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Im Himmel ist die Hölle los

Im Himmel ist die Hölle los

Titel: Im Himmel ist die Hölle los Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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bemühten, abgespannt und gelangweilt auszusehen, schlenderten sie auf das Förderband für die Gepäckstücke zu, und Jane warf der Geisel beim Gehen ein paar gurrende Laute zu. Die Geisel fing wieder einmal zu schreien an.
    »Das funktioniert doch prima«, flüsterte Jane Björn zu. »Wie ich immer wieder festgestellt habe, machen die Leute auf Flughäfen um schreiende Kinder instinktiv einen großen Bogen. Der kleine Racker hier ist ein perfekter Schutz für uns.«
    »Na klasse«, knurrte Björn wütend. Sein Handgelenk war mittlerweile mit ungefähr einem Kilometer triefnassem Stoff umwickelt, und eine Sicherheitsnadel hatte sich ihm in den Unterarm gebohrt.
    Sie bahnten sich den Weg durch die Menge – und an den Leuten, aus denen sie sich zusammensetzte, war irgend etwas Merkwürdiges, aber andere anzustarren, gehört sich nicht – und steuerten auf die Gepäckkarussells zu, wo sie sich unter die anderen Fluggäste mischten.
    »Hören Sie mal«, flüsterte Björn, »irgendwas ist hier merkwürdig, die Leu …«
    »Ja, ich weiß«, zischte Jane. »Und was soll ich Ihrer Meinung nach dagegen tun?«
    Björn zuckte die Achseln. Obwohl es normalerweise nicht seine Art war, über das Wesen des Universums nachzugrübeln, war er schon vor langer Zeit auf die Ursache für den Unterschied zwischen weiblicher und männlicher Logik gekommen. Dieser Grund war kompliziert, in sich schlüssig und hatte viel damit zu tun, daß Frauen, da sie im Durchschnitt kleiner als Männer sind, einen Großteil ihres Lebens näher am Boden verbringen und ihre Gehirne folglich mit größerer Wahrscheinlichkeit von geothermischer Strahlung beeinflußt werden. Er spielte mit dem Gedanken, Jane diesen Tatbestand zu erläutern, entschied sich dann aber dagegen.
    »Entschuldigen Sie«, sagte Jane, als sie einen Umstehenden mit dem Ellbogen aus dem Weg stieß. »Danke.«
    Das Komische an den anderen Flugreisenden war – na ja, es war schwierig, das genau zu erklären, aber … Nein, verdammt noch mal, es hatte keinen Sinn zu lügen, wenn er sich dadurch nur selbst täuschte. Björn biß in den sauren geistigen Apfel, und daraufhin sah sich sein verstörter Verstand verzweifelt nach geistigem Zucker um.
    Die Leute waren durchsichtig.
    Nein, nicht ganz; man konnte zwar durch sie hindurchsehen, aber nur aus bestimmten Winkeln. Es war, als hätte jemand lebensgroße Bilder von Menschen ausgeschnitten und sie dann auf lebensgroße Schneiderpuppen aus Eis geklebt. Beziehungsweise aus Glas. Auf Eis könnte kein Klebstoff haften, weil das Eis schmelzen oder der Klebstoff abrutschen würde oder … Björn packte seinen Gedankengang beim Kragen und brachte ihn wieder auf die vorliegende Angelegenheit zurück. Betrachtete man diese Reisenden aus bestimmten Winkeln, dann waren sie gar nicht da.
    Schön, dachte Björn. Na und? Schließlich bin ich kein Fanatiker. Mit schwarz, weiß, braun oder gelb komme ich zurecht, also werde ich auch mit durchsichtig fertig. Keine Schwierigkeit.
    Es überrascht nicht, daß sich Jane mit demselben Problem beschäftigt hatte und die Antwort, auf die sie gekommen war, keine Million Kilometer von der Wahrheit entfernt lag.
    (Die Wahrheit lautete, daß die anderen Leute in der Gepäckhalle zwar durchaus da waren, aber nicht hundertprozentig. Einer der Nachteile weiter Reisen, der nie vollständig aus dem Weg geräumt worden ist, besteht in der bedauerlichen Wahrheit, daß, wann immer sich ein Lebewesen eine nennenswerte Strecke von zu Hause entfernt und von seiner Habe getrennt wird, ein Teil seiner Seele bis zur schließlichen Wiedervereinigung dort zurückbleibt. Und wenn ein Stück einer lebenden Seele nach mehrstündigem Transport im vollgestopften Frachtraum eines Flugzeugs von Gabelstaplern ausgeladen und auf ein Förderband geworfen wird, dann kann man gar nichts anderes erwarten, als daß eine solche Behandlung körperliche Begleiterscheinungen hat. Normalerweise wird das natürlich von niemandem bemerkt, weil sich außer den Gepäckträgern, die so etwas gewohnt sind, alle in der Gepäckhalle in der gleichen Lage befinden. Da Jane und Björn kein Gepäck hatten, konnten sie die Dinge so sehen, wie sie wirklich waren, normalerweise durch die Brustkörbe derjenigen, die ihnen am nächsten standen.)
    »Diese Leute sind gar nicht ganz hier«, flüsterte sie. »Machen Sie sich deswegen keine Sorgen.«
    »Tue ich ja gar nicht«, antwortete Björn wahrheitsgemäß. Und dann blickte er erstaunt drein.
    Ein großer Koffer aus

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