Im Informationszeitalter
sind auf der Skala der Anthropogenese nicht sehr alt. Weitere Forschungen der Archäologen werden uns darüber noch viel sagen können.
Der Stand der Dinge war also folgender: Wenn wir ein augenscheinliches und naives MODELL benutzen, daß es eine mit den Sinnen direkt wahrnehmbare Wirklichkeit, beispielsweise einen Fluß oder einen Vulkan, gab, dann haben die Urmenschen “über” oder “um” diese Wirklichkeit herum einen “ metaphysischen Dunst” “gelegt”, der sich im Laufe der Zeit in etwas “Heiliges” verwandelt hat. Zuerst gab es angeblich der Animismus, und jede Quelle oder jeder Vulkan hatte einen eigenen “Geist” oder “Gott”. Die “Dünste” der protokulturellen Metaphysik verwandelten sich jedoch sehr langsam in Götter, ähnlich wie etwa die über Jahrtausende entstandene Volkskunst langsam erstarrt. Später begannen sich die Dünste zu konzentrieren, so daß sich aus ihnen der Politheismus und schließlich auch der Monotheismus entwickelt hat.
Über etwas Selbstverständliches kann man immer zweierlei Meinung sein. Entweder ist man “Platonist” und sagt, daß es die Transzendenz (nach meiner Terminologie also die “Dünste”) zwar schon immer gab, aber daß die Menschen für sie noch nicht reif gewesen sind. Erst mit zunehmendem Alter scilicet wurden sie “klüger” und lernten das “Heilige” wahrzunehmen oder entdeckten, was es schon gab, als sie noch nicht auf der Welt existierten. Oder man kann der Meinung sein, daß die Menschen nicht das Heilige entdeckt, sondern es sich nur ausgedacht haben. Obwohl es Hunderte von Glaubensformen gab und gibt, erfolgte die Trennung zwischen dem Sacrum und dem Profanum in allen Glaubensformen auf ähnliche Weise. Abweichungen entstanden eher lokal durch die Bildung von Tabus, durch die Unterscheidung nach geschlechtlichen Werten und Geboten und ähnlichen Dingen. Aber die Zweiteilung gab es grundsätzlich überall.
Das ist so wie bei der Mathematik. Manche meinen, daß wir mathematische Welten entdecken, da sie bereits vor ihrer Darstellung existiert haben und es lediglich die Mathematiker als ihre Entdecker noch nicht gab. Das ist die Ansicht der Platoniker. Andere, z.B. die Schule der Konstruktivisten, verkünden, daß wir selbst, die Menschen, die Mathematik erfinden und ausbauen. Ich will hier keineswegs in den Streit, wer bezüglich der Mathematik und der Transzendenz Recht hat, eingreifen - nicht weil ich keine eigene Meinung hätte, sondern weil das von meiner Meinung völlig unabhängig ist. Ob die Transzendenz gegeben war oder ob sie ausgedacht worden ist - die Entscheidung für die Richtigkeit irgendeiner der Parteien ist für meine Gewißheit unerheblich, daß wir nicht imstande sind, die Emergenz der menschlichen Kultur zu simulieren. Wie könnte man diese “Zweiteilung” in ein Computerprogramm hineinbringen? Allein schon das, was nur individuell-voluntativ oder intentional ist, läßt sich nicht erfolgreich simulieren. Der Computer will “nichts”, und wir können es nicht schaffen, daß er “programmatisch” selbst etwas sich wünschen, begehren oder wollen könnte. Selbstverständlich kann man IMITATIONEN des “Wollens” herstellen, aber das gleicht der Annahme, daß ein authentisches lebendiges Weib und eines aus Holz das gleiche sei…
Der Gang der Anthropogenese
Es geht insbesondere um ein heute nicht lösbares Phänomen: Ist JEDE kosmische Kultur zur Bifurkation (Profanum-Sacrum) verurteilt oder ist das nur ein lokales irdisches Phänomen? Vielleicht entstand sie, weil schon der Urmensch seiner Sterblichkeit nicht freiwillig zustimmen wollte oder weil sich die natürliche Evolution gerade so in ihren
Geschwindigkeiten als Anthropogenese vollzog. Aus dem “Gang” dieser Anthropogenese selbst ergab sich die Eigenschaft aller Werkzeuge, die sich nicht systematisch in “Urmaterialismen” einordnen lassen. Vielleicht ergab sich auch daraus die Überwindung des Gödelschen Hinterhalts, und die Kluft des mehrsymbolisches Charakters JEDER menschlichen Sprache trieb gewissermaßen zum “Glauben an die Dünste der Metaphysik”. Wie es “wirklich” war, ob lediglich der Monophyletismus diese Entwicklung verursachte, wissen wir nicht. Und wie kann man das simulieren, wovon wir nichts wissen und keine Ahnung haben? Deswegen würden wir mit größtem Eifer höchstens irgendeine “emergente kulturelle” Entsprechung eines Marionettentheaters schaffen, bei dem man Bewegungen und Leben von außen mittels der
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