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Im Informationszeitalter

Im Informationszeitalter

Titel: Im Informationszeitalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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mich bereits zu jener Zeit der Gedanke, wie man Essen vor solchen Übergriffen schützen konnte. Ich erwähne dies nicht nur als reine Spielerei, da es neben Entführungen oder Morddrohungen an Entführten z.B. in Deutschland immer öfter zu Versuchen kommt, Millionenbeträge unter Androhung der Vergiftung von Lebensmitteln (Mayonnaise, Gewürze, Säfte u.ä.) in Supermärkten zu erpressen. Winzig kleine Gegenstände, die einen lauten Alarm hervorrufen, wenn jemand versucht, aus dem Laden irgendein Kleidungsstück fortzutragen, sind bereits seit vielen Jahren im Einsatz, jedoch ist es problematisch, auch schon diese alarmierenden Elemente zu den “prä-intelligenten Molekülen” zu zählen.
    Es sind mittlerweile auch Ketten im Gebrauch, die von einem Verurteilten nicht entfernt werden können. Der Ort, wo er sich gerade befindet, ist immer im Polizeicomputer sichtbar. Die menschliche technoethische Erfindungsgabe muss mit der menschlichen Gemeinheit kämpfen, weil es sonst keine Lösung gibt. Nichtsdestotrotz kann man bereits heute die ersten Ansätze, die einzelnen “Fühlhörner” der unter Bewachung, Aufsicht und Fürsorge einer Unmenge von Computern stehenden Welt beobachten. Zur Zeit steht keine “Computerkratie” bevor, also eine über den Politikern stehende Regierungsmaschine (machine a gouverner), die der Dominikaner Pater Dubarle 1948 in “Le Monde” aus der Wienerschen Kybernetik als Möglichkeit abgeleitet hatte. Auch gibt es noch nicht die Nanoknirpse von Drexler, die sich überall der Beschäftigung widmen, Gutes zu tun.
    Aber warten wir ab. Intel beschäftigt sich bereits mit der Herstellung von Chipprototypen, die 100 Mal kleiner als die kleinsten heute sind und mit einer 1000 Mal größeren Bitkapazität ausgestattet sind. Die Rechenleistung soll einer sprunghaften Steigerung unterliegen, die aus Deep Blue so etwas wie einen Roller gegenüber einem Formel-1-Auto machen würde. Darüber hinaus wurde die Macht von Bill Gates bereits von einigen Konsortien gefährdet. Es geht darum, dass Gates wollte, dass ca. 40% der mit Computern ausgestatteten Haushalte und Firmen in den USA, die mittels Modems an das Netz angeschlossen sind, auf die Computer verzichten. Sie stellen den kostspieligsten Teil dar, der zum Surfen im Netz erforderlich ist. Jeder würde bei sich lediglich eine Tastatur und ein Modem haben. Zu Computern und Betriebsprogrammen würde er im Netz den Zugang erhalten.
    Der Gedanke ist folgender: Nicht jeder besitzt ein eigenes Kraftwerk, da es reicht, einen Anschluss an das Stromnetz zu haben. Ich habe gerade ein eigenes kleines Kraftwerk, d.h. ein Stromaggregat im Garten, weil das Krakauer Kraftwerk ziemlich unzuverlässig ist. Und wenn man sehr viele Geräte hat, die mit elektrischer Energie betrieben werden, ist ein stromerzeugendes Gerät notwendig. Bei mir ist der Grund, dass viele ausländische Fernsehteams zu mir nach Hause kommen, um Interviews zu machen, und manchmal der Strom plötzlich “weg” ist. Also nach diesem Prinzip wollte Bill Gates die Nutzung des
    Netzes verbilligen. Es wurde jedoch mit einer in der Durchführung noch billigeren Idee gekontert. Nach Bill ist immer noch ein Monitor erforderlich, aber seine Konkurrenten meinten: Nicht unbedingt! Mehr als 60% der Haushalte in den USA verfügen über Fernsehgeräte, deren Bildschirme zu Internetmonitoren werden sollen, und statt einer Tastatur reicht eine kleine Konsole mit ein paar Knöpfen. Auf dem Fernsehbildschirm werden Links für Programme gezeigt (Banken, Reisebüros usw.) und der Nutzer wird mit einer billigen Maus das anklicken, was er braucht. Man würde möglicherweise ein Modem kaufen oder es nur ausleihen    müssen. Der
    Kostenunterschied betrüge gut einige hundert Dollar. Diese Schlachten auf dem Markt der elektronischen Dienstleistungen lassen mich allerdings kalt: Ich weiß, dass auch mein Computer rasch veraltet sein wird, weil der innovative Trend gegenwärtig so schnell ist. Auf jedem Fall denke ich, dass man die Sprossen der Ethikosphäre bereits verfolgen kann.
    Wieso wage ich, die außengesteuerten Geschwindigkeitsbegrenzer (das    sind die
    administrativen Gebote der Straßenverkehrstechnik), die Waffenschmuggel-“Vereitler”    (Sicherheits
    eingänge) an Flughäfen oder die “Fahrtverhinderer” der betrunkenen Autofahrer als die bahnbrechenden Anfänge der “Ethikosphäre” vorzustellen? Weil wir von immer mehr Geräten umgeben sind, die uns überwachen und die die

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