Im Hyperraum
tiefe Brunnen, als glaubte sie, sie sei an seinem Katzenjammer Schuld. »Nein, Peep, du kannst nichts dafür«, tröstete er sie. Doch als er sie auf den Fußboden hinunterließ, verspürte er eine bleierne Melancholie; frustriert hieb er mit der Faust auf die Konsole. Das Gefühl blieb. Er warf sich seine Jacke über, schnappte sich LePiep und seine Reisetasche, zog den Vorhang zurück und hastete nach draußen auf die Straße.
Die Luft war wieder feuchtkalt und diesig. Die Straße wie leer gefegt. Er ging den Fender Way hinunter, vorbei an den Gebäuden, die gigantisch und finster über ihm aufragten. Zwischen den Strukturen und den einzelnen Berggipfeln im Osten zeigte sich das fahle Licht der Morgendämmerung, und allmählich lösten sich vereinzelt Konturen aus dem nächtlichen Schatten. Sie ließen das Naiopeanische Viertel hinter sich und folgten der Straße, die in einem Bogen zum unteren Teil von Nolaran führte, der im Südosten lag.
Die ersten Lichtstrahlen tasteten sich über die Berggipfel, als er eine lange Überführung passierte, unter der ein Tunnel des Transkontinentalen Schienenverkehrs verlief. Der Rangierbahnhof glich einem von Dampf verhülltem Spielplatz, strukturiert von Zugmodulen, die sich auf glänzenden Induktionsschienen bewegten. Einzelne Waggons huschten hin und her wie mit einem eigenen Willen versehene Container, die in einem Zickzack-Kurs über Weichen hoppelten. Soeben fuhr drunten der morgendliche Personenzug in den Bahnhof ein, eine Kette aus bleichen, aneinander gereihten Lichtern, gefolgt von den unregelmäßig aufblitzenden Strahlern der angekoppelten Güterwagen. Panglor beobachtete, wie der Zug durch den Bahnhof kurvte und in den entfernten, im Dunst verschwimmenden Bergen verschwand, wo er sich in die nordwestliche Tunnelröhre einfädelte. Er spürte ein sehnsüchtiges Ziehen in seinem Herzen, und gleichzeitig regte sich LePiep. Am liebsten hätte er diese Stadt mitsamt seiner Vergangenheit hinter sich gelassen, er wünschte sich, er säße in diesem Zug, der jetzt unter dem Gebirge hindurchrollte.
Er machte kehrt und ging denselben Weg zurück, auf dem er gekommen war, während er nach dem Eingang des Sinkschachts Ausschau hielt, der im Bahnhofsterminal mündete. Plötzlich stand er zwei Kerlen gegenüber, die aussahen, als stünden sie unter Drogen, und die ihm offenbar heimlich gefolgt waren. Panglor erschrak. Wie hatte es ihm passieren können, dass er diese beiden Gespenster nicht bemerkt hatte?
Der größere Typ pirschte sich mit komplizenhafter Miene an ihn heran. »Hast du vielleicht Interesse an ein paar Gramm Trilium Sprite, Kumpel?«, fragte er, ohne Panglor direkt in die Augen zu sehen. »Sechzehn Quints.« Er hielt ihm ein durchsichtiges Fläschchen unter die Nase. Drei winzige, im Morgenlicht blitzende Pillen kullerten darin. Der Typ grinste verschlagen.
Panglor starrte den Kerl böse an – doch beim Anblick des Trilium Sprite wurde ihm ganz warm ums Herz. Hier bot sich ihm eine Flucht in die Glückseligkeit, in mancher Hinsicht viel besser als eine virtuelle Stimulation, denn wenn die Wirkung nachließ, fiel er nicht in ein tiefes, schwarzes Loch ohne jedwede Erinnerung an den Trip. Die Droge war streng verboten, doch hier befand sie sich in greifbarer Nähe und zu einem Preis, den er sich beinahe leisten konnte – wenn er nie wieder essen oder unter einem Dach nächtigen wollte. Großer Gott, was für eine Erleichterung ihm dieses Zeug verschaffen würde!
Das Gespenst, dessen lange, schmutzige Haare unter den Jackenkragen gestopft waren, taxierte ihn mit verhülltem Blick; sein Kumpan machte einen völlig weggetretenen Eindruck. Womit die zwei sich voll gedröhnt hatten, versuchte Panglor nicht einmal zu raten: Konnte er diesen Junkies trauen, falls er das Sprite tatsächlich kaufte? Für einen kurzen Moment schloss er die Lider, dann riss er sie wieder auf. Es kam ihm vor, als hätte der kleinere Kerl LePiep ins Visier genommen. »Hrrrl«, grummelte die Ou-Ralot, als sie spürte, wie sie angegafft wurde.
Panglor drückte sie fest an seine Brust. »Verpisst euch!«, schnauzte er die beiden Dealer an. Die blinzelten vor Überraschung. Er schwenkte herum und marschierte forschen Schrittes dicht am Geländer der Überführung weiter, krampfhaft bemüht, nicht an das Sprite zu denken, das er hätte kaufen können. Wohin, zum Teufel, ging er eigentlich?
Er überquerte die Brücke und entdeckte einen Fußweg, der sich in engen Serpentinen bis auf den
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