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Im Herzen des Kometen

Im Herzen des Kometen

Titel: Im Herzen des Kometen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford , David Brin
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hitzig. »Wenn Sie glauben, Sie könnten das, werde ich Ihnen mit Vergnügen…«
    »Nein, nein!« sagte Ould-Harrad und hob die Hand zu Linbarger. »Bitte seien Sie jetzt still!«
    »Aber er…«
    »Bitte!« Und durch seine gleichsam priesterliche Gegenwart brachte er Linbarger zum Schweigen.
    Es wäre ein Vergnügen, dachte Carl, Linbarger eine kleine Abreibung zu verpassen. Schlecht für ihn, aber gute Therapie für mich. Jedenfalls besser als all dieses Gerede.
    Er sagte: »Ich hatte gewiß nicht erwartet, daß Sie Linbarger den Rücken stärken würden! Diese Leute gebrauchen Hypochondrie als Mittel, um zurück in die Kühlfächer zu kommen. Und all dieser Ortho-Unsinn…«
    »Sehen Sie?« erwiderte Ould-Harrad. »Sie haben Ihren eigenen Namen für uns.«
    »Und? Sie nennen uns Percelle.«
    »Wir benötigen keinen besonderen Namen. Wir sind die normalen Leute, die menschliche Rasse.«
    »Und wir gehören nicht dazu?«
    »Das habe ich nicht gesagt.«
    »Aber unausgesprochen war genau das Ihre Antwort. Sie glauben wahrscheinlich, wir hätten keine Seelen.«
    Der Farbige schüttelte bekümmert den Kopf. »Diese Frage liegt in den Händen des Allmächtigen. Es bleibt die Tatsache, daß wir verschieden sind.«
    »Ja, und so uneinig Sie untereinander auch sind, Sie halten alle zusammen, wenn es gegen uns geht, wie?«
    Ould-Harrad sagte sanft: »Wir müssen uns bemühen, alle Gesichtspunke einander anzugleichen.«
    Carl war noch nie wortgewandt gewesen, ihm fehlte die leichte, geschickte Überzeugungskraft eines Redners, und er besaß kein Charisma, dessen magische Ausstrahlung Linbarger oder Ould-Harrad hätte für ihn einnehmen können. All dieses endlose Gerede! Er biß zornig die Zähne zusammen, stand auf und ging ohne ein weiteres Wort.

 
6

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SAUL
     
     
    Daß wir der Natur und ihren Lebenszusammenhängen keine Beachtung schenkten, dachte Saul, war unser grundlegender Fehler in den letzten paar Jahrhunderten, seit es Wissenschaft gibt. Überall um uns blühte und wimmelte das Leben, und wir schenkten ihm niemals genug respektvolle Aufmerksamkeit.
    Er wartete auf die Ankunft der anderen im Kühlfachkomplex 1 und nutzte die wenigen freien Minuten, um auszuruhen und nicht an die tägliche Lagebesprechung zu denken, die kurz bevorstand.
    Man sollte meinen, wir hätten unsere Lehren aus den Erkenntnissen der Geologie und der Plattentektonik gezogen, dachte er mit trübem Lächeln. Nur die blaugrüne Erde trug üppiges Leben. Und die Erde hatte sich als der einzige Planet erwiesen, dessen Oberfläche aus Gesteinsschollen oder Platten bestand, die sich ständig langsam verschoben und gegeneinander stießen, wobei Gebirge aufgefaltet wurden. Das war seit mehr als hundert Jahren bekannt.
    Die Gesteinsschollen trieben auf dem heißen, magmatischen Material des Erdmantels, das in unaufhörlicher langsamer Konvektion vom glutflüssigen Erdinneren emporstieg, zähflüssig unter den Platten der Erdrinde hinzog, sie mit sich nahm und mit der Abkühlung wieder absank. Durch diese geologischen Prozesse wurde nicht nur neuer Meeresboden gebildet und alter in Subduktionszonen entlang den Kontinentalrändern untergepflügt; es wurden auch Gebirge gebildet und kilometerdicke kalkige Ablagerungen aus den Skeletten ungezählter Generationen einzelliger Meeresbewohner emporgehoben und den Landmassen eingegliedert, wo ihre verwitternden, löslichen Minerale wieder in den Kreislauf des Lebens eingingen. So führte die stumme Hingabe des Lebens an den Tod durch die Wanderung der Kontinentalschollen zur Erneuerung der Lebensgrundlagen.
    Einige Wissenschaftler meinten sogar, die überwiegend aus organischen Bestandteilen gebildeten Sedimente des Meeresbodens wirkten während des Subduktionsvorgangs gleichsam als Schmiermittel, das dem Prozeß der plattentektonischen Kontinentalverschiebung förderlich sei, so daß dem Leben womöglich die Rolle einer zusätzlichen Triebkraft in der Evolution der Welten zukomme, statt jener eines passiven Passagiers, der den rauhen Winden des astronomischen Schicksals ausgeliefert sei. Nach den ernüchternden Erkenntnissen über die tatsächlichen Verhältnisse auf Venus und Mars hatte sich die Auffassung durchgesetzt, daß schon geringe Veränderungen der planetarischen Masse, vor allem aber der Sonnenentfernung, ein Bestehen von Leben unmöglich machten. Mit allen anderen hatte auch er die Möglichkeit von Leben im Innern eines Kometenkerns ignoriert. Welch ein Irrtum! Eine winzige Gaia, eine sich

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