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Im Hyperraum

Titel: Im Hyperraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey A. Carver
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dieses reale
Erlebnis, diese Vision, mit jemandem teilen, und wenn es nur darum
ging, ihre eigenen Erinnerungen aufzufrischen, plastischer und
greifbarer zu machen. Ich werde dich nicht verlieren, Highwing, schwor
sie sich.
    Sie fasste in ihre Tasche und zog die
Halskette hervor, die Dap ihr am Tag ihres Abflugs geschenkt hatte. Sie
hatte sie in ihrer Reisetasche gefunden, wohin sie sie achtlos gesteckt
und danach vergessen hatte. Nun hielt sie sie gegen das Licht und
betrachtete die pastellfarbenen Reflexe, die sich in dem Anhänger
brachen.
    Sie fragte sich, was Dap sich dabei gedacht
hatte, als er ihr die Kette gab. Zu gern hätte sie gewusst, wo Dap sich
in diesem Moment aufhielt. Vielleicht war er auf einem Sternenschiff
unterwegs. Oder er lungerte immer noch auf Gaston's Landing herum,
versuchte, seine Ängste zu beschwichtigen, sein Selbstvertrauen
aufzumöbeln und weiterhin so zu tun, als strotze er vor Kraft und
Entschlossenheit.
    Dap, es tut mir Leid … ich wusste
nicht, was mit dir los ist. Ich hätte deine Entschuldigung annehmen
sollen. Ich hatte wirklich keine Ahnung, dass es dir nicht viel besser
geht als mir … dass du auch unter Ängsten und Unsicherheit leidest. Sie wickelte die Kette um einen Finger, ließ sie wieder abrollen und
dann herunterbaumeln. Sie hatte keine Möglichkeit, mit Dap in Kontakt
zu treten und sich mit ihm zu versöhnen, es sei denn, irgendein Zufall
führte ihn an diesen Ort, oder sie liefen sich in einem anderen
Rigger-Hafen über den Weg. Doch wie hoch standen die Chancen, dass
solch eine Gelegenheit eintraf?
    Sie musste sich damit
abfinden, dass sie von nun an ganz auf sich allein gestellt war, noch
isolierter als je zuvor. Wenn sie sich Gesellschaft wünschte, musste
sie aktiv werden.
    Du musst dir Freunde in deiner eigenen Welt suchen, hatte Highwing ihr geraten.
    Aber was wusste Highwing schon von der menschlichen Gesellschaft, von der Gemeinschaft der Rigger?
    Was wusste sie darüber?
    â–ˆ
    S IE ERWACHTE , ALS EIN S CHREI ihr die Kehle zuschnürte und sie keine Luft mehr bekam. Hände hatten
sich um ihren Hals gelegt, in dem Versuch, sie zu erwürgen. Ein Licht,
das ihre Augen nicht sehen konnten, ein Licht, das gar nicht
existierte, hatte diese Hände von ihr fortgerissen.
    Nach
Atem ringend versuchte sie, dieses Bild zu verdrängen. Sie stützte sich
auf einen Ellbogen ab und rieb sich die Augen. Der matte Schein der
Zimmerlampe wirkte tröstlich; das massive Bett, in dem sie lag,
vermittelte ihr ein Gefühl der Sicherheit. Zitternd sank sie auf ihr
Lager zurück. Wie lange würde sie diesen Horror noch durchleben?
    Schließlich
stand sie auf und nahm eine Dusche – mit richtigem Wasser, nicht mit
wirbelnden Nebeldämpfen. Sie stand da, ließ das heiße Wasser auf ihren
Kopf prasseln, den Nacken und die Schultern herunterrinnen. Endlich
ließ die innere Anspannung so weit nach, dass sie weinen konnte; ihre
Tränen vermischten sich mit dem Wasser aus der Dusche, und nach einer
Weile wurde auch ihre Panik fortgeschwemmt.

Kapitel 15
    E NVIRONMENT A LPHA
    A M NÄCHSTEN M ORGEN STELLTE J AEL ZU ihrer Überraschung fest, dass sie die Nacht durchgeschlafen hatte, ohne
ein einziges Mal aufzuwachen. Sie stand mitten in ihrem Zimmer,
vollführte Streckübungen und Kniebeugen, bis sie sich geschmeidiger
fühlte; dann zog sie sich ihre letzte saubere Kleidung an und wagte
sich nach draußen.
    Die Rigger-Hallen lagen am Rand des
Raumhafenkomplexes. Sie waren unterteilt in Sektionen für männliche und
weibliche Menschen, für Paare und für Nichthumanoide. Doch sämtliche
Abteilungen mündeten im Untergeschoss, wo sich auch die Speisesäle und
die Freizeiteinrichtungen befanden. Der Speisesaal war nur spärlich
besucht. Während sie in der Schlange stand, die auf ein Frühstück
wartete, bekam sie mit, dass es um diese Jahreszeit für Rigger nicht
viel zu tun gab; der Grund dafür waren die saisonabhängigen Exporte von
landwirtschaftlichen Produkten.
    Die Information
munterte sie nicht gerade auf, denn sie hatte geglaubt, verglichen mit
dem hinterwäldlerischen Sternenhafen von Gaston's Landing sei Lexis ein
häufig frequentierter Handelsposten. Es war eine ernüchternde
Vorstellung, dass Arbeit hier vielleicht genauso knapp war wie
andernorts. Doch sie musste hier ohnehin ausharren, bis die Polizei
ihre Ermittlungen beendet hatte. Außerdem war sie sich nicht

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