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Im Hyperraum

Titel: Im Hyperraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey A. Carver
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Er blies eine feurige Fontäne aus, und ein Funkenschauer flog an Jael und Ar vorbei.
    Plötzlich
ging die Sonne auf – ein jähes Aufflammen aus kastanienroten und
goldenen Farbspielen hinter der Bergkette zu ihrer Rechten. Im Glanz
des jungen Tages entdeckte Jael, was Windrush ihnen angekündigt hatte –
Dutzende, vielleicht Hunderte von Drachen, die in der Formation eines
riesigen Rings den vor ihnen aufragenden Gipfel umkreisten. Bilder
dieses Berges hatte sie in Windrushs Gedanken gesehen – es war der
Schwarze Gipfel, der höchste Berg im gesamten Reich. Wie ein
gigantischer, schrecklicher Turm stach er in den Himmel. Aus der
Entfernung glichen die um ihn schwebenden Drachen einem Vogelschwarm.
Sie wünschte sich, sie wären harmlose Vögel! Irgendwo dort befand sich
der Drache, der Jael etwas bedeutete. Irgendwo inmitten der Schar
wartete Highwing auf seinen Tod.
    Plötzlich litt sie
unter Atemnot, und sie zwang sich, langsam durchzuatmen; sie lockerte
ein wenig ihren Griff, mit dem sie sich an Windrushs Kopfhöcker
klammerte. Verstohlen blickte sie zu Ar hin; er sah aus, als würde er
allem, was auf sie zukäme, mit Fassung entgegensehen. Wenn … begann sie und brach gleich wieder ab. Wenn wir nicht … Ihre Kehle schmerzte beim Sprechen; sie schluckte und schüttelte den
Kopf. Alles, was sie hätte sagen können, wusste Ar bereits. Der
Clendornaner lächelte, wobei seine Lippen sich zu einem
Zick-zack-Muster verzogen. Er blickte starr geradeaus, ohne sie
anzuschauen. Bildete sie es sich nur ein, oder summte er tatsächlich
eine seiner disharmonischen Melodien? Sie nickte und konzentrierte sich
darauf, zur Ruhe zu kommen und ihre Kräfte zu sammeln.
    Ihr
schwindelte, und dann spürte sie Gedanken, die nicht ihre eigenen
waren. Dieses Gefühl war ihr vertraut, doch es dauerte nur kurz.
Vergeblich versuchte sie, es wieder einzufangen. Doch es hatte etwas in
ihrem Geist ausgelöst. Wieder stieg eine Erinnerung in ihr auf,
vergiftete ihre Gedanken. Nicht jetzt!, schrie sie stumm. Bitte, nicht
jetzt!
    Abermals sah sie ihren Vater, finster
dreinblickend, wie er die Einverständniserklärung unterschrieb, damit
sie die Rigger-Schule besuchen durfte. Ein zweites Mal wollte sie
schreien: Nicht jetzt! Doch während die Erinnerung sie überrollte,
fühlte sie sich wie gelähmt. Egal, was ihr Vater ihr angetan hatte, er
erlaubte ihr, ein Rigger zu werden, hinterließ ihr sogar das Geld, mit
dem sie ihre Ausbildung beendete und den Beruf ergreifen durfte, der
sie den Sternen nahe brachte. Nur weil ihr Vater es ihr ermöglichte,
als Rigger zu arbeiten, weilte sie jetzt hier, im Reich der Drachen.
Genau das hatte Highwing erkannt und damals versucht, ihr begreiflich
zu machen.
    Wieder fühlte sie diese ferne Präsenz, ein
flüchtiges, leises Prickeln in ihrem Bewusstsein. Sie spürte einen
Hauch von Highwings Magie – die selbst jetzt noch wirkte, im Angesicht
seines nahen Todes.
    Und dann sah sie ihn. Vor Entsetzen schnappte sie nach Luft.
    Als
ferne, winzige Gestalt hockte er auf der höchsten Zinne des Schwarzen
Berges. Die anderen Drachen umkreisten ihn wie eine Schar Raubvögel.
Jael wusste nicht, wieso sie Highwing aus dieser großen Distanz
erkannte, oder warum sie so genau wusste, was die anderen Drachen taten
– dass sie die Scharfrichter waren, die ihrem Augenblick des Triumphs
entgegenfieberten. Diese Fakten waren so klar wie das helle
Morgenlicht, und so schmerzhaft wie der Glast einer feurigen Sonne. Sie werden ihn in die Tiefe stoßen!, hauchte sie.
    Nein, entgegnete Windrush. Sie haben etwas viel Grausameres mit ihm vor. Seine Schwingen pumpten noch kraftvoller und trugen sie rascher zum Gipfel. Schlächter! Teufel!, brüllte er voller Verzweiflung.
    Jael
wollte tief durchatmen, doch sie hatte das Gefühl, eine Riesenfaust
drücke ihr den Brustkorb zusammen. Hechelnd versuchte sie zu sprechen. Schneller, Windrush! Schneller! Der Drache gab keine Antwort, doch seine Schwingen peitschten die Luft.
Durch ihre Tränen hindurch spähte Jael auf den Gipfel. Highwing!,
dachte sie. Ich verfluche euch alle – ich bin hier, Highwing!
    Sie
rauschten so geschwind und in so großer Höhe dahin, dass die Berge
unter ihnen auf die Größe von Pilzen zusammenschrumpften. Die Drachen,
die den Gipfel umkreisten, befanden sich nun direkt vor ihnen und zu
beiden Seiten. Doch Jael schenkte ihnen kaum

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