Im Herzen der Zorn (German Edition)
ich hatte gehofft, du könntest vielleicht auch meine sein.«
»Was ist denn los?«, erkundigte sich Gabby, nachdem sie die Tablette heruntergeschluckt hatte.
»Ich hab in der vorigen Stunde mein T-Shirt komplett voll Kaffee geschüttet … Meinst du, du könntest mir etwas zum Anziehen ausleihen, nur für das Treffen? Aus deinem Notfallfundus? Ich mag nicht die ganze Zeit nach Kaffee riechen.« Skylar riss die Augen so weit wie möglich auf und zeigte auf ihr T-Shirt, auf dem sich tatsächlich etwas Kaffee befand.
»Das sieht man ja kaum. Du bist wirklich paranoid«, erwiderte Gabby, hakte sich bei Skylar ein und steuerte mit ihr in Richtung Komiteetreffen.
»Gabs, bitte? Ich möchte den Leuten nicht noch einen weiteren Anlass liefern, über mich zu lachen, verstehst du?« Ihre Stimme zitterte ein wenig und für den Bruchteil einer Sekunde wusste sie selbst nicht einmal, ob das nur gespielt war.
Sofort wurde Gabbys Gesichtsausdruck weicher. »Das verstehe ich voll«, sagte sie und wandte sich rasch in die entgegengesetzte Richtung. »Aber wir müssen uns beeilen. Ich will nicht zu spät zu dem Treffen kommen.«
»Die Sache ist allerdings die«, antwortete Skylar, als wäre ihr das gerade erst eingefallen. »Ich muss noch kurz bei Mr Capron wegen meiner Französischhausaufgabe vorbei. Was hältst du davon, wenn ich das jetzt mache, du in der Zeit schnell zur Turnhalle läufst und wir uns dann auf der Komiteesitzung wieder treffen?«
Während sie getrennte Wege einschlugen, spürte Skylar zugleich Panik und freudige Erregung in sich aufsteigen. Ihr Plan ging auf. Zugegeben, sie hatte lügen müssen (es gab heute gar keine Französischhausaufgaben) und sie hatte eins ihrer Lieblings-T-Shirts bekleckert (mit Absicht) und ja, es bestand die Möglichkeit, dass die ganze Sache nach hinten losging, aber das war es wert. Sie rief sich immer wieder ihre Gespräche mit Meg ins Gedächtnis. Wenn du dir etwas sehnlich genug wünschst, dann musst du bereit sein, alles dafür zu tun . Sie spürte einen brennenden Durst in der Kehle, dasselbe unangenehme Gefühl, das sie bei den Schönheitswettbewerben hinter der Bühne immer überkommen hatte. Sie räusperte sich heftig.
Das war ihre Chance.
Siegessicher marschierte sie in den Klassenraum, in dem die Sitzung des Ballvorbereitungskomitees stattfinden sollte. Die anderen waren schon da.
»Hallo, Leute«, zwitscherte sie fröhlich, warf ihre Tasche unter den Tisch und glitt auf ihren Stuhl. Es schien, als wären ihre Sinne hyperwahrnehmungsbereit. Sie spürte den glatten Kunststoffstuhl durch die Jeans und die Luft schien förmlich durch ihr T-Shirt zu schneiden. »Meine Güte, läuft hier etwa die Klimaanlage?« Mit einer übertriebenen Geste schlang sie ihren Schal – den mit den Totenköpfen – enger um den Hals. Anschließend räusperte sie sich noch einmal und sprach weiter. »Gabby hat mich gebeten, die Sitzung ohne sie zu eröffnen. Sie musste noch mal schnell zur Turnhalle«, erklärte sie und bemühte sich, möglichst sachlich zu wirken. »Zum Glück, weil ich nämlich viel zu aufgeregt bin, um auf sie zu warten. Ihr habt doch sicher alle mitbekommen, dass die Dusters zugesagt haben, oder?« Allgemeines Nicken zum Zeichen, dass sie das hatten. »Nun, inzwischen habe ich noch bessere Neuigkeiten – ich hab mir ein Motto einfallen lassen, Leute!«
»Ehrlich?« Der Meisterfotograf, alias Jeff, wirkte überrascht.
Du wirst dich noch wundern, was ich alles draufhab, Freundchen , dachte Skylar innerlich triumphierend. Nach außen hin setzte sie allerdings ein schüchternes Lächeln auf und fuhr fort. »Ich finde, das Motto für den Ball sollte …« – hier legte sie eine kleine Kunstpause ein – »›Smoke and Mirrors‹ heißen! Auf die Idee bin ich gestern Abend gekommen, als Gabby bei mir war. Ich dachte, wir könnten vielleicht eine Nebelmaschine organisieren und riesige Schleier von der Decke hängen, um das Ganze geheimnisvoll und verträumt wirken zu lassen? Und natürlich stellen wir jede Menge Spiegel auf. Wir könnten sogar einen Zauberkünstler engagieren …«
Ein Mädchen namens Mara fing an zu lachen. »Einen Zauberkünstler? Das ist doch kein Kindergeburtstag.«
Skylar kam langsam ins Schwitzen, aber sie behielt ihren Kurs bei. »Na ja, der Begriff ›Smoke and Mirrors‹ – sie malte in der Luft Anführungszeichen um die Worte – stammt ursprünglich von Zauberkunststücken, bei denen Illusionskünstler Dinge erscheinen oder verschwinden
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