Im Herzen der Zorn (German Edition)
Gabby und sie ein Foto machten, das das von Gabby und Em ersetzen würde. Der Gedanke stimmte sie zuversichtlich. Trotz des Rums in ihrem Saft hatte Skylar das Gefühl, die Dinge langsam klarer zu sehen: Gabby mochte sie. Gabby war auf ihrer Seite.
Nachdem sie sich wieder auf dem Sofa niedergelassen hatten, blätterte Gabby in ihrem Erinnerungsalbum auf die Seite, die dem letztjährigen Valentinstagsball gewidmet war, der unter einem »Umweltmotto« gestanden hatte.
»Da hatten plötzlich alle einen echten Go-Green -Tick«, erzählte sie Skylar und kicherte ein bisschen, während sie noch einen Schluck aus ihrem Glas nahm. »Und da sich am Valentinstag alles um die Liiiiiebe dreht, hieß das Motto ›Wir lieben unsere Erde‹. Das kam gut an. Alles, was wir benutzt haben, war recycelt, die Becher zum Beispiel, verstehst du? Und ein Teil des Erlöses ging an Greenpeace.«
Skylar fuhr sich mit der Hand durch die Haare und spürte, wie fettig sie waren. Sie wünschte, sie hätte in den vergangenen eineinhalb Tagen die Zeit (oder die Kraft) gehabt zu duschen. Gabby hatte sich vielleicht darüber beklagt, dass sie müde war, aber die Haare hatte sie sich offensichtlich trotzdem gewaschen. »Habt ihr schon irgendwelche Ideen für das diesjährige Motto?«
Gabby zog eine Schnute und trank ihren zweiten Drink aus. »Nein. Mein Vorschlag soll auf alle Fälle der Knaller sein – ich warte schon dauernd auf die geniale Eingebung. Aber bisher … nichts.« Dann sprang sie, nachdem sie ihr leeres Glas bemerkt hatte, plötzlich vom Sofa auf. »Ich hole noch ein bisschen Nachschub«, verkündete sie und rauschte schon davon, ehe Skylar ein Wort sagen konnte.
Während Gabby in der Küche war, sah Skylar auf ihrem Handy nach der Uhrzeit: Viertel nach acht. Es würde wahrscheinlich keine Stunde mehr dauern, bis Nora nach Hause käme. Angesichts ihres zunehmend beschwipsten Zustands musste sie Gabby bis dahin irgendwie nach oben befördern.
»Ich meine, wenn der Ball ein gutes Motto hat, dann ist es ziemlich sicher, dass ich die Frühlingskönigin werde«, sagte Gabby, als sie, den Blick auf ihr beinahe überlaufendes Glas geheftet, wieder ins Wohnzimmer kam. »Und das ist dann für alle der Beweis, dass … es mir gut geht. Dass es mir ohne Zach gut geht. Richtig gut. Ergibt doch Sinn, oder?« Sie sah Skylar mit großen Rehaugen an, wobei ihr eine einzelne Locke über die linke Braue fiel. Sie saß zwar, aber ihr Knie wippte auf und ab.
»Absolut«, bestätigte Skylar, nickte und legte zaghaft eine Hand auf Gabbys Schulter. »Ich bin mir sicher, dass dir was Gutes einfällt. Etwas Besseres noch als ›Wir lieben unsere Erde‹.«
»Apropos«, Gabby wurde plötzlich ganz munter und schob sich die verrutschte Strähne aus dem Auge, »ich hab gerade etwas über Naturkosmetik zum Selbermachen gelesen. So was wie Gesichtsmasken aus Eiern und Getreidepeelings. Lass uns das mal ausprobieren! Das ist gut für die Umwelt und macht uns schöner!«
Skylar sah sie skeptisch an. »Was denn? Jetzt?«
»Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen«, quiekte Gabby. Sie war eindeutig angetrunken. Skylar fragte sich, wie sie nach Hause kommen sollte. Sie konnte auf keinen Fall mehr fahren.
Wenn sie Gesichtsbehandlungen machten, würde sie Gabby wenigstens nach oben bekommen, bevor Tante Nora nach Hause kam. Also stimmte Skylar Gabbys Vorschlag zu und half ihr, in der Küche die entsprechenden Zutaten zusammenzusuchen: Olivenöl, Haferschrot und Eier aus dem Kühlschrank.
Oben im Badezimmer bestand Gabby darauf, die Dusche anzustellen, damit der Wasserdampf ihre »Poren öffnen« konnte – auch so ein Tipp, den sie in irgendeiner Frauenzeitschrift gelesen hatte. Sie war wieder in bester Stimmung. Der Alkohol hatte sie offensichtlich total entspannt. Skylar war froh, dass zur Abwechslung einmal nicht sie betrunken war. Und sie beschloss, nichts zu der offensichtlichen Tatsache zu sagen, dass das laufende Wasser der ganzen Wir-retten-die-Welt-Idee natürlich völlig widersprach.
»Ein Glück, dass du gerade so auf Natur stehst«, bemerkte sie, während sie die Eier in kleine Näpfchen aufschlug, die sie auf dem geschlossenen Toilettendeckel platziert hatte. »Ich hab nämlich keine besonders teure Kosmetik.«
»Ach, ich auch nicht«, schnatterte Gabby und leerte ihr Glas. »Das Einzige, ohne das ich absolut nicht auskommen kann, ist meine Gesichtscreme von La Mer. Die hat mir meine Mom vor ein paar Jahren zum ersten Mal
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