Im Informationszeitalter
des transzendentiellen Faktors als kulturstabilisierendem Element hinauslaufen. Die beiden Aspekte Transzendenz und Kultur werden in 7.2. (Transzendenz und Kultur) und 7. 3. (Kulturkritik durch Geschichte, Zukunft und fiktive Welten) gesondert und in 7. 4. (Zwei Mahner) im
Zusammenhang und in bezug zu den analysierten Werken untersucht. Dabei ergeben sich bei aller Verschiedenheit der Autoren Berührungspunkte, die im einzelnen herausgearbeitet werden, so vor allem im Moment der literarischen Umsetzung philosophischer Ideen, in einer umfassenden Zivilisationskritik und (damit verbunden) einer Suche nach Transzendenz als kulturstabilisierendem Faktor. Es muß zugegeben werden, daß die ausgewählten Autoren mit ihren anspruchvollen Ansätzen eher die Ausnahme als die Regel unter den SF-Autoren darstellen; Lem 4 ist bemüht, losgelöst von der Geschichte die Grenzen der Gattung zu sprengen, um so den Bereich des Erfahrbaren, die Perspektive zu erweitern. Amery dagegen ist mehr an einer neuen Fokussierung historischer Ereignisse gelegen. Eine Durchleuchtung seiner wissenschaftsorientierten Methode des “Was wäre gewesen, wenn..” wurde in 2.2. versucht. Künstlerische Aspekte in Sprache und Stil werden jeweils in den Punkten 3.1., 4.1, 5.1. und 5.2. im Bezug zu den einzelnen Werken, schließlich vergleichend in
7.1. angesprochen werden. In den verschiedenen Ansätzen zur Abstraktion ihres “Engagements” zeigen sich große programmatische Divergenzen der beiden Schriftsteller, die dann in der Aussage zum Teil konvergieren:
> in der Kritik an bestehenden Zuständen kulturellen “Mismanagements”; zur Herausarbeitung dieses Punktes wurden besonders Amerys “ Der Untergang der Stadt Passau ” und Lems “ Der Futurologische Kongreß ” zum Vergleich ausgewählt,
> für die Suche nach absoluten Werten 5 und Transzendenz, aber auch für Kritik an Wertverfall und -mißbrauch werden vor allem die “ Kyberiade ” Lems und “Das Königsprojekt ” Amerys vergleichend herangezogen.
Diese Unterscheidung kann nicht mit voller Konsequenz beibehalten werden, da sich in jedem Werk mehrere verschiedene Aspekte belegen lassen.
1.1. Grundlegende Ideen
Genauer betrachtet ist das Verfassen einer Zukunftsgeschichte ein unmögliches Unterfangen. Erzählen lassen sich nur “vergangene” Geschichten, deren Umrisse sich durch den Rückblick auf bereits Erfahrenes formen. In der SF-Geschichte muß sich der Erzähler meistens an eine Zukunft “erinnern”, die logischerweise niemals stattgefunden haben kann 6 . Somit präsentiert sich dem Leser von Anfang an eine paradoxe Erzählsituation, die er geneigt sein muß, hinzunehmen, wenn er ein Buch dieser Gattung aufschlägt. “… der Erzähler und sein Publikum müßten eigentlich Zeitgenossen der Romanhelden sein, um sich über deren Taten verständigen zu können.” (Jehmlich/Lück 1974, S. 22) Sie sind es jedoch in den seltensten Fällen. Dennoch ist das Interesse vorhanden, an einer Zukunft teilzuhaben, die noch nicht die eigene ist, die es durchaus sein könnte, die aber auch völlig verschieden sein kann.
Aus der vorausgesetzten Bereitschaft, sich auf die “Spielregeln” der Erzählung einzulassen, ohne das Erzählte sogleich mit Empörung als Absurdität von sich zu weisen, löst sich die Irrationalität der Erzählsituation. Hier zeigt sich am deutlichsten die Verwandtschaft der SF mit dem Märchen: niemand würde sich bei der Lektüre eines Märchens über eine Gans aufregen, die goldene Eier legt. Im Unterschied zum Märchen muß in einer SF - Erzählung wenigstens angedeutet werden, warum denn eine Gans goldene Eier legt 8 . Für die Begründung darf die SF als Kunstgriff sogar falsche Hypothesen verwenden, nur muß die Erklärung letztlich akzeptabel sein, um der Gattung gerecht zu werden.
Anhänger der SF wie Robert A. Heinlein 7 und Darko Suvin, der mit Lem “Contributing Editor” der “Science Fiction Studies” (vgl. 1. 2.) ist, sehen in der SF eine Möglichkeit, über die Grenzen der realistischen Literatur hinauszugehen. Sie gehen sogar so weit, SF letzterer als angemessener Ausdruck der gegenwärtigen Stituation und ihrer Entwicklung überzuordnen.
Tatsächlich ergeben sich für die “realistische” Literatur Probleme aus dem Zwiespalt, auf eine allegorische Darstellung der Wirklichkeit zu verzichten, auf der anderen Seite aber für die “Wahrhaftigkeit des Individuellen” einzutreten und über den psychologischen
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