Im Herzen der Zorn (German Edition)
sie endlich die Wahrheit sagen konnte. Sie räusperte sich und stand, einen ihrer braunen Stiefel in der Hand, auf.
»Du hast recht, Gabs«, sagte sie langsam. »Es gibt da etwas, das ich dir bis jetzt verschwiegen habe.«
Gabby starrte sie mit hochgezogenen Brauen an und biss sich auf die Lippe. »Ich hab’s gewusst.«
»Ich hab dir nicht gesagt, dass …. Also, das hört sich jetzt seltsam an, aber …«
»Spuck’s einfach aus!« Gabby flatterte hektisch mit den Händen.
Em holte tief Luft. »Na gut. Also. Ich verliebe mich gerade in – ich bin in JD verliebt. Total. Bis über beide Ohren.« Sie wurde rot und konnte nicht glauben, dass sie die Worte gerade laut ausgesprochen hatte. Es fühlte sich eigentlich … gut an.
Gabby war irritiert. »JD … Du meinst JD, den Chauffeur?«
»Wir sollten ihn wirklich nicht so nennen, Gabby«, erwiderte Em. »Er ist mehr als das.« Aber es war kein Wunder, dass Gabby so reagierte. Vor anderen Leuten hatte Em JD nie anders behandelt, als wäre er ihr persönlicher Fahrer. Kein Wunder, dass er sie für eine eingebildete Ziege hielt.
Gabby drängte auf Einzelheiten. »Seit wann weißt du das? Und ist er denn nicht auch total in dich verliebt? Er hat dich doch, seit ich denken kann, ganz schön angehimmelt, oder?«
Em warf ihr ein verhaltenes Lächeln zu. »Ich glaube, irgendwie hab ich es schon immer gewusst«, antwortete sie. »Tief in mir drin. Aber … ich denke auch, dass ich meine Chance verspielt habe. Ich glaube, er vertraut mir nicht mehr. Wir haben uns irgendwie … verkracht. Und jetzt steht er mehr darauf, Autos zu reparieren, als sich mit mir abzugeben.«
»Ich kann nicht fassen, dass du mir das nicht erzählt hast«, sagte Gabby. Em war erleichtert, dass ihre Freundin eher aufgeregt als verärgert klang. Sie schwang die Beine über die Bettseite und erteilte ihr in typischer Gabbymanier eine Anweisung. »Dann komm mal her. Ist er denn heute Abend auf der Party? Wenn du vorhast, dich mit JD zu versöhnen, musst du unbedingt was mit deinen Haaren machen.«
Em lächelte verlegen. »Ich war heute Morgen spät dran. Ich hatte keine Zeit.« Sie fragte sich, ob JD wirklich am Abend da sein würde, und wenn ja, ob der Wald der richtige Ort wäre, um ihn abzufangen und wenigstens zu reden – über irgendetwas, egal was. Um ein geeignetes, neutrales Gesprächsthema zu finden. Eine Möglichkeit, gemeinsam noch mal von vorn anzufangen. Wenn sie ihm ihr Verhalten schon nicht erklären konnte, nicht ehrlich sagen, was in jener Nacht im Shopping-Monster passiert war, dann konnte sie ihn wenigstens um Verzeihung bitten. Ihn vielleicht daran erinnern, wie gut sie sich verstanden hatten. An all den Spaß, den sie immer zusammen gehabt hatten. Vielleicht konnte sie ihn wenigstens dazu bringen, ihr wieder ein kleines Lächeln zu schenken, wie neulich in der Einfahrt …
Gabby nahm sich einen Kamm von der Kommode und gab Em ein Zeichen, sich aufs Bett zu setzen. Während sie anfing, ihr die Knoten aus den Haaren zu kämmen, dämmerte Em, dass JD ja nur mit ihr zu Partys ging – und zwar dann, wenn sie jemanden zum Fahren brauchte. Es war ziemlich unwahrscheinlich, dass er heute Abend auftauchen würde.
Und ehrlich gesagt, so sehr sie sich auch wünschte, mit ihm zu reden, es war vermutlich sicherer, wenn die Lage zwischen ihnen so angespannt blieb. Es fiel ihr ohnehin schon schwer, ihm nicht die ganzen Geheimnisse zu erzählen, die sie auf Geheiß der Furien unbedingt für sich behalten sollte.
»Das wär’s«, stellte Gabby kurz darauf zufrieden fest. »Deine Haare sind ganz schön dunkel zurzeit. Das passt gut zu deinem Teint. Du könntest glatt als Kosmetikmodel durchgehen.«
Gabby nahm etwas Lidschatten von der Kommode.
»Ich will nicht …«, fing Em an zu protestieren.
Doch Gabby schnitt ihr das Wort ab. »Keine Diskussion. Ich tu ein bisschen hiervon auf deine Lider. Das reicht schon. Mehr Make-up brauchst du nicht.«
Em überkam eine Welle der Dankbarkeit. »Was meinst du, soll ich die Haare hochnehmen oder lieber offen tragen?«, fragte sie und lächelte gefühlt das erste Mal seit Monaten, als sie Gabbys Blick im Spiegel traf.
Als sie im Verwunschenen Wald ankamen, brannte schon das Lagerfeuer und angesichts der heißen Flammen und der milden Nacht waren bei den Leuten offensichtlich vorzeitige Frühlingsgefühle ausgebrochen. Die Gäste, die schon da waren, liefen in Jeans und Pullis herum. Im Schein des Halbmonds und mit dem flackernden Feuer im
Weitere Kostenlose Bücher