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Im Informationszeitalter

Im Informationszeitalter

Titel: Im Informationszeitalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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irgendwelchen Nischen, an die sie adaptiert ist. Und jetzt sollen in ihr Verbote und Gebote heranwachsen. Ein Teil dieses Triebverhaltens muß einer nicht angeborenen hundertprozentigen Hemmung und Anregung unterworfen sein, der andere Teil KANN dem Überleben ILLUSORISCH dienen, wie es z.B. bei den Azteken war, die lebendigen Jugendlichen das Herz aus der Brust herausgerissen haben, damit das Himmelsgewölbe nicht einstürzt. Die Opferhandlung oder, häßlicher gesagt, die Meinung, daß die Gottheiten, die die Welt beschützen, korrupt sind, ist universell für wahrscheinlich jede Religion und nimmt nur bei den einzelnen Religionen eine unterschiedliche inhaltliche und liturgische Form an. Jeder Glaube wirkt sich mehr oder weniger stark im Bereich der Ethik und der Moral aus, aber nicht jeder Glaube verspricht transzendentale Vorteile aus den mit ihm übereinstimmenden    und    bevorzugten
    Verhaltensweisen. Wie man das oder andere derartige Funktionen in der ENTSTEHUNG DER KULTUR simulieren könnte, weiß ich nicht.
    Bei der Lektüre der Abhandlungen der Amerikaner kann ich wegen deren pragmatischer Naivität gegenüber dem kapitalistischen Markt aus dem Staunen nicht herauskommen. Es geht mir nicht darum, daß ihr Vorhaben empirisch noch nicht durchführbar ist, sondern lediglich darum, daß sie sich an die Erzeugung eines Ozeans aus Pfefferminztee machen und glauben, daß sie durch die “Simulation der Kulturemergenz” die wissenschaftliche Empirie fortsetzen und bestärken werden. Das ist eine schädliche Albernheit, vor allem in diesem ausgehenden Jahrhundert der Verwirrung der Sprachen, des Verstandes und der Köpfe, und gleicht den Flügen von Peter Pan auf dem Bügelbrett, als ob es ein Superflugzeug des 21. Jahrhunderts wäre. Wie man sieht, wächst die Dummheit universell, und in diesem Jahrhundert wurde deren Wachstum nicht vermindert. Ich würde eher sagen, daß solche Metastasen in die nahe Zukunft den Optimismus der Erkenntnis nicht zufrieden stellen können
    Artificial Servility
    Stanislaw Lem 08.10.1997
    Eine wirkliche künstliche Intelligenz muss auch lügen und böse sein können
    Wenn Stanislaw Lem von Artificial Servility anstatt von Artificial Intelligence spricht, dann meint er, daß es trotz allem Gerede bislang nirgendwo nur eine Spur von Intelligenz gibt. Computer sind Sklaven, und ihnen ist alles egal. Wäre das nicht so, dann würden wir manches blaue Wunder erleben.
    Was bedeutet Artificial Servility ? Diesen Begriff gibt es erst, seitdem ich ihn hier geprägt habe. Wörtlich übersetzt hieße er “künstliche Sklaverei”, und er bezieht sich auf alles, wozu die sich heute auf der ganzen Welt so verbreitenden elektronischen Geräte zur Verarbeitung, Betätigung, Speicherung und last but not least zur Übertragung von Information fähig sind.
    Warum “Sklaverei”? Weil es in dieser ganzen Industrie (die den verschiedenen Microsofts Milliarden bringt), in dem ganzen Computergedränge, in allen Generationen der Hard- und Software, in Modems und Server keine Spur von Verstand gibt. Es gibt kein bißchen an Intelligenz. Sie arbeiten wie Sklaven: auf Befehl. Sie können in die Paradiese der “sexuellen Wollust” und in die “Tarpejische Hölle” führen. Sie unterscheiden nicht den Mumpitz (“junk mail”) von einer so unerhört bedeutsamen Information wie z.B. der Gleichung E=mc2. In ihrer gehorsamen Versklavung ist ihnen alles völlig “egal”. Diese könnte man wahrscheinlich keinem Menschen, vielleicht aber einem Tier beibringen, das nach der Regel der bedingten und sogar der unbedingten Reflexe, die es ja auch gibt, reagiert. Vielleicht sagt jemand hier: “Na und? Ist das schlecht? Ist eine solche grenzenlose Unterwerfung unter unsere Bedürfnisse, Cordoba zu besichtigen oder dechiffrierten Fragmente der Knotenschrift “Kipu” anzusehen, ist so eine durch nichts begrenzte Gehorsamkeit aller Computer sowie deren Anschlüsse, Netze, Modems, Drucker und Systeme der Versendung der “elektronischen Post” schlecht? Ziehen wir daraus nicht einen großen Nutzen, den man nicht nur daran erkennen kann, daß diese Unterwerfung der Industrie der Verarbeitung und Übertragung von beliebigen Informationen große Gewinne bringt, sondern auch, daß sie uns bei der Sammlung, beim Ordnen, Schreiben oder Drucken, bei der Visualisierung von Informationen hilft und daß sie zuverlässig ist - bis irgendein Mensch, der sich von einer typisch menschlichen Boshaftigkeit inspirieren

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