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Im Informationszeitalter

Im Informationszeitalter

Titel: Im Informationszeitalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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    Und sing am Grab mir lineare Lieder!” (Kyberiade, S. 57)
    In Beispielen wie diesen scheint es, als provoziere Lem eine Situation, um seiner Spielfreude mit Sprache Ausdruck zu verleihen. Den Anspruch, die Kunst über die Welt zu erheben 31 hat diese Art der Dichtung allerdings nicht mehr. Die Maschine gewinnt jedes Dichterduell mit den lebenden Dichtern (ein Paradoxon, wenn man bedenkt, daß diese ja auch Maschinen sind); diese beginnen sich gewaltsam gegen den Elektrobarden zu verbünden, die Situation eskaliert. Trurl demontiert ihn daraufhin und transportiert ihn zu einem fernen Asteroiden. Dort allerdings stört er die Raumfahrt, indem er Raumschiffe mit Lyrik vom Kurs abbringt. Das Problem scheint erst gelöst, als ein Herrscher aus einer fernen Galaxis die Dichtermaschine aufkaufen will; bald darauf hört man von Supernovae in dieser Galaxis, aber diese werden in den Bereich der Sagen verdrängt. Obwohl man sich bewußt ist, wie gefährlich der Elektrobarde sein kann, will man sich nun mit den Konsequenzen nicht auseinandersetzen. Die Maschine wird in den Bereich der Sage verdrängt; niemand übernimmt die Verantwortung für sie.
    Das Bemühen der Roboter um die Schaffung von Werten verliert sich immer wieder in der Sinnlosigkeit; es scheint, als ob sich Lem über die Idee des Kleistschen Marionettentheaters lustig machen möchte, denn die verlorene Unschuld des Menschen findet sich nicht einmal mehr in den Puppen wieder. “Daß diese humanisierten Automaten die Neigung haben, sich ihren Erbauern in völliger Mimikry anzugleichen … macht sie zum Objekt satirischer Betrachtung” urteilt Werner Berthel (Berthel 1976, S. 209., Nachwort). Wie im “ Sandmann ” E.T.A. Hoffmanns ist es der Blick des Betrachters, der die Puppen beseelt - obwohl diese “Puppen” dem Menschen augenscheinlich überlegen sind 32 . Dennoch haben sie den Effekt der Komik, nicht wie bei Hoffmann den des Unheimlichen.
    Nach eigenen Angaben ist für Lem nicht das Leben an sich ein Wert, sondern das Bewußtsein. Lebendigkeit wird von ihm im Hinblick auf eine mögliche technische Evolution neu definiert 33 . “Artificial intelligence, when refined, would quite clearly be imbued with a capacity for independent thinking, action and response to man.” (Ziegfeld 1985, S. 85)
    Im nächsten Kapitel soll die Verantwortlichkeit für die Schöpfung von Bewußtsein diskutiert werden. “Zentrales Thema seiner Kyberiade ist der Nachweis, daß eine Technik und eine Literatur, die der Technik nacheifern zum Scheitern verurteilt sind, sofern sie nicht von humanistischen Prinzipien und Werten getragen werden.” (Rothfork in: Berthel 1981, S. 78) Die Zusammenfassung Rothforks bleibt allerdings nur an der Oberfläche, denn das “sofern” bedingt ja eine positive Lösung der aufgezeigten Probleme. Gerade in der letzten Fabel wird deutlich, daß alle Versuche, positive Werte in einer beständigen Form zu schaffen, an sich schon ein logischer Fehler sind. Lem selbst ist nicht bereit, dies widerspruchslos hinzunehmen.
    4.3. “Experimenta Felicitologica”:    Trurl und
    Klapauzius als ohnmächtige “Götter”
    In der vierzehnten Fabel “ Altruizin oder der wahre Bericht darüber, wie der Eremit Bonhomius das universelle Glück im Kosmos schaffen wollte und was dabei herauskam ” wird mit der Einführung des elektrischen Missionars Bonhomius die Verbindung von Roboterbewußtsein und Transzendenz direkt angeschnitten: es gibt eine “Robotergläubigkeit”, auch wenn nicht ausgeführt wird, wie sie sich gestaltet. Sie konzentriert sich vor allem auf die Suche nach dem absolut Guten (vgl.: Kyberiade, S. 280) und verzichtet wie fernöstliche Religionen auf ein Jenseits.
    In der Fabel suchen Bonhomius und Klapauzius die MASTEN (Wesen auf der MAximalen STufe der ENtwicklung) um Rat auf; obwohl perfekt und allmächtig zeichnen sie sich vor allem durch Kommunikationsfaulheit und allgemeine Passivität aus. Von Klapauzius als Computersimulation zur Antwort bewegt, geben sie zu, sich mit der “Felizitologie”, der absoluten Beglückung bereits beschäftigt zu haben und zwei Arten von ihr unterscheiden: die revolutionäre und die evolutionäre. Die revolutionäre Beglückung hätte dabei oft mehr Opfer gekostet als ein Krieg und die evolutionäre beruhe eben darauf, die Kulturen ihren eigenen Weg suchen zu lassen:
    “Individuen kann man nicht und Gesellschaften darf man nicht glücklich machen, denn jede Gesellschaft muß ihren eigenen

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