Im Herzen Rein
über dem Durchschnitt. Auch wenn er vieles glänzend macht und imstande ist, verschiedene Rollen zu spielen, ist er wegen seines genetischen Defektes kein vollständiger Mensch. Er ist mordsüchtig, ohne es kontrollieren zu können.« Er lächelte. »Er muss als Kind aber nicht sexuell missbraucht oder körperlich misshandelt worden sein.«
Sie fühlten sich erschöpft, nachdem Bach gegangen war. Über ihnen hing die irritierende Frage, ob es sich bei Typ A und B um ein und denselben Menschen handelte oder ob sie es mit zwei verschiedenen Tätern zu tun hatten.
34
Als Paula zu Westphal ins Büro kam, winkte er gleich ab. »Das klappt nicht, Paula. Die Konferenz ist anberaumt; der Polizeipräsident wird da sein und auch der Innensenator, da ist nichts zu machen. Zieh dir ein anständiges Kleid an, und los. Du hast noch zwei Stunden.«
Ihr fiel ihr auf, dass er einen Anzug trug. Heute also gediegen. Deswegen seine Kritik an ihrer Jeans. Sie würde eine dunkelblaue Jacke über ihre hellblaue Bluse ziehen, damit wäre sie klassisch in Form, und während der Konferenz würde sie sowieso sitzen. Kein Kleidchen für den Innensenator. Sie hatte auch gar keine Zeit, noch nach Hause zu fahren. Außerdem war sie dann ganz in Blau gekleidet, passend zu dem Fall. Vielleicht könnte ihr Ulla noch ein Seidentuch leihen?
»Und einen blauen Hut«, fügte Ulla schmunzelnd hinzu. Sie waren alle versammelt, um ihr für die Konferenz toi toi toi zu wünschen.
Sie standen alle noch unter dem Eindruck der Sitzung. Die Stimmung war gedämpft. Ermutigende Anfeuerungen konnte sie nicht erwarten. »Ich versteh nicht, wieso ihr nicht trällert und zwitschert«, sagte sie mit einem Grinsen. »Wir haben eine verdammt heiße Spur, und ich denke, es wird nicht mehr lange dauern, bis wir zuschlagen können. Vielleicht ist euch das in den Berichten entgangen, aber die Haare in der Baseballkappe, die wir in Johanna Frenzis Auto vor dem Kino gefunden haben, sind von demselben Mann, der zuletzt mit Johanna Frenzi Geschlechtsverkehr hatte, und der fand, nach den Aussagen der Gerichtsmediziner, genau in der Zeit zwischen ihrer Geiselnahme und ihrem Tod statt. Er hat sie geschlagen, gefoltert, vergewaltigt und getötet. Nun müssen wir nur noch den Mann finden, dem die Kappe gehört. Und damit ihr nicht in Lethargie versinkt: Auf den Videotapes habe ich einen Mann entdeckt, der es auf Johanna Frenzi abgesehen hatte und genau die gleiche Kappe trug. Während ich mich von den Journalisten auseinandernehmen lasse, könnt ihr in mein Privatkino gehen und euch diesen Typen und seine Annäherungsversuche anschauen. Ich habe auf den Zettel vor dem Monitor die Stellen notiert. Ich schlage vor, dass Marius diese Stellen dem Personal im Café vorführt. Kappe ist da in der Szene mit einem Freund zusammen, den ich Anzug nenne, und vielleicht kennt jemand einen der beiden Typen. Außerdem gibt es noch die zweite Schiene über die Barbiepuppe, die auf den verdächtigen Künstler Heiliger zuläuft. Von ihm brauchen wir eine DNA-Probe, und das werden wir schon schaffen, oder?«
Eine der Seiten, für die Paula geliebt wurde, war ihr Gespür für Tiefpunkte und ihre Fähigkeit, die ganze Truppe mit einer Rede wieder in Stimmung zu bringen. Ihre Worte erhielten Beifall. Tommi und Max konnten sich den Ruf »Klinsi, Klinsi!« nicht verkneifen. Dann fuhr Paula ins Präsidium, wo sie mit Chris am Eingang verabredet war.
Sie hatte von Walter Kemper sowie von Kappe und Anzug Computerausdrucke dabei, um Chris zu fragen, ob sie einen von ihnen kannte oder schon einmal gesehen hatte.
Als Paula aus dem Gebäude in der Keithstraße trat, hielt direkt vor ihr im Halteverbot ein Wagen, ein Mann sprang heraus und lief auf sie zu. Sie kannte ihn, er war Journalist bei Radio Eins , aber sie kam nicht auf seinen Namen. Er hielt ihr ein Mikro vor die Nase: »Was glauben Sie, wer der Blaue-Kleid-Killer sein könnte?«
»Ich bin gerade auf dem Weg zur Pressekonferenz - warum kommen Sie nicht dorthin?«
»Nur einen Satz, bitte!«
»Meiner Ansicht nach ist es eine sehr intelligente Person.«
»Die hier in Berlin lebt?«
»Das nehme ich an.«
»Es wird immer wieder behauptet, es ist ein Wahnsinniger, der sich als Todeskünstler sieht. Was meinen Sie?«
»Ich glaube nicht, dass er wahnsinnig ist, sondern an extremer Selbstüberschätzung leidet.«
»Sie meinen die Provokation der Öffentlichkeit?«
»Ja. Er hält uns wohl alle für unfähig, ihm das Wasser zu reichen. Das
Weitere Kostenlose Bücher