitt. »Was ist denn los?«
Em platzte der Kragen. »Wie konntest du nur?« Sie kam sich vor, als hätte sie absolut keine Kontrolle über ihre Worte, sie sprudelten nur so aus ihr heraus. »Was soll das werden? Stehst du plötzlich auf JD? Ziemlich seltsam, wo du bisher null Interesse an ihm gezeigt hast.« Sie kam sich vor wie auf einem Laufband, das sie ständig weiter von Drea und JD fortzog. Sie glitt nach hinten weg, fand keinen Halt mehr. »Oder hast du das bloß vor mir geheim gehalten? Hast mich benutzt, um an ihn ranzukommen? Muss ja deine Pläne ganz schön ruiniert haben, dass JD und ich nicht mehr miteinander sprechen. Oder hat es das nur leichter für dich gemacht, einen Fuß in die Tür zu kriegen?«
Während Em sprach, trat Drea nach draußen und schloss JDs Haustür fest hinter sich. Sie stand da wie vom Donner gerührt, mit blitzenden Augen und voller Zorn.
»Du kriegst offensichtlich überhaupt nicht mit, was bei JD läuft – oder bei seinen Freunden«, knurrte sie förmlich. »Wir haben dieses Halbjahr amerikanische Geschichte zusammen. Und wir treffen uns, um unsere Hausaufgaben zu machen .« Drea verschränkte die Arme und sah Emily wütend an. »Ich wollte dir eigentlich simsen und vielleicht später noch rüberkommen, aber dann ist mir eingefallen, dass ja Samstagabend ist und du wahrscheinlich mit Gabby und deinen wirklichen Freunden unterwegs bist.«
Em zuckte zusammen. Obwohl sie wusste, dass an dem, was Drea sagte, etwas dran war, hatte sie noch immer das Gefühl, ihr eigener Ärger sei berechtigt.
»JD wollte mich gerade nach Hause fahren. Oder hast du was dagegen, Em?« Dreas Stimme klang zugleich trotzig und zuckersüß. »Muss ich mir meine Freundschaften von dir neuestens genehmigen lassen, oder was? Erst lässt du mich hängen und dann erwartest du von mir, dass ich jederzeit da bin, wenn du mich brauchst. Und nun tauchst du auch noch zufällig hier auf und rastest völlig aus. Was zum Teufel ist bloß los mit dir? Worum geht’s hier eigentlich?«
»Es geht um dich und JD«, erwiderte Em und starrte Drea in der Erwartung an, dass sie es leugnete.
»Willst du mir etwa irgendwas unterstellen?« Dreas Augen verengten sich. Sie starrten einander an. Wieder spürte Em eine Flut der Gefühle durch ihren Körper rauschen, die jeden einzelnen Nerv zum Kribbeln brachte. Sie versuchte, sie irgendwie einzudämmen.
»Erzähl’s mir einfach«, sagte sie und zwang ihre Stimme, nicht zu versagen. »Sag mir, was hier läuft.« Sie war in dem Glauben gewesen, Drea vertrauen zu können. Hatte sie sich etwa geirrt?
»Hör mal«, erwiderte Drea, »Wir wissen doch alle, dass du nichts mit JD und seinen Freunden zu tun haben willst, und er nichts mit deinen – es sei denn, du bittest ihn darum. Es ist ungefähr so wie mit unserer Freundschaft, stimmt’s? Den größten Teil deines Lebens hast du mich ignoriert. So lange, bis du mich gebraucht hast.«
Em öffnete den Mund, um etwas zu antworten, musste jedoch feststellen, dass sie nichts zu entgegnen hatte. Alles, was Drea da sagte, stimmte. Und es machte sie fertig.
»Sieh’s doch endlich ein, Em. Du hast nie wirklich gewusst, was mit JD los ist, mit wem er seine Zeit verbringt oder was er macht, wenn du nicht dabei bist. Jetzt bist du nicht mehr dabei. Und sein Leben geht weiter. Das ist die Realität.«
Ems Hände ballten sich zu Fäusten und ihre Wangen wurden ganz heiß. Ein Pfeil des Zornes schoss durch das Wirrwarr ihrer Gefühle und sie schrie: »Versuch nicht, mich über JD zu belehren! Du weißt gar nichts über ihn oder uns beide. Und über mich weißt du auch nichts«, fügte sie noch hinzu und trat zur Bekräftigung gegen einen Blumentopf.
Drea wich ein paar Zentimeter zurück, ihr Gesicht blieb jedoch ungerührt.
»Hör dich doch nur mal an«, sagte sie mit provozierender Ruhe. »Und guck, wie du dich aufführst. Wie eine Verrückte.«
Während Drea sprach, beobachtete Em, wie JD durch die Scheibe in der Haustür spähte und versuchte, schlau aus dem zu werden, was da vorging. Ihr fehlten die Worte, so demütigend war das Ganze. Ohne noch irgendetwas zu sagen, drehte sie sich um und stolzierte zu ihrem Haus. Drea rief ihr nicht nach; Em hörte sie wieder hineingehen und
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