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Im Informationszeitalter

Im Informationszeitalter

Titel: Im Informationszeitalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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überwundene Grenzen, dennoch ist es nicht möglich, den Sinn für die eigene Existenz empirisch zu belegen. Die Betonung liegt also auf der Deutung, die ins Abstrakte entwächst.
    “Ja, Lem denkt viel kosmischer als ich, der geht hinaus, zum Beispiel in Solaris’. Ich halte mich an die Pfarrei, was vielleicht ein bißchen bayrisch ist.” (Amery-Interview 1995, S. 14). Amery bemerkt zu Lem, daß dieser planetarische Alternativen ganz anderer Art organisiert als er. Seine “Pfarrei” ist die Geschichte dieses Planeten, so daß der Beschreibung, der genauen Analyse viel mehr Gewicht zukommt, als bei Lem. Dementsprechend ist die Deutung auch viel stärker interessengeleitet. Amery geht es nicht um das Spiel mit abstrakten Ideen.
    Die Probleme, um deren Diskussion Lem bemüht ist, setzen sich aus zwei Klassen zusammen:    ”    -
    Immanente Probleme der internen Logik, der Geschlossenheit des theoretischen Konzepts, ihrer Vereinbarkeit mit unserem Stand der Erkenntnis von Naturgesetzen.” (Henning 1983, S. 26). In seiner Belletristik neigt Lem dazu, diese erste Klasse von Problemen als gelöst zu betrachten, um sich gleich der zweiten zuzuwenden: “- Fragen, die die technischnaturwissenschaftliche Entwicklung transzendieren, z. B. ethisch-moralischen Charakters. Die entworfene Situation dient dann nur als Vehikel … “ (Henning 1983, ebd.) In diesem Zusammenhang kommt es Lem vor allem auf die Aufdeckung der Probleme an, weniger auf die Abschätzung der Wahrscheinlichkeit zukünftiger Entwicklungen wie im diskursiven Werk. Die Funktionalisierung der Phantastik, die Lem Kafka “vorwirft”, zieht sich schließlich durch sein eigenes Gesamtwerk; auch wenn Prognostik 26  und Phantastik bei Lems Texten im Fokus stehen, so repräsentieren sich in ihnen philosophische Modelle, die ein Teil der bereits bestehenden Welt sind (in dem Moment, da sie gedacht wurden, sind sie zumindest ein Teil der Gegenwart). Lem steckt sowohl für sich als auch für andere Schriftsteller die Ziele der SF-Literatur zu hoch, indem er eine Meta-Literatur schaffen möchte, die den Rahmen des nur-literarischen schon wieder verläßt. Die Existenz des “erzählerischen Novums”, das Suvin als notwendige Bedingung für SF ansieht (vgl. 2. 1. 2.), kann sehr zu Lasten der Verständlichkeit ausfallen 27 .
    Lems hauptsächliche Suche ist ausgerichtet auf eine neue Perspektive, der er sich durch neuartige literarische Experimente zu nähern sucht. “New form is always the artist’s source of hope, because innovative form is the vehicle for fresh insight into eternal human puzzles.” (Ziegfeld 1985, S. 89.) Wie Amery hat auch Lem erkannt, daß eine neue utopische Literatur nicht nur mit der soziologischen Perspektive agieren kann. Die Welt ist zusammengerückt, sowohl faktisch durch die Transportwege, als auch über die Medien. Deswegen muß sie als Ganzes betrachtet werden. Als Konsequenz der Komplexität der Aufgabe bevorzugt Lem die Uneigentlichkeit der Darstellung, die es ihm erlaubt, nicht mit den eigenen Ansprüchen der Wissenschaftlichkeit zu kollidieren.
    “Ironie und Unernst bestimmen dagegen eine zweite, reicher bestückte Hauptlinie, die etwas später, 1957, von der älteren abzuzweigen beginnt. Sie reicht von den Sterntagebüchern über die Robotermärchen, die Kyberiade, die Erzählungen vom Pilot Pirx und die Jagd zum Futurologischen Kongreß von 1971.” (Lachat in: Berthel 1981, S. 45)
    Die beiden in dieser Arbeit besprochenen Werke markieren den Anfangs- und Endpunkt einer Schaffensphase Lems, in der er sich besonders mit dem Uneigentlichen beschäftigt hat. Lachat verweist zu recht darauf, daß Lems Ratio sich in dieser Phase klarer und reiner ausdrückte, als im unvermittelten Ernst anderer Werke, der dem Leser “ziemlich romantisch angekränkelt erscheint.” (Lachat in: Berthel
    1981, S. 45).
    Darko Suvin dagegen interpretiert Lems Experimente an den Grenzen des Erfahrbaren positiv: zunächst muß der Mensch seine Begrenztheit feststellen; ist der Mensch dann in der Lage, seine Grenzen zu akzeptieren, so ist er auch fähig, sich zu einer “höheren Existenz” aufzuschwingen (vgl. Ziegfeld, 1985, S. 53). Diese Deutung ändert allerdings nichts daran, daß auch
    Lem den ersten Teil dieses Zwei-Stufen-Plans nicht überwinden kann.
    Sowohl Amery als auch Lem stützen ihre Theorien auf das wissenschaftliche Moment in der SF. Dabei gehen beide von verschiedenen Wissenschaften aus: Amerys Basis sind Theologie,

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