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Im Himmel ist die Hölle los

Im Himmel ist die Hölle los

Titel: Im Himmel ist die Hölle los Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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wie angewurzelt stehen.
     
    Sie befand sich in einem Restaurant.
    Obendrein trug sie auf einmal einen schwarzen Rock – der vor Alter, fettigen Essensresten und Schweiß glänzte – und darüber eine weiße Bluse mit einer Schürze, die zumindest früher einmal kleidsam gewesen waren. Vor sich hielt sie ein Tablett, auf dem drei gehäufte Teller mit Nudeln standen. Die Tür hinter ihr fiel ins Schloß.
    »Um Himmels willen, nun machen Sie schon!« brüllte ein dicker Mann, einer von sechs dicken Männern, die um einen Tisch mit einer rot-weiß karierten Decke saßen. »Es gibt Leute, die sind am Verhungern.«
    »Ich weiß«, erwiderte eine Stimme, die Jane als ihre eigene erkannte. »Zum Beispiel die halbe Bevölkerung des Sudans. Mit diesen Portionen könnte man die meisten davon eine Woche lang ernähren, obwohl deren Arterien das wahrscheinlich nicht gut bekäme.« Zwölf kugelrunde Schweinchenaugen starrten sie entsetzt an. »Also, wer bekommt was?« fragte sie in die Runde.
    Vor Zeiten hatte Jane einmal sechs Wochen lang als Kellnerin in einem Schnellrestaurant an einer Umgehungsstraße bei Nottingham gearbeitet. Länger als sechs Wochen hatte sie diese Arbeit nicht ertragen können, weil sie zu dem Schluß gekommen war, daß es im Grunde unmoralisch ist, dicken Leuten Nahrung zuzuführen, die dick macht. Dennoch hatte sie im Laufe ihrer Tätigkeit als Kellnerin dort vieles gelernt: wie man sieben Teller gleichzeitig balanciert, während man hinter einem Kleinkind aufräumt, das sich nach drei Hamburgern in Folge erbrochen hat; wie man drei Lastwagenfahrern, die einem in den Ausschnitt zu gucken versuchen, Bauernfrühstück serviert, ohne ihnen die Ketchupflasche über den Kopf zu ziehen; wie man siebenunddreißig Spiegeleiern zusieht, die gleichzeitig in schmutzigem Fett gebraten werden, ohne Veganer zu werden. Sie kannte sich aus.
    »Ähm«, machte der dickste Dicke, wobei er vage auf einen Teller deutete. Jane stellte die Teller ab, machte auf dem Absatz kehrt und entfernte sich so schnell wie möglich. Bevor sie jedoch die Tür erreichen konnte, durch die sie hereingekommen war, stieß sie beinahe mit einer knapp anderthalb Meter großen schwarzhaarigen Frau zusammen, die die Hände in die Hüften gestemmt hatte und ihr den Weg versperrte.
    »Hör gut zu«, zischte die Frau, »denn ich sage das nur einmal: Gib den Gästen gefälligst keine frechen Antworten, klar? Gut, da drüben am Fenster kommt zweimal Lasagne hin.«
    Wie im Traum ließ sich Jane in einen Raum lenken, der die Küche sein mußte, wo sie zwei Teller Lasagne entdeckte, die schon auf sie warteten. Sie nahm die beiden Teller und trug sie zu ihren Empfängern, die sich bei ihr bedankten.
    »Als nächstes ist die Politik an der Reihe«, sagte der dickste Mann gerade. »Hat irgendwer etwas über unsere Politik zu sagen, Jungs?«
    »Die Politik, die wir machen, ist einfach klasse, Rocky.«
    »Ja, wir sollten keinen Blödsinn machen, unsere Politik läuft einfach wie geschmiert.«
    Mittlerweile war Jane von ihren Beinen zurück in die Küche getragen worden, wo sie drei Portionen Kalbfleisch in Empfang nahm. Wie sie bemerkte, war das Fleisch von einer dicken Schicht Rahmsoße überzogen; wenn der Besitzer dieses Restaurants dazu überging, seine Molkereiprodukte künftig in Europa zu kaufen, bestanden eigentlich gute Chancen, daß aus der gemeinsamen Agrarpolitik der EU schließlich doch noch etwas werden könnte. Jane runzelte die Stirn.
    »An den Tisch für sechs Personen«, zischte ihr die kleine Frau ins Ohr, »und sei nicht wieder so frech.«
    »Ich dachte, das wollten Sie mir nur einmal sagen«, erwiderte Jane und flitzte durch die Tür, bevor man ihr eine Retourkutsche an den Kopf werfen konnte.
    »Bestandsaufnahme«, sagte der dickste Mann gerade. »Weiß einer von euch, ob eine Inventur gemacht worden ist und ob wir über irgendwelche Reserven verfügen, Jungs?«
    »Klar, Rocky, wir verfügen über sämtliche Reserven, die wir benötigen.«
    »Mach dir darum keine Sorgen, Rocky. Das geht alles in Ordnung.«
    Als Jane näher kam, verstummten die sechs Männer, und erneut spürte sie deren Blicke wie überernährte Blutegel an sich hängen. Sie setzte die Teller ab und wandte sich zum Gehen.
    »Habe ich Sie eben richtig verstanden, junge Frau?« fragte sie unvermittelt eine dicke Stimme.
    Jane drehte sich langsam um und lächelte freundlich. »Wie bitte?«
    »Ich habe gefragt, ob ich Sie eben richtig verstanden habe«, wiederholte die

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