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Im Informationszeitalter

Im Informationszeitalter

Titel: Im Informationszeitalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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läßt, auf diese weltweite Ordnung “giftige” Viren zu schicken beginnt, die als Mikroprogramme sofort (wie ein ins Ziel treffendes Geschoß) oder mit einer beliebig geplanten und eingestellten Verspätung (wie eine Sprengladung mit einem auf den “richtigen Augenblick” eingestellten Zündsatz) Daten zerstören oder alle Daten auf der Festplatte einer “informatischen Säuberung” unterziehen können?
    Das Böse fügen die Menschen den anderen Menschen zu. Sie können also auch, und oft mögen sie das, nicht nur Sprengbomben, sondern auch “logische Bomben” mit oder ohne Adresse versenden oder legen. Elektronische Umsetzer, elektronische “Erreger” oder elektronische Medien können hingegen “von selbst” nichts machen. Sie können in dem Ausmaß “nichts”, daß ein gewöhnliches Huhn, sogar ein blindes, das “auch einmal ein Korn findet”, einem Computer der letzten Generation gegenüber ein Einstein ist. Versuchen Sie einmal diesen Unterschied zu erkennen, indem Sie einmal ein Huhn und einmal einen Computer mit einem Hammer bedrohen. Der Computer macht keinen Mucks, bis Sie ihn zerquetschen, das Huhn wird dagegen mindestens zu fliehen versuchen. Wir haben uns bereits an diesen sklavischen Gehorsam, an diese Unfehlbarkeit der Computer und Netze (mit Ausnahme der “Verstopfungen” oder “Staus”, die lediglich durch einen die Übertragungskapazität der elektronischen Verbindungen überschreitenden Informationsüberfluß entstehen) so gewöhnt, daß wir diesen Zustand immer noch als normal, erwünscht und selbstverständlich betrachten - allerdings mit einer, dafür um so größeren Ausnahme.
    Wir stoßen darauf, wenn wir erkennen, daß es die von uns geschaffene “artificial intelligence” nicht gibt, daß sich die Kommunikationstechnik und das “data processing” seit fünfzig Jahren am AI-Problem abrackert und daß bisher daraus nichts Nützliches entstanden ist - außer sehr primitiven Aktionen der Programme, die zum Beispiel verschiedene geometrische Körper und Farben unterscheiden oder auch, aber wiederum ohne eigene Initiative, verschiedene Objekten bewegen und sie aufstellen können (so wie wir es wollen). Das ist ganz klar keine Intelligenz. Es ist nicht nur keine menschliche, sondern nicht einmal eine Hundeintelligenz. Man wird jedoch entgegnen: Aber wir haben Wissensspeicher und Expertenprogramme, wir haben Datenmassen zur Selektion, die es z.B. den Geologen ermöglichen, die Stellen zu finden, an denen unter der Erde Öl vorkommen soll, oder wir haben Datenmassen zur Auswahl (auch Daten von Nachforschungen), mit denen man den heuristischen Weg der alternativen Verzweigungen gehen kann, um einem Kranken die Diagnose zu stellen, um eine optimale Therapie zu
    zeigen und so weiter. Wir haben ganze Systeme, die die “Produktionsroboter” etwa für die Herstellung von Fahrzeugen, Raketen oder auch Bomben steuern können. Wir haben das, und diese Entwicklung geht weiter, aber wo kann in dieser Fortschrittsbewegung eine Spur des Verstandes, der intelligenten Inspiration, der “schöpferischen Eingebung” erscheinen? Wir haben genug gelernt, um sie umzugehen und sie zu ersetzen, denn man kann    Simulations-    und
    Optimierungsprogramme und    Programme,    die
    “virtuelle Realität” erschaffen, einsetzen. Doch leider sind das Effekte unserer Umgehungen der “Intelligenz” und der schöpferischen “Imagination” - das sind Substitute.
    All das ähnelt der Intelligenz des Verdauungssystems, das zuerst die “Lebensmittel verschlingt”, sie “schluckt” und “verdaut”, und auf diese “intelligente” Weise Energie für den Körper und die organischen Verbindungen gewinnt, die für die Lebenserhaltung unentbehrlich    sind. Der    ganze
    energetisch und chemisch abgewertete “Rest” wird hingegen als Exkrement ausgeschieden. Etwas ähnliches können bereits die leblosen Geräte in der Welt der Elektronik, die durch menschliche Klugheit bezwungen wurde, aber es ist doch niemand der Meinung, daß der Verzehr und die Verdauung eines Koteletts den Nachweis für die Intelligenz der Zähne, des Speichels, Magens und Darmes darstellt.
    Die einzige Antwort auf die so dargestellte Abwesenheit von Intelligenz, die von lebendigen Gehirnen in die Maschinen verlegt wird, auf das gänzliche Fehlen auch nur einer Spur der Vergeistigung von Maschinen (nicht “Deus ex machina”, sondern bestenfalls “Animus ex machina”) lautet wie folgt:
    Es gibt auch nicht

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