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Im Himmel mit Ben: Roman (German Edition)

Im Himmel mit Ben: Roman (German Edition)

Titel: Im Himmel mit Ben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Russo
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wir die Blümchen ins Wasser stellen, damit sie was zum Trinken bekommen?«, frage ich ihn.
    »Du kannst ruhig Luke zu mir sagen. Das machen alle.«
    »Das ist eine gute Idee. Weißt du was? Den Namen Luke finde ich nämlich richtig toll. Und jetzt lass uns eine Vase suchen und dann den Frühstückstisch zusammen decken. Du weißt ja, ich hab verschlafen …«
    Der Kleine ist wirklich süß. Er hat braunes Haar und sehr dunkle Augen. Die Gesichtsform ist jedoch eher schmal und wirkt sehr europäisch. Wenn er lächelt, erinnert er mich an meinen Vater. Und meine Mutter hatte recht, er ist sehr wortgewandt. Alles, was nach und nach auf dem Tisch landet, kommentiert er mit einem schlauen Spruch. Sogar zu meinem Holunderblütengelee fällt ihm etwas ein.
    »Das Zeug haben wir zu Hause auch. Aber bei uns heißt es Honig.«
    »Honig habe ich auch hier, schau mal. Den machen allerdings die Bienen«, kläre ich ihn auf. »Aber das leckere Zeug hier ist aus den Blüten hergestellt, an denen die Bienen wahnsinnig gerne naschen. Es ist ein Gelee, und ich habe es selbst gemacht.«
    »Dann bist du auch eine Biene«, folgert Luke, und ich schaue meinen Vater verdutzt an.
    »Verdammt clever, der kleine Mann.«
    »Ganz die Schwester.«
    Ich kann nicht umhin, gerührt zu lächeln.
    Der Frühstückstisch sieht schön aus. Und es ist schon das zweite Mal in dieser Woche, dass er für vier Personen gedeckt wurde. Das gefällt mir.
    Als es klingelt, laufe ich mit Luke um die Wette bis zur Tür.
    »Darf ich aufmachen?«, fragt er.
    »Natürlich. Es ist bestimmt Georg mit einem ganzen Sack voll leckerer Brötchen.«
    Er ist es.
    »Marly ist eine Biene«, sagt der Knirps, noch bevor Georg einen Schritt in die Wohnung setzen kann. Dann schnappt er sich die Tüte und flitzt damit in die Küche.
    Kurze Zeit später sitzen wir gemeinsam am Tisch und lassen es uns schmecken. Fast kommt es mir vor, als wären wir eine Familie. Und das fühlt sich verdammt gut an.
    Familienanschluss sucht anscheinend noch ein anderes Wesen. Caruso maunzt draußen vor der Scheibe und stolziert herein, als ich ihm das Fenster öffne. Dass der Kater sich so gerne in der Nähe von Kindern aufhält, hätte ich niemals für möglich gehalten. Schon von Emma hat er sich streicheln lassen, ohne gleich abzuhauen. Luke darf Caruso sogar am Schwanz ziehen, wie ich mit Verwunderung feststelle. Der Kater zeigt sich erstaunlich gelassen.
    Nach dem Frühstück begeben wir uns alle gemeinsam in den Garten. Während ich meinem kleinen Bruder Carusos Platz im Apfelbaum und mein gläsernes Atelier zeige, unterhält sich Georg angeregt mit meinem Vater. Ganz angetan von der ungewohnten Familienidylle biete ich ihm erzieherische Unterstützung an. Meine Stelle als Lehrerin trete ich erst in zwei Monaten an, da kann ich ab und an gerne auf den kleinen Racker aufpassen. Luke verspreche ich, beim nächsten Besuch mit ihm gemeinsam Biene zu spielen und ein Blütengelee zu kochen.
    Kurz nach dem Mittagsläuten verabschieden sich die beiden – und ich bin mit Georg wieder alleine.
    »Dein Vater hat es nicht leicht momentan«, sagt Georg.
    »Das hat er sich selbst zuzuschreiben! Damals hat er meine Mutter und mich sitzen lassen, und diesmal hat es ihn erwischt. Selbst dran schuld«, urteile ich hart. In demselben Moment, in dem ich es ausspreche, bereue ich es auch schon. Meine Oma hat oft zu mir gesagt, giftige Gedanken würden hässlich machen. Ich bemerke meine gerunzelte Stirn.
    »Wie alt warst du damals?«, reißt Georg mich aus meinen Gedanken.
    »Siebzehn.«
    »Erzähl mir ein bisschen was von dir!«
    »Mein Name ist Marlene, aber die meisten nennen mich Marly. Ich bin siebenundzwanzig Jahre alt, und am siebten November habe ich Geburtstag …«
    Wir liegen wieder auf dem Bett, diesmal allerdings bekleidet und auf der Tagesdecke. Georg hört mir aufmerksam zu, während ich erzähle: von meiner Kindheit, meinen Eltern, meiner lieben Oma, meinem besten Freund – und wie sehr ich die beiden vermisse. So schonungslos offen habe ich noch nie mit einem Mann über mich und meine Gefühle geredet, noch nicht einmal mit Ben.
    Auf einmal halte ich inne. »Irgendetwas verunsichert mich. Ich glaube die Tatsache, dass du neun Jahre älter bist«, gebe ich zu.
    »Jetzt fühle ich mich wie fünfzig! Und dabei bin ich gerade mal sechsunddreißig. Außerdem seid ihr Frauen uns Männern doch sowieso immer ein paar Jahre voraus.«
    »Das stimmt allerdings.«
    »Und was verunsichert dich

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