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Im Herzen der Zorn (German Edition)

Im Herzen der Zorn (German Edition)

Titel: Im Herzen der Zorn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Miles
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ein, das wusste sie, aber sie hatte eine Theorie und die wollte sie überprüfen. Sie hatte eine Übereinkunft mit sich selbst getroffen: Sie würde heute Abend dieses Experiment durchführen, und wenn es nicht funktionierte, würde sie Drea alles erzählen, von dem Buch, was Sasha mit den Furien zu tun hatte, einfach alles. Wenn sie es jedoch irgendwie vermeiden konnte, Drea noch tiefer mit hineinzuziehen, dann würde sie es lassen.
    Deshalb war sie hier, allein auf dem Friedhof in einer mondhellen Nacht. Sie war hierher gelaufen, der Friedhof lag weniger als zwei Kilometer von ihrem Haus entfernt. Es war ein entsetzlicher Fußmarsch gewesen, auf dem die Fantasie mit ihr durchgegangen war. Hinter jedem Baum Gestalten. Schwarze Vögel, die über ihrem Kopf kreisten. Das Heulen einer Eule in der Ferne. Sie wusste nicht, was davon wirklich war und was nur ihre Vorstellung. Also tat sie ihr Möglichstes, um alles auszublenden, bis auf ihr direktes Vorhaben.
    Em wollte versuchen, die Heraufbeschwörung der Furien rückgängig zu machen. So wie sie aus ihrem unterirdischen Versteck herbeigerufen worden waren, würde sie sie wieder dorthin zurückschicken. Und sie würde es hier tun, in der Nähe von Sashas Grabstätte, denn sie war sich inzwischen ziemlich sicher, dass es Sasha gewesen war, die sie herbeordert hatte. Hatte Ty nicht etwas in dieser Richtung gesagt? Dass Sasha sie wieder nach Ascension eingeladen hatte? Was sollte sie sonst damit gemeint haben?
    Em kniete sich vor das Grab, in der einen Hand ein Messer, in der anderen eine Tüte aus der Zoohandlung.
    »Ich bin hier, Sasha«, sagte sie laut. »Ich werde nun beenden, was du begonnen hast.«
    Mit einem tiefen Durchatmen und entschlossener Miene kippte sie den Inhalt der Tüte auf die Erde. Eine Schlange kam herausgekrochen. Bevor sie jedoch fortschlängeln konnte, stieß Em schnell die Hand auf ihren Körper, wobei sie einen Laut des Ekels unterdrückte.
    Während sie die Schlange festhielt und ihr Magen sich verkrampfte, als das Tier sich unter ihren Fingern wand, zog Em mit der freien Hand ein Messer aus der Hosentasche. »Tut mir leid«, flüsterte sie der Schlange zu, die wahrscheinlich einmal das Haustier eines Kindes geworden wäre, wenn sie sie nicht vor ein paar Stunden gekauft hätte.
    Sie rief sich in Erinnerung, was sie in dem Buch gelesen hatte, und hob das Messer hoch in die Luft. Dann hielt sie plötzlich inne und ließ es zu Boden fallen. Sie wandte sich ab und würgte in die Abendluft. Sie konnte das nicht. Das war total verrückt.
    Denk gar nicht drüber nach. Das hier ist für JD. Es soll die Dinge wieder in Ordnung bringen. Es soll Ascension retten .
    Sie holte tief Luft, erhob das Messer erneut und ließ es niedersausen, mit voller Wucht, genau zwischen die Augen der Schlange.
    Das Schlängeln und Winden hörte auf und Em gab einen winzigen Schluchzer von sich. Abgesehen von einer Mücke hatte sie noch nie zuvor ein lebendiges Wesen getötet. Sie zitterte am ganzen Körper, doch jetzt war es zu spät, um aufzuhören – sie musste ihren Plan durchziehen.
    Sie wischte sich mit dem Handrücken über die feuchten Augen und sprach laut mit sich selbst. »Du schaffst das, Em.« Sie hatte sich gemerkt, was laut dem Buch als Nächstes zu tun war, und schlug mit der Faust auf die vereiste Erde.
    »Furien, kehrt zurück, woher ihr gekommen seid«, sagte sie beschwörend. Sie begann, so gut sie es in dem gefrorenen Untergrund konnte, ein Loch zu graben. Als es groß genug für die Schlange war, die sie zu einem ordentlichen Kringel zusammenrollte, war es Zeit für den nächsten Schritt.
    »Aus Blut seid ihr entsprungen, also wird Blut euch wieder zurückbringen!«, rief sie in die Nacht. Sie blickte nach oben, schleuderte sich die Haare ums Gesicht und flehte zum Himmel: »Bitte. Mach, dass es funktioniert.«
    Anschließend legte sie die Messerspitze auf ihre Handfläche. Sie fühlte sich ganz glatt auf ihrer rauen Winterhaut an. Das Ritual verlangte nach Blutstropfen – fünf davon, um präzise zu sein. Genau wie sie fünf blutrote Samenkörner geschluckt hatte. Noch einmal überkamen sie Zweifel, ob sie es schaffen würde, die Sache durchzuziehen.
    Du musst. Du hast keine andere Wahl.
    Sie war kurz davor, das Messer herunterzudrücken und sich die Haut aufzuritzen. Sie presste die Augen zusammen, wollte nicht den ersten Blutspritzer sehen. Fürchtete den Schmerz. Und dann –
    »Em! Halt!« Die Worte kamen von hinten, sie schrie auf und ließ das

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