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Im Herzen Des Lichts

Titel: Im Herzen Des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Asprin
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als wärt Ihr es selbst! Antwortet mir! Warum habt Ihr meine Stirnnarbe entfernt, ohne daß ich es Euch erlaubte?«
    Die Antwort kam nicht in Worten, sondern in einem warmen, tiefen Gefühl. Wenn man es überhaupt mit irgend etwas zu vergleichen vermochte, dann noch am ehesten mit der Wirkung von Glühwein an einem kalten Tag.
    »Nicht ich«, versicherte ihr das geistige Duplikat von Enas Yorl mit Worten, die keine waren. »Nicht absichtlich jedenfalls. Hör mir zu, Jarveena, und vergiß es dein ganzes Leben nicht!
    Sich nicht zu erinnern, was er getan hatte, war eine Gnade für Klikitach. Ich sage das auf Grund dessen, was ich herausgefunden habe. Mit der Erinnerung an solches Grauen leben zu müssen.! Das siehst du doch ein.«
    Sie nickte stumm in diesem nicht existierenden Dialog.
    »Es wurde jedoch zu einer Verschärfung seiner Strafe. Es machte sie unerträglich. Tatsächlich war dieses Erbarmen schlimmer als keines. Er wußte es und verhängte trotzdem dieses Urteil.«
    Wieder nickte sie, diesmal von Entsetzen geschüttelt.
    »Doch du hast Mitleid mit ihm gehabt!«
    »Ja! Er tat mir leid!« Und herausfordernd fügte sie hinzu: »Und er tut mir immer noch leid!«
    »Du warst der erste Mensch seit tausend Jahren, der Mitleid mit ihm hatte.«
    Einen Augenblick stand sie wie erstarrt. Dann sagte sie: »Das kann doch nicht sein!«
    »Er hat es mir gesagt, als ich ihn befragte und eine Macht rief, wie sie selbst Götter nicht besitzen. Nie, ehe er dich kennenlernte, hatte jemand seiner furchtbaren Lage wegen Mitleid mit ihm gehabt.«
    »Dann weine ich um unsere kranke Welt!« rief Jarveena - und sofort tat sie es. Tränen, die so lange ausgeblieben waren, flossen so unbehindert über ihr Gesicht wie in der vergangenen Nacht.
    »Daran tust du gut«, bestätigte ihr der nicht sichtbare Enas Yorl.
    Nach einer kurzen Pause fuhr er fort: »Denn du hast ein Wunder gewirkt.«
    »Ich verstehe nicht.« Schluchzend kämpfte Jarveena um ihre Fassung, während sie sich anzog.
    »Wie geht es deinen Narben heute?«
    »Warum fragt Ihr? Ihr habt sie entfernt, oder nicht? Und mir die eine genommen, die ich behalten wollte.«
    »Nicht ich, Jarveena, sondern du selbst!«
    Sie erstarrte mitten in der Bewegung, als sie gerade ihre Stiefel zuschnallen wollte.
    »Geh, sobald du angekleidet bist, auf die Straße. Frag nicht weshalb, du wirst es sogleich selbst erkennen. Ich wirkte einen größeren Zauber, als ich wußte. Für den Augenblick denn, lebwohl. Versuche nicht, mich aufzusuchen, bis ich nach dir schicke. Ich ändere die Namen meiner Basilisken täglich. Manchmal kann ich ihnen keine geben, die für menschliche Zungen auszusprechen wären. Deshalb habe ich mich heute morgen auch nicht laut mit dir unterhalten.«
    Die Verbindung endete und hinterließ ein wirres Unbehagen, daß Jarveena sich mehrere Sekunden lang vorstellte, sie hätte vier Mägen und wiedergekäutes Heu im Mund.
    Dieses Gefühl schwand. Ohne die Bänder ihres Wamses zu schließen, eilte sie die schräge Leiter hinunter, die in diesem Haus als Treppe diente, und schob einen schläfrigen Lehrling zur Seite, der sie daran hindern wollte, die Vordertür zu öffnen, weil Meister Melilot noch schlief, wie er erklärte.
    Im noch grauen Licht des jungen Tages sah sie eine Gestalt auf dem Kopfsteinpflaster liegen. Ihr Gesicht war zur Seite gewandt, ein Arm ausgestreckt und die Brust von Blut bedeckt, das wahrscheinlich dank der beißenden Kälte noch rot war. Der Tote war vermutlich das Opfer eines messerstechenden Straßenräubers.
    »Klikitach!« wisperte sie und fiel auf ein Knie neben der Leiche? Ja, wahrhaftig! Da war kein Pulsschlag. Rauhreif überzog sein Haar, seinen Bart, seine Hände.
    Langsam richtete sie sich auf und blickte staunend auf ihn hinunter.
    »So hat deine ruhelose Wanderschaft hier in Freistatt geendet«, murmelte sie. »Nun, der Tod war, was du dir am meisten gewünscht hast. Und.«
    Ein Gedanke kam ihr, der so wundervoll wie erschreckend war. »Wenn ich glaube, was Enas Yorl behauptet, muß ich daraus schließen, daß die frevelhafteste Schandtat in der Geschichte der Welt verübt wurde. Von dir, mein Klikitach. Von dir allein.«
    Es würde jeden Augenblick anfangen zu schneien. Es war so kalt, und die Lippen, die ihre Zunge berührte, waren taub. Sie erwartete fast, Eis darauf zu kosten.
    »Doch selbst du hast das Ende deiner Pilgerfahrt auf der Suche nach Sühne erreicht. Was jetzt aus deinem Körper wird, ist unwichtig. Möge der Schnee dein

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