Im Herzen Rein
Wagen. Sie sprang heraus, rannte zur Haustür und rief: »Mordkommission, folgen Sie mir.« Aber sie hatte ja keinen Schlüssel.
Sie presste alle Klingeln und fragte den größeren der beiden Beamten: »Können Sie die Tür aufbrechen?«
Er guckte skeptisch. Sie zog ihren Ausweis und hielt ihn den beiden vor die Nase.
Der Stämmigere nahm Anlauf und donnerte mit der Schulter gegen die Haustür, die krachend aufsprang. »Wohin?«, brüllte er.
»Dritte Etage rechts!«
Die Jungs rannten die Treppe hinauf, Paula dicht hinterher. Sie erreichten gleichzeitig die Wohnung. Die Schlüssel steckten von außen. Paula bemerkte, dass die Tür gar nicht abgeschlossen war, sie hätte also von innen geöffnet werden können. Leise schob sie die Tür auf.
Da Paula keine Waffe mit ins Gefängnis genommen hatte, forderte sie den Kleineren auf, ihr seine zu geben. Als der seinen Kollegen fragend anschaute, griff Paula schon zu. Ihm gefiel das nicht, aber sie hatte die Pistole, entsicherte sie , ging auf Zehenspitzen den Flur entlang und schaute vorsichtig in jedes Zimmer: nichts. Als sie in der Küchentür stand, umkrallte ihre Hand die Waffe. Sie erblickte Kasimir auf dem Tisch - aufgerichtet auf den Hinterbeinen , den Bratspieß in der Brust. Ihr Herz krampfte sich zusammen. Inszeniert wie die toten Frauen. Sie presste sich gegen die Wand neben der Küchentür und gab den Polizisten ein Zeichen, dass sich jemand hinter der offen stehenden Küchentür verbergen könne.
Es war so still in der Wohnung, dass sie auf der Straße ein Kind weinen hörte. Wenn Chris noch am Leben war, würde sie doch wohl rufen - sie müsste sie gehört haben.
Der größere Beamte hatte seine Waffe ebenfalls im Anschlag und stand in Position auf der anderen Seite des Flures, alle Zimmertüren unter Kontrolle.
Sie hörte ein Wimmern. »Chris?«, rief Paula. »Bist du im Bad?«
»Ja«, kam es kläglich.
»Ist dir etwas passiert?«
»Nein.«
»Befindet sich noch jemand in der Wohnung?«
»Ich weiß nicht.«
»Komm raus. Du bist unter Feuerschutz. Ich stehe mit zwei Beamten im Flur, die Waffen im Anschlag. Komm vorsichtig heraus.«
Langsam ging die Tür vom Badezimmer auf, Chris stand da, lebendig und unverletzt. Paula fiel ein Stein vom Herzen.
Chris zog an ihrem Schal, der irgendwo festhing. »Lass den Schal, komm langsam hierher.«
Sie kam mit unsicheren Schritten. Paula nahm ihre Hand und führte sie zur Wohnungstür, während sie den Flur nach vorne und hinten sicherte. Chris war völlig verschreckt und hatte Angst, aus der Wohnung zu gehen. Paula musste sie eng umarmt hinausführen.
»Wir kontrollieren jetzt die Zimmer«, hörte sie einen Beamten von drinnen.
»Ja, tun Sie das.« Sie streichelte Chris den Rücken, bis die beiden wieder im Hausflur erschienen.
»Niemand. Nichts. Nur die tote Katze auf dem Küchentisch.«
Paula bat sie, vor der Wohnung postiert zu bleiben, bis die Mordkommission käme.
»Für die Katze?«, fragte der Kleinere.
»Ich bin Paula Zeisberg«, erklärte sie. »Ich bearbeite den Frauenmörder.« Sie sah, wie sich die Haltung der beiden veränderte. Respektvoll sagten sie: »Geht klar. In Ordnung.«
Chris schien sich stabilisiert zu haben. »Das ist dein Kater, nicht wahr?«
Paula führte sie ins Wohnzimmer und drückte sie aufs Sofa.
»Ja, das ist Kasimir.« Paulas Stimme war belegt, und ihre Augen waren dunkel.
Sie rief Justus an und teilte ihm knapp die Sachlage mit. Er sollte mit dem Team kommen und die Spurenexperten bestellen.
Paula setzte sich neben Chris und nahm ihre Hand. Sie suchte Halt. Kasimirs schrecklicher Tod ging ihr an die Nieren. Aber sie musste gefasst bleiben und die Situation analysieren.
»Er war in der Wohnung«, sagte Chris.
Paula dachte daran, dass Bach Mendel als Täter ausgeschlossen hatte. Dann fiel ihr seine Ehefrau ein. Mendel hatte gesagt, sie tue alles für ihn. Und er war heute nach der Mittagspause so verändert gewesen - selbstsicher und zynisch. Und dann noch seine Bemerkung mit dem Katzenfilet.
Sie legte ihren Arm fest um die Schulter der Freundin und ließ sich alles genau erzählen.
Der Täter oder ein Mittäter war in der Wohnung gewesen. Sämtliche Spuren mussten aufgenommen und die von Ralf, Chris und ihr selbst ausgesondert werden. Vielleicht blieb etwas Brauchbares übrig.
Paula überlegte, ob der Täter darauf gewartet hatte, dass sie oder Ralf nach Hause kämen. Aber wenn er sie umbringen wollte, hätte er sich nicht die Mühe mit dem Kater machen
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