Im Herzen der Zorn (German Edition)
Dann rannte sie nach unten und durchstöberte die Speisekammer, förderte ein paar Dosen Dr Pepper zutage und nahm eine Packung Vanilleeis aus der Kühltruhe – seine bevorzugte Kombi. Nur für den Fall, dass er sich unterhalten wollte. Und für den Fall, dass die Unterhaltung gut verlief, schnappte sie sich noch die DVD von Best in Show , seiner Lieblingssatire. Sie steckte alles in eine Tragetasche. Und schon war sie zur Tür hinaus, rannte den Weg von ihrem Vorgarten in seinen und blieb unterwegs kurz stehen, um den Werkzeugkasten aufzuheben.
Gerade als sie an die Fount’sche Haustür klopfen wollte, hörte sie von drinnen ein lautes, herzliches Mädchenlachen. Sie erstarrte.
Mit wem verbrachte JD da seinen Samstagabend?
Das Lachen erklang noch einmal, irgendwie vertraut. Es gehörte weder JDs Mom noch Melissa, seiner kleinen Schwester, aber es war definitiv eines, das Em kannte. Mit schlechtem Gewissen und sich ein bisschen wie ein Einbrecher vorkommend, schlich sie um das Haus herum zum Fenster von JDs Fernsehzimmer.
Durch die mit Reif bedeckte Scheibe sah sie JD auf dem Sofa.
Und Drea Feiffer saß praktisch auf ihm drauf.
Em brauchte einen Moment, um zu registrieren, was sie da eigentlich vor Augen hatte. Drea und JD, die miteinander plauderten, als wären sie die besten Freunde – als wären sie mehr als nur Freunde. Sie beugten sich gemeinsam über den Couchtisch, saßen so eng zusammen, dass ihre Schenkel sich berührten. Was hätte sie in diesem Augenblick darum gegeben, mit Drea den Platz zu tauschen. JD so zu sehen, steigerte Ems Verlangen umso mehr – und ihre Wut. Sie drehte sich auf dem Absatz um, rannte zur Vordertür und donnerte hindurch.
Sie dachte nicht mehr. Lief nur noch, stürmte vorwärts, blind vor Zorn. Durch den Eingang, durch die Diele, ignorierte das verwirrte Hallo von Melissa, und hinein in das Fernsehzimmer.
Erst in dem Moment realisierte sie auf einmal glasklar, dass sie keinen plausiblen Grund hatte, überhaupt dort zu sein. Drea und JD sahen zu ihr hoch, beide deutlich erschrocken über ihr plötzliches Auftauchen.
»Ähm … hi?«, sagte JD schließlich.
Drea schaute sie an. Stumm. Und … schuldbewusst? War das etwa ein schlechtes Gewissen, was Em da in ihrem Blick erkannte? Die Situation war mehr als peinlich und Em wusste nicht, was sie sagen sollte. Gott sei Dank befanden sich die DVD und die Dosen mit Dr Pepper in der Tragetasche, wo Drea sie nicht sehen konnte. Sie trat von einem Fuß auf den anderen, wütend, verwirrt und unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen. Sie und JD hatten seit Wochen kaum miteinander gesprochen und nun tauchte sie plötzlich hier auf wie eine Wahnsinnige, uneingeladen, und unterbrach … etwas. Etwas zwischen JD, ihrem ältesten Freund und ihrer großen Liebe, und Drea – dem einzigen Menschen, dem sie, was das größte Problem ihres Lebens anbetraf, vertraute. Das hatte sie zumindest geglaubt.
»Ich … äh, ich bin vorbeigekommen, um ein bisschen Kaffee auszuborgen.« Diese lahme Entschuldigung rutschte ihr schon heraus, bevor sie noch über eine bessere nachdenken konnte.
JD zog die Augenbrauen hoch. »Kaffee? Um die Uhrzeit?«
»Ich muss ’ne Menge lernen«, erwiderte sie scharf.
»Okay.« JD zuckte mit den Schultern. »Hier entlang, bitte.« Er wirkte weiter skeptisch, als er sich vom Sofa erhob und auf die Küche zusteuerte. Em vermied jeglichen Augenkontakt mit Drea und folgte ihm hinaus.
Sie lief hinter ihm den Flur entlang und es brach ihr fast das Herz, als sie daran dachte, wie oft sie und JD die Abende genau so miteinander verbracht hatten wie JD und Drea jetzt. Hunderte Male wahrscheinlich. Und sie hatte es immer für selbstverständlich gehalten.
»Soll ich ihn in einen Plastikbeutel tun oder so?« JD wirkte noch immer durcheinander, als er eine Dose mit Kaffee aus dem Schrank nahm.
Es war unerträglich. Sie zeigte auf eine kleine Tüte, die noch in dem Fach lag. »Ich nehm die da«, sagte sie. Sie musste so schnell wie möglich verschwinden. Sie schnappte sich den Kaffee – das Allerletzte, was sie jetzt brauchte – und rauschte aus der Küche Richtung Haustür, wobei sie über die Schulter rief: »Sag deiner Mom Danke von mir. Ich revanchier mich.«
Sie unterdrückte die Tränen, stürmte hinaus in die kalte Nacht und war gerade unten an der Eingangstreppe angekommen, als Drea auf der Türschwelle erschien, in Socken und mit JDs Holzfällerhemd über ihrer Jeans. Em erkannte das gelbe Karomuster. Sie hätte
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