Im Herzen der Zorn (German Edition)
auffälligen Schmuckstücken ausgleichen.
»Glaubst du, sie ahnt etwas?«, fragte Em und hielt sich einen schwarzen Gürtel an die Jeans.
»Ich hoffe nicht«, erwiderte Gabby. »Ich meine, sie weiß, dass ich im Moment einfach Single sein will; mit niemandem ausgehen, mich nur auf mich selbst konzentrieren, weißt du? Und genau das habe ich auch Pierce gesagt. Ich würde übrigens den braunen Gürtel nehmen. Den geflochtenen.«
»Danke, Gabs.« Em zog den Gürtel durch die Schlaufen und stellte beunruhigt fest, dass sie zum Zuschnallen das letzte Loch nehmen musste. Sie überlegte, wie Skylar sich wohl fühlen würde, wenn sie wüsste, dass ihr Angebeteter sich in Gabby verliebt hatte. Einerseits verehrte das Mädchen Gabby offensichtlich. Andererseits war sie sicher auch ein bisschen eifersüchtig. Herrgott, Em wusste genau, wie es sich anfühlte, immer in Gabbys Schatten zu stehen. Sie erinnerte sich an Momente, in denen sie sich sehnlichst gewünscht hatte, zu haben, was Gabby hatte: das vermeintlich perfekte Leben, den vermeintlich perfekten Freund. Die Erinnerungen an Zach ließen sie natürlich auch an Chase denken und daran, wie besessen er von dem Wunsch nach sogenannter Perfektion gewesen war. So sehr, dass er furchtbare Dinge tat. Und anschließend Furchtbares erleiden musste …
Während Gabby sich weiter über irgendwelchen Kram sorgte, der mit Skylar zu tun hatte, plagte Em das schlechte Gewissen darüber, was am Abend zuvor mit Drea abgelaufen war. Jetzt, mit etwas Abstand, schämte sie sich deswegen und war auch ein wenig erschrocken darüber, wie sie sich an JDs Eingangstreppe aufgeführt hatte. Das war nicht sie selbst gewesen. Sondern jemand viel Dunkleres und Bösartigeres.
Sie wollte sich entschuldigen, ihr Verhalten erklären. Aber bisher hatte sie noch nicht die richtigen Worte gefunden.
Gabby stupste sie mit dem Ellbogen aus ihrer Versunkenheit. »Wenn du Skylar wärst, würdest du mich dann jetzt total hassen?«
Em tuschte sich die Wimpern zu Ende. »Ich denke, du solltest es einfach auf sich beruhen lassen«, antwortete sie. »Skylar wird darüber wegkommen.«
»Aber ich will, dass sie weiß«, insistierte Gabby, »dass ich einer Freundin so etwas nie antun würde. Vor allem nicht, nachdem …« Sie verstummte. Ems Verrat legte sich wie ein Schatten zwischen sie. »Wie auch immer. Leihst du mir die hier?« Sie hielt ein paar lange Silberohrringe in die Höhe.
»Natürlich«, erwiderte Em.
»Ich bin gespannt, ob die Dusters wohl scharf aussehen«, überlegte Gabby laut, während sie die Ohrringe anlegte. »Bassisten sehen doch immer scharf aus, oder?«
»Sorry, aber wer sind die Dusters?« Em blickte verwirrt von dem Berg Stiefel auf dem Boden ihres Schranks auf, über dem sie gerade brütete.
»Emmmmmmm«, jaulte Gabby. »Das ist nur die ziemlich bekannte Band, von der ich dir schon die ganze Woche erzähle. Es war voll der Coup, dass wir sie für das Frühlingsfest bekommen haben. Sie treten so gut wie nie in Highschools auf. Aber wir hatten Beziehungen durch dieses Mädchen aus der Zwölften, Angela Soundso. Ist das nicht absolut toll?«
»Absolut«, wiederholte Em. »Vielleicht kann ich sie ja für den Jahrbuchartikel über das Fest interviewen.« Sie spürte einen Funken ihres alten Ich in sich aufblitzen.
Gabby ließ sich aufs Bett plumpsen und seufzte. »Ich denke schon. Allerdings wird die ganze Sache bestimmt ein schrecklicher Reinfall.« Sie sah Em an und wartete auf eine Reaktion.
»Ähm, wieso denn das?« Angesichts Gabbys Auf und Ab zwischen »total begeistert« und »am Boden zerstört« kam Em nicht umhin zu grinsen.
»Ganz einfach, weil wir noch kein Motto haben und der Ball schon in einer Woche stattfindet!«, stöhnte Gabby.
Em überkam das schlechte Gewissen, weil sie das nicht gewusst hatte. »Haben wir nicht?«
»Herrgott, Em, nein! Wo warst du denn? Na ja, wo du nicht warst, weiß ich jedenfalls – nämlich bei den Treffen des Planungskomitees.« Plötzlich wurde Gabby ganz still. »Im Ernst, Em, wo warst du nur in letzter Zeit? Wo warst du mit deinen Gedanken? Ich werde irgendwie das Gefühl nicht los … Verheimlichst du mir immer noch etwas?«
Die Frage war so direkt, dass es Em die Sprache verschlug. Sie versuchte, sich aufs Stiefelschnüren zu konzentrieren, doch ihre Hände begannen, ein wenig zu zittern. Sie wünschte sich so sehr, mit Gabby reden zu können – ihr alles zu erzählen. Da fiel es ihr ein: Es gab tatsächlich etwas, worüber
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