Im Herzen Rein
Kinopublikum, vor dem er aufgetreten ist und aus dem ihn keiner wiedererkannte, die Polizei und alle anderen.«
»Sie meinen, er wird wieder zuschlagen und uns weiter verhöhnen?«
»Könnte sein.« Paula öffnete ihre Autotür. »Entschuldigung, ich muss los, zu Ihren Kollegen.«
Als sie im Auto saß, versuchte sie, sich positiv auf die Presse einzustellen. Jedes Mal fühlte sie sich nach so einer Befragung manipuliert, vor allem, wenn sie es anschließend gedruckt oder als Fernsehbericht sah. Ihre Erfahrung war, dass es den Journalisten nicht um die Fakten ging, sondern darum, ihre Artikel zu verkaufen. Die Sensation war wichtiger als die Wahrheit. Paula überprüfte noch einmal, ob ihre Antworten den eigenen Ansprüchen standhielten.
Aber dann sagte sie sich, ach was, ich habe spontan geantwortet, auch das möchte ich mir leisten.
Auf der Fahrt zum Präsidium hörte sie ihre Mailbox ab. Die erste Nachricht war nur ein Kratzen, Schaben oder Röcheln, wie sie es schon einmal nach der ersten Sitzung im Tauben-Fall hatte. Diesmal beunruhigte es sie. Sie fuhr rechts heran und hörte es noch einmal ab. Es war nur ein merkwürdiges Geräusch. Es hatte keinen Sinn, es der technischen Abteilung zur Analyse zu geben; niemand würde dem etwas entnehmen können. Auf der zweiten Nachricht waren ähnliche Geräusche, und eine Stimme sagte im Stakkato-Ton: Der Vogel fliegt tot, die Pressekonferenz ist kein Morgenrot.
Paula war irritiert, empfand aber auch Genugtuung darüber, dass der Täter Kontakt aufnahm, ungeduldig war und vielleicht Fehler machte. Diese Nachricht würde sie zur Stimmenanalyse geben. Die nächste Nachricht war von ihrer Schwester, die sie ermahnte, bei der Suche nach dem Frauenmörder vorsichtig zu sein. Auch ihre Mutter hatte besorgt angerufen. Sie erinnerte sich, dass Paula ein blaues Kleid besaß, und wusste sogar noch, welche Tante es Paula wann geschenkt hatte. Sie riet ihr dringend, es nicht mehr zu tragen. Paula nahm sich vor, beide so bald wie möglich zurückzurufen.
Auf der Martin-Luther-Straße staute sich der Verkehr, als sich ihr Handy meldete. Es war Bach. Er habe gehört, sie sei unterwegs zur Pressekonferenz, und bedaure, dass es vorher keine Absprache gegeben habe, wie die Situation im Hinblick auf den Täter genutzt werden könne.
Spontan bot sie ihm an, es jetzt nachzuholen, da sie sowieso im Stau stand.
Bach begann eine seiner längeren Erklärungen. Sie vergaß ihren Ärger wegen des Staus und stellte wieder mal fest, dass sie intelligente Männer mochte, wenn sie auf die Darstellung politischer Ideologien oder soziologischer Allgemeinplätze verzichteten. Bach hatte ihr zwar Dinge gesagt, die ihr unlogisch oder unglaubwürdig erschienen waren, aber hinterher hatten sie sich als wahr erwiesen. Jetzt sprach er von proaktiven Maßnahmen, die beim FBI ein Kernstück des Fallenstellens bildeten und die einige Erfolge gebracht hatten. Als Beispiel nannte er öffentliche Veranstaltungen wie auch Pressekonferenzen, in denen die Verbrechen des Täters diskutiert würden. Ein publicityorientierter Psychopath wie dieser Täter würde sicher dort erscheinen und sich zum Thema melden.
Paula bedauerte, dieses Mal sei es zu spät, eine öffentliche Konferenz sei organisatorisch nicht mehr zu schaffen. Bach wollte das nicht einsehen, und sie erklärte ihm, welche administrativen Voraussetzungen erfüllt werden müssten.
»Man könnte doch eine Filmproduktion anrufen, die sofort mit zwei Kamerateams anrückt«, wandte er ein.
»Ich brauche dazu mindestens die Unterschrift meines Vorgesetzten und des Abteilungsleiters wegen der Kosten. Beide sind aber wahrscheinlich, genau wie ich, schon auf dem Weg zur Konferenz.«
»Aber die Kamerateams von den Sendern sind doch dort, die könnte man doch bitten.«
»Richtig. Aber zu dieser Konferenz werden nur Journalisten eingelassen, und Ihre Idee setzt ja voraus, dass die Versammlung öffentlich ist und alle überhaupt nur irgendwie Interessierte anlockt. Oder habe ich das falsch verstanden?«
»Jeder, der dort heute teilnimmt, wird überprüft, ob er Journalist ist?«
»Ja, außer, jemand ist extra eingeladen worden. Es tut mir leid, dass ich vergessen habe, Ihnen eine Einladung zu geben, aber kommen Sie doch einfach, ich werde anweisen, dass Sie durchgelassen werden.«
Er bedankte sich, sei aber noch nicht sicher, ob er es zeitlich schaffe, wolle es aber versuchen.
Als Paula ankam, wartete Chris schon, aber sie versicherte ihr, sie habe den
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