Im Hyperraum
geht das leider nicht. Sie müssen im
Raumhafen bleiben, bis die Untersuchung abgeschlossen ist. Aber es
sieht nicht so aus, als würde gegen Sie Anklage erhoben. Die
Regulierung Ihres Vertrages dürfte ein bisschen länger dauern.«
Jael nickte langsam und behielt eine möglichst teilnahmslose Miene bei.
»Sie machen keinen besonders glücklichen Eindruck.«
Sie seufzte. »Es war ⦠ein ziemlich anstrengender Flug. Ich hatte gehofft, jetzt wäre alles vorüber.«
»Natürlich.
Verständlicherweise.« Gordache blickte wieder auf den Bericht. »Nun,
ich denke, wir können Ihnen gestatten, dass Sie sich in der
Rigger-Halle einquartieren. Aber Sie dürfen den Bereich des Raumhafens
nicht verlassen und müssen sich für eventuelle weitere Befragungen zur
Verfügung halten.«
Jael setzte sich gerade hin und
drückte die Schultern durch. »Und wie sieht es mit meiner Bezahlung
aus? An Captain Mogurn kann ich diesbezüglich ja keine Forderungen mehr
stellen.«
»Das dürfte in der Tat schwierig sein«, pflichtete Gordache ihr bei. »Sie sprechen da ein sehr heikles Problem an.«
»Inwiefern?«
»Die
Disposition des Schiffs und seiner Fracht könnte eine gewisse Zeit
beanspruchen. Es geht darum, die Besitzverhältnisse zu klären. Das
legale Stückgut könnte veräuÃert werden, und dann werden Ihre
Forderungen â und die der Schlepperfirma â von dem Erlös beglichen.
Doch bis dahin haben Sie leider keinen Anspruch auf irgendeine Form von
Vergütung â selbst dann nicht, wenn Ihr Vertrag für gültig erklärt
wird.«
»Für gültig erklärt?« In Panik blickte Jael den
Beamten und die Beamtin an. »Was soll denn daran ungültig sein? Wir
hatten einen Vertrag, auch wenn Captain Mogurn dann durchdrehte und
versuchte, mich zu â¦Â« Sie brach ab. »Auch wenn er durchdrehte«, schloss
sie mit Bedacht, »gab es zwischen Captain Mogurn und mir einen
schriftlichen Vertrag.«
»Selbstverständlich. Aus Ihrer
Perspektive. Doch es gibt Probleme, wenn es um einen nicht
eingehaltenen Vertrag geht. Selbst wenn der Grund für die
Nichteinhaltung der Tod eines Vertragspartners ist, oder â¦Â« â er zuckte
die Achseln â »ein mutmaÃliches Verbrechen. Um den Sachverhalt zu
klären, braucht es halt Zeit.«
»Zeit? Zeit? Und was soll aus mir werden? Ich bin völlig mittellos!«
Er
vollführte eine hilflose Geste. »Ich verstehe Ihr Dilemma. Aber Gesetz
ist nun mal Gesetz. Vielleicht lässt es sich einrichten, dass man Ihnen
in der Rigger-Halle einen Kredit einräumt. Annie, könnten Sie sich
bitte darum kümmern?«
Die Beamtin nickte.
»Das ist alles?«, fragte Jael in ungläubigem Staunen. »Mehr werden Sie nicht für mich tun?«
Commander Gordache erhob sich von seinem Platz. »Wir können nicht mehr für Sie tun. Leider. Annie, seien Sie so nett und helfen Sie Ms. LeBrae, ihre Angelegenheiten zu regeln â¦Â«
â
I N IHREM NEUEN Q UARTIER ,
dem billigsten Privatzimmer, das in der örtlichen Rigger-Halle zur
Verfügung stand, lag Jael, mit den Nerven am Ende, auf ihrer Koje und
rief nach Highwing. Freundin von Highwing! Ich bin eine Freundin von Highwing! In Gedanken wiederholte sie pausenlos den Ruf. Natürlich erhielt sie
keine Antwort â wie sollte sie auch. Highwings Lebensraum lag viele
Lichtjahre entfernt, und sie wusste nicht einmal, ob sie jemals wieder
durch diese Gefilde kreuzen würde.
Trotzdem bin ich
eine Freundin von Highwing, dachte sie und schloss die Augen.
Vielleicht kann er mich irgendwie erreichen; vielleicht kann er mir
helfen. Wenn es eine Möglichkeit gäbe, würde er es tun. Das weià ich.
Das darf ich nie vergessen.
Ich muss daran glauben.
In
Wahrheit fiel es ihr mittlerweile immer schwerer, die Erinnerung an den
Drachen heraufzubeschwören; sein Bild wurde immer verschwommener. Die
Unmittelbarkeit dieser Erfahrung ging allmählich verloren; sie schien
in weiter Ferne zu liegen, glich einem lebhaften Traum, der im Lauf der
Zeit verblasst und seine Intensität einbüÃt. Hatte sie einen Fehler
begangen, als sie der Polizei ihre Begegnung nur ansatzweise
schilderte? Doch man hätte sie ohnehin nicht ernst genommen. Vor diesem
Flug hatte sie selbst diese Geschichten albern gefunden. Dennoch ⦠irgendwem musste sie ihre Geschichte anvertrauen; sie wollte
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