Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Himmel ist die Hölle los

Im Himmel ist die Hölle los

Titel: Im Himmel ist die Hölle los Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
Vom Netzwerk:
vor, wie schön es wäre, an ihren Schreibtisch zurückzukehren und mit jemandem ein Telefongespräch zu führen. Irgendwie entspräche das mehr ihrem Niveau.
    »Nun gut, ich werde Ihnen mal was verraten«, fuhr der Mann geheimniskrämerisch fort. Dann richtete er sich halb auf und flüsterte Jane etwas ins Ohr. Zwar war das fast das gleiche eklige Gefühl, wie sich die Gehörgänge von einem blinden Oktopus ausspülen zu lassen, aber die Enthüllungen, die ihr dabei zu Ohren kamen, lenkten sie bald von dieser Vorstellung ab.
    »Das war wirklich nett von Ihnen. Sie haben mir sehr geholfen«, bedankte sie sich schließlich.
    Der Mann lächelte, dieses Mal übers ganze Gesicht. »Nichts zu danken«, winkte er ab. »Ach, und noch was, Kindchen …«
    »Ja?«
    »Sagen Sie doch bitte Rosa, daß dieses Kalbfleisch hier noch mal aufgewärmt werden muß, bevor Sie gehen«, bat sie der Mann. »So, und jetzt verschwinden Sie.«
     
    Jane drückte die Tür mit der Nummer sechs auf. Diesmal machte sie sich nicht die Mühe, vorher anzuklopfen.
    Das Wesen, das sich im Raum Nummer sechs aufhielt, war weder menschlich noch im entferntesten menschenähnlich. Was Jane in dem teuer aussehenden Drehsessel aus Leder sitzen sah, war ein Backenhörnchen.
    »Entschuldigen Sie«, sagte Jane.
    Das Backenhörnchen blickte von einem Stapel Schriftstücke auf, der vor ihm lag, und wackelte mit der Nase. »Ja?« fragte es.
    Für den Bruchteil einer Sekunde kam es irgendwo in Janes Kopf zu einem Kurzschluß, und ihr fiel partout nichts ein, was sie hätte sagen können. Das heißt, bis auf ›Sie sind ein Backenhörnchen‹, was in diesem Moment wahrscheinlich nicht eigens erwähnt zu werden brauchte.
    »Stimmt«, meinte das Backenhörnchen. »Sind Sie hereingekommen, um mir das zu sagen?«
    Der Kurzschluß war behoben. »Nicht Sie auch noch«, seufzte Jane gereizt. »Kann hier denn jeder Gedanken lesen?«
    Die Barthaare des Backenhörnchens bebten leicht. »Das kann ich gar nicht«, versicherte es. »Es ist nur so, daß ich mit neunundneunzigprozentiger Sicherheit weiß, was Sie denken. Und bevor Sie Ihre Kraft damit vergeuden, sich zu wundern: Ich kann jede beliebige Gestalt annehmen. Diese hier gebrauche ich für Leute, die einfach ohne vereinbarten Termin hereinplatzen«, fügte es hinzu, »weil ich sie so aus der Fassung bringe.«
    »Das ist ja alles schön und gut, aber ich möchte mich mit Ihnen darüber unterhalten, wie diese Abteilung geführt wird«, kam Jane zur Sache.
    »Daß Sie das möchten, weiß ich«, erwiderte das Backenhörnchen. »Und jetzt raus hier.«
    Statt einer Antwort nahm Jane Platz und verschränkte die Arme.
    Das Backenhörnchen seufzte und knabberte ein kleines Stück Furnier vom Rand der Schreibtischplatte ab. »Also gut, ich kann Ihnen fünf Minuten gewähren«, gab es sich schließlich geschlagen.
    »Danke.« Jane lächelte, öffnete ihre Handtasche und holte ein Notizbuch hervor. »Dann komme ich wohl am besten gleich zur Sache – diese ganze Abteilung hier ist überflüssig.«
    Das Backenhörnchen stellte sich im Sessel auf die Hinterbeine und fuchtelte wie wild mit den Vorderpfoten herum; dann hockte es sich wieder hin, drehte sich dreimal um die eigene Achse und kauerte sich mit angelegten Ohren zusammen. »Quatsch!« fauchte es.
    »Das ist eine Tatsache«, beharrte Jane. »Der angebliche Zweck dieser Abteilung ist die allgemeine Verwaltung für die gesamte Behörde. Da die Abteilung aber nichts verwaltet, ist sie überflüssig. Und sie verwaltet deshalb nichts, weil das gesamte System schon vor einhundertsieben Jahren zusammengebrochen ist.«
    Das Backenhörnchen verschwand. An seiner Stelle tauchte eine lange grüne Schlange mit Rautenmusterung auf. »Ach, wirklich?« zischte sie.
    »Wirklich«, bestätigte Jane. »Das können Sie mir glauben. Zwar gehen seit damals weiterhin Verwaltungssachen zur Bearbeitung ein, aber der Ausstoß erledigter Arbeiten ist vollkommen zum Erliegen gekommen. Eine Verwaltung, wie sie momentan stattfindet, läuft völlig von selbst und ad hoc ab. Ja, ich glaube, das ist der richtige Ausdruck dafür«, fügte sie hinzu.
    »Ja, der paßt«, stimmte ihr die Schlange zu. »Woher stammen übrigens Ihre Informationen?«
    »Die hat mir ein Mann in einem Restaurant gegeben«, antwortete Jane. »Beispielsweise soll diese Abteilung Gelder vom Büro des Leiters der Finanzabteilung durch ein System von Anforderungen und rosafarbenen Formularen zur Schicksalsabteilung leiten. In der Praxis

Weitere Kostenlose Bücher