Im Herzen der Zorn (German Edition)
perfekt.
Doch während die traumhafte Vorstellung noch in ihrem Kopf herumschwirrte, warf sie unauffällig einen Blick auf das Preisschild. Wie erwartet: viel zu hoch. »Kommt nicht infrage«, sagte sie mit einem traurigen Lächeln und fing an, das Kleid wieder auszuziehen.
»Das ist nicht fair«, sagte Meg. »Du musst dieses Kleid einfach haben.«
Skylar ging durch den Laden zurück, um das Kleid wieder an seinen Ständer zu hängen – aber es brach ihr fast das Herz, als sie es noch ein letztes Mal hochhielt. Warum musste sie es zurückhängen? Gabby müsste das nicht. Lucy hätte es nicht gemusst, sie hätte einen Weg gefunden, es behalten zu können. Sie hätte jemanden aufgetrieben, der es ihr gekauft hätte, oder sie hätte es sich einfach genommen.
Skylar bekam einen trockenen Mund.
Sie musste plötzlich daran denken, wie Lucy sie einmal dabei erwischt hatte, als sie eines von ihren Kleidern für den Schönheitswettbewerb anprobiert hatte. »Ist das etwa meins?«, hatte sie gefragt und am Träger herumgefingert. Skylar war schnell zurückgewichen und dabei war der Träger gerissen. Von einer Sekunde auf die andere hatte sich Lucys Gesichtsausdruck von geschockt zu empört verwandelt. »Immer musst du alles kaputt machen!«, hatte sie gebrüllt und die Arme in die Luft geworfen. »Gott. Warum bin ich bloß mit dir als Schwester gestraft?«
»Ich hab nicht darum gebeten, zu dieser Familie zu gehören!«, hatte Skylar zurückgeschrien. Als ihre Mom angelaufen kam, um nach dem Grund des ganzen Lärms zu sehen, hatte sie Skylar Hausarrest erteilt, weil sie etwas genommen hatte, das ihr nicht gehörte, während Lucy ein nagelneues Kleid bekam. Selbst die Erinnerung daran machte Skylar noch wütend.
Megs Worte klangen ihr noch im Ohr: Das ist nicht fair. Du musst das Kleid einfach haben .
Nichts im Leben war fair.
Sie atmete tief durch und steuerte zu den Mädchen zurück, die neben einem Schmuckständer standen. Unterwegs fiel ihr Blick auf einen roten Kasten an der Wand. Der Feuermelder des Geschäfts. Sie straffte die Schultern und lief weiter, als befände sie sich auf dem Laufsteg. Und ohne noch einen weiteren Gedanken zu verschwenden, rammte sie im Vorbeigehen die rechte Schulter gegen den Kasten.
PIEP PIEP PIEP. Das Geräusch war ohrenbetäubend und löste Chaos in dem Laden aus. Kunden hielten sich die Hände vor die Ohren, Angestellte sprangen hinter dem Tresen hervor und riefen sich konfuse Anweisungen zu.
Nachdem er einen Augenblick lang völlig perplex um sich geblickt hatte, begann einer der Angestellten, die Leute aus dem Geschäft zu scheuchen. »Sorry für die Unannehmlichkeiten, Leute«, sagte er barsch und trieb die Kunden Richtung Ausgang. »Wir kriegen das alles in ein paar Minuten wieder geregelt.«
Inmitten des ganzen Tumults bemerkte niemand, dass Skylar das Strickkleid – sowie ein Haarband – in ihre Tasche gestopft hatte.
»Echt cool, was du da gestern abgezogen hast.« Meg war noch am nächsten Tag ganz aus dem Häuschen, als sie, Ty und Ali vorbeikamen, um Skylar bei den Partyvorbereitungen zu helfen. (Sie hatten sich durch die Hintertür hereingeschlichen, um nicht wieder so eine seltsame Reaktion bei Tante Nora auszulösen.)
»Voll krass«, stimmte auch Ali zu. Immer wenn Ali etwas sagte, klang das irgendwie verführerisch, als kullerten die Worte über ihren kurvigen Körper, sobald sie ihren Mund verließen.
Skylar lächelte verlegen. »Alles ist möglich, wenn man es nur genug will«, plapperte sie einen Satz nach, den Lucy oft zu ihr gesagt hatte. »Und Gabby fällt bestimmt tot um, wenn sie dieses Kleid sieht!«
Wieder zwickten sie diese leichten Gewissensbisse. Gabby war immer nur nett zu ihr gewesen, seit sie an der Ascension angefangen hatte. Aber dies war ein ganz besonderer Tag und Skylar hatte endlich das Gefühl, sich etwas zu trauen. Abgesehen davon … sie hatte vorher noch nie mehrere Freundinnen gehabt. Mit Meg, Ty und Ali zusammen zu sein, brachte sie irgendwie in Hochstimmung, wie bei einem Zuckerrausch. Wenn sie doch bloß in der Schule auch so beliebt sein könnte …
»Also, Haare?« Meg tippte auf Skylars silberne Uhr, was ihr einen Schauer den Rücken hinaufjagte. »Wir haben einen engen Zeitplan, Partygirl.«
Während Meg Skylars Haare auf Wickler drehte, verteilte Ali Grundierung auf ihrem Gesicht, Rouge auf ihren Wangen und Lidschatten um ihre Augen. Skylar kam sich vor wie im Kosmetikstudio oder bei einer dieser
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