Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Informationszeitalter

Im Informationszeitalter

Titel: Im Informationszeitalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
Vom Netzwerk:
Mühe und Geld kosten wird und vor allem Fertigkeiten verlangt, die man noch nicht hat. Deswegen geht diese Welle der technischen Entwicklung jetzt nicht in Richtung der Künstlichen Intelligenz, sondern in die der technologischen Verbindungen, also hin zu Netzen. Das ist billiger und bringt dem Kapital mehr Erträge ein.
    Aus den technischen Verbindungen heraus entsteht aber jetzt doch ein neuer Ansatz. Man versucht, mit neuronalen Netzen und eher unter der Perspektive der Modellierung eines Insekts, nicht mehr unter der der
    höchsten menschlichen Leistungen Roboter zu entwickeln, die durch Lernen, also von unten nach oben, dann allmählich Intelligenz erwerben sollen. Stanislaw Lem: Das rein Ökonomische reguliert die Entwicklung. Was einen hohen Preis hat, ist nicht besonders beliebt, zumal wenn es nicht sofort erhebliche Profite abwirft. Früher gab es natürlich auch Idealisten. Der Graf Zeppelin war ein solcher. Oder die Gebrüder Wright dachten mit ihrem ersten Flugzeug nicht in erster Linie daran, viel Geld zu verdienen. Aber wenn die Herstellung von Flugzeugen in die Massenproduktion geht, dann erhalten die Kosten ein enormes Gewicht. In der biologischen Evolution ist das ganz genauso. Einer der Hauptfaktoren ist beispielsweise die Schwerkraft. Vor 60 Millionen Jahren haben die Dinosaurier gelebt, die bis zu 100 Tonnen gewogen haben. Aber diese Entwicklung hat sich nicht gelohnt. Man mußte natürlich für diese Entwicklung nichts zahlen, doch die natürliche Kontingenz, der Rahmen, in dem sich diese Evolution vollzieht, ist durch die irdischen Umstände, durch die Schwerkraft, die Atmosphäre usw., vorgegeben. Ähnliche Faktoren kann man auch in der technischen Evolution bemerken. Es wird das gemacht, was dem Menschen, aber zugleich, was dem großen und kleinen Kapital dient. Man kann keine Dinge produzieren, die niemand braucht.
    Andererseits ist es in der technischen Entwicklung doch oft so, daß man etwas für einen bestimmten Zweck herstellt, während es sich später oft herausstellt, daß dieser Zweck ganz nebensächlich ist. Es entstehen meist Folgen, an die man überhaupt nicht gedacht hat. Dadurch verändern sich Technologien, aber auch die Welt, in der sie wirken.
    Stanislaw Lem: Der Unterschied liegt darin, daß die Menschen denken, während die biologische Evolution dies nicht tut. Und doch ist immer zu bemerken, daß man im voraus niemals weiß, was sich aus den Anfangsstadien später entwickeln wird. Zwei Millionen Jahre vor unserer Gegenwart konnte niemals jemand voraussagen, daß aus dem homo habilis in Südafrika der homo sapiens entstehen und unsere Erde beherrschen wird. Als man die ersten Versuche machte, Computer miteinander zu verbinden, wußte man noch nicht, daß ein Netz entstehen würde. Es gibt gewisse tiefe Ähnlichkeiten zwischen diesen beiden Evolutionsformen.
    Das Kennzeichen von beiden wäre doch ihre Unsteuerbarkeit und ihre Unvorhersehbarkeit? Es handelt sich um ein Spiel, das einen gewissen, aber vermutlich nicht vorher ausmeßbaren Möglichkeitsraum ausschöpft, der sich mit jeder weiteren Entwicklung verändert.
    Stanislaw Lem: Die Technoevolution kann man ebenso wenig steuern wie die biologische. Wir können die biologische Evolution zumindest jetzt noch nicht steuern. Aber das könnte durch die Gentechnologie noch kommen. Wir stehen am Anfang einer Epoche, vor der mir ein bißchen graut.
    Es gibt nicht nur die Gentechnologie, sondern auch Entwicklungen in der Neurotechnologie und überhaupt in der medizinischen Technik, so daß man den Menschen immer mehr mit Prothesen ergänzen, in ihn immer mehr Maschinen einbauen kann, ihn also zu einem Cyborg machen kann. Vielleicht wird man auch, wovon Hans Moravec immer gern erzählt, das kognitive System des Menschen auf eine andere Hardware speichern und dort laufen lassen können.
    Davon haben Sie ja auch schon früh in Ihren Dialogen gehandelt. Wenn man diese ganze Entwicklung im Bereich der Computer- und Biotechnologien ansieht, die Hand in Hand gehen, dann geht es offenbar um einen Umbau des Menschen, vielleicht auch um eine Restrukturierung der Ökosphäre. Genau dies könnte es möglich werden lassen, ein Leben außerhalb der Erde und ihrer Bedingungen zu führen.
    Stanislaw Lem: Das ist schon möglich, aber meines Erachtens ist dies wirklich nicht wünschenswert. Der Mensch eignet sich nur zum Leben auf der irdischen Oberfläche. Solange man sich nicht auf dem Mond befand, konnte man sich noch vorstellen, daß es dort

Weitere Kostenlose Bücher