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Im Hyperraum

Titel: Im Hyperraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey A. Carver
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er, vor Wut brüllend, hinter ihr her.
    Sein
Geschrei machte ihr Angst, stoppte sie jedoch nicht. Sie hetzte an der
Brücke vorbei. Die Fetzen ihrer Tunika flatterten und zeigten ihre
nackten Brüste; ihre bloßen Füße klatschten über das Deck. Die Messe
links liegen lassend, sauste sie um die Ecke und blieb nach Luft
schnappend stehen. Es gab keinen Ort, an den sie sich flüchten konnte.
Und sie hörte bereits Mogurns pfeifenden Atem und seine polternden
Schritte.
    Sie wirbelte herum und wartete auf die Konfrontation.
    Der
Korridor war leer; sie vernahm das Zischen der Entlüftungsanlage. Aber
die Schritte waren real, jeden Moment konnte Mogurn um die Biegung
kommen. Wohin sollte sie sich wenden? Der Korridor beschrieb lediglich
einen Kreis, welcher zudem noch klein war.
    Â»Komm her, Rigger-Hure!«
    Ihr blieb keine andere Wahl, als nach unten auszuweichen, auf die anderen Decks.
    Sie
stürzte zur Zugangsluke und schlug mit der Faust auf den
Öffnungsmechanismus. »Du Biest!«, grölte Mogurn. Die Luke glitt zur
Seite, drunten blinkten Lichter auf, und sie hechtete nach der Leiter.
Mit den Händen bekam sie die Sprossen zu fassen, und sie stieß sich
schmerzhaft die Zehen, ehe ihre Füße Halt fanden.
    Â»Auf der Stelle kommst du zu mir!« Mogurn erschien und setzte zum Sprung an. Von der Innenseite des
Schachts aus betätigte sie die Verriegelung und atmete erst einmal
erleichtert auf, als sich die Luke zischend schloss und Mogurn
aussperrte. Das verschaffte ihr einen Vorsprung von wenigen Sekunden;
in diesem Bereich waren die einzelnen Räumlichkeiten hermetisch
voneinander abgeschottet, und die Luke öffnete sich erst wieder, wenn
die Sicherheitssperren reaktiviert wurden.
    Drunten
angekommen, rückte sie ein Stück von der Leiter ab und spähte
misstrauisch um sich. Sie rechnete halbwegs damit, Mogurn aus
irgendeiner Ecke vorpreschen zu sehen. War sie ihm entkommen, oder in
eine Falle getappt? Es gab zwei Maschinendecks; sie befand sich auf dem
oberen, Generatoren summten leise, und eine einzelne Signalleuchte
blinkte. Sie duckte sich hinter das Ende eines Kontrollpaneels. Über
die Leiter zu ihrer Rechten konnte sie sich notfalls auf das darunter
liegende Deck flüchten – wenn sie flink genug war. Sie öffnete die Luke
und spähte hinab. Sollte sie vorsichtshalber gleich nach unten
klettern? Sie hatte keine Ahnung, an welchem Ort sie am sichersten wäre.
    Hier gibt es keinen sicheren Ort.
    Mogurn
war wahnsinnig vor Wut; in seiner Raserei bedachte er nicht, dass er
seinen eigenen Untergang besiegelte, wenn er den Rigger umbrachte. Sie
musste ihn besinnungslos schlagen oder ihn sogar töten. Jetzt hieß es
wohl sein Leben oder das ihre – so weit war es gekommen. In diesem
Moment wurde ihr voll bewusst, wie sehr sie am Leben hing.
    Highwing, dachte sie. Hast du mein Leben – meine geistige Gesundheit – gerettet, nur damit ich auf diese elende Weise krepiere?
    Aber
sie erhielt keine Antwort. Highwing war nicht da. Highwing lebte in
einer anderen Dimension des Weltraums, in einer andere Realität.
Highwing konnte ihr nicht helfen.
    Am anderen Ende des
Maschinenraums öffnete sich zischend die Deckenluke. Sie blickte über
den Rand der Konsole. Auf der Leiter erschien erst ein Fuß, dann der
andere. Mogurn kletterte herab. Er drehte sich um und entdeckte sie
sofort. »Das reicht, Jael!«, schnauzte er, auf der Leiter stehend. »Ich
befehle dir, dich nicht von der Stelle zu rühren!«
    Sie
reagierte spontan, ohne zu überlegen. Sie schnellte durch die Luke auf
das untere Deck, sich nur mit den Händen die Sprossen entlanghangelnd,
während die Beine frei in der Luft baumelten. Mogurns Gebrüll verfolgte
sie, ehe sich die Luke schloss.
    Nun befand sie sich auf
dem unteren Maschinendeck. Hier war die Beleuchtung trüber; die Mitte
des Decks beherrschte eine riesige runde Kammer, umgeben von einem
Schutzschild. Es handelte sich um den Fluxkern, in dem die Energien
nutzbar gemacht wurden, die in das Gewebe des Weltraums eindrangen und
das Schiff in den Flux hineinzogen. Der Kern gab ein summendes Geräusch
von sich, doch vielleicht bildete sie sich das nur ein.
    Beinahe
hätte sie über die absurde Situation bitter gelacht. In der Leere des
interstellaren Raums sah sie sich gezwungen, sich gegen den einzigen
anderen Menschen zu verteidigen, den es in einem Umkreis von etlichen
Lichtjahren gab,

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