Im Informationszeitalter
was bedeutet, daß jeder größerer Körper durch die Gravitationstide der Erdkugel zerrissen wird. Es lohnt sich schon gar nicht zu erwähnen, daß von einer “Kompatibilität” der Computer von einem Planeten eines außerirdischen Sternbildes mit irdischen Computern, auch wenn es sich um eine neue Generation handeln sollte, keine Rede sein kann. Ich kann schon eher Gespräche mit einer Kuh oder einer Giraffe ohne die Vermittlung von Computern für wahrscheinlich halten.
Die Filmemacher ziehen uns, wie man umgangssprachlich sagt, über den Tisch. Ich erwähne das deswegen, weil es die menschliche Intelligenz deswegen gibt, damit wir die Wahrheit kennenlernen können, was übrigens notwendigerweise bedeutet, daß die Intelligenz auch Fehler begehen, daß sie lügen oder auch betrogen werden kann: auf eine andere Weise kann man das nicht machen. Die Intelligenz ist ein Produkt, das in der natürlichen Evolution entsteht, auf der Erde auf den Sprossen der “Fortschrittsleiter” bis zur sprachschöpferischen Ebene emporgestiegen und auch fähig ist, Mathematik hervorzubringen. Dann entstehen Gegensatzunterscheidungen zwischen Wahrheit und Falschheit, es entwickelt sich die Logik, das Königreich der neuen, übertierischen Freiheit, aber es entstehen auch übertierische Vorurteile, Aberglauben, Mythen, Unsinn, mit der Astrologie und Scientology oder einem anderen Sektierertum als Höhepunkt.
Zu höheren Intelligenzquotienten kann man auch durch die Gene gelangen, aber man kann sich auch davon entfernen - bis zum sogenannten geistigen Kretinismus, bis zum völlig Schwachsinnigen. Das sind Nebenwirkungen der Intelligenzentwicklung, und ich denke nicht, daß die Unfehlbarkeit der Computer als unveränderliche Eigenschaft auch die Künstliche Intelligenz begleiten kann. Die Welt kann ohne jede natürliche oder künstliche Intelligenz existieren. Deswegen sollte man sich wirklich bewußtmachen, daß dieser außergewöhnliche Reichtum an verschiedenen und immer wieder neuen, dem breiten Publikum angepriesenen und angebotenen Server-Provider-Computer-Software-Disk-Ausrüstungen vor allem den ständigem Wettlauf nach Gewinn darstellt, der durch den Verkauf dessen entsteht, was heute noch als das Perfekte präsentiert wird, morgen aber schon durch etwas Neues und angeblich Besseres ersetzt wird. Das ist beispielsweise auch der Grund für die fortschreitende Mikrominiaturisierung und für den “Nanonisierungstrend” bei den Prozessoren.
Ich möchte jedoch nicht technisch argumentieren. Der Gewinndrang wird sicherlich vom Bedürfnis nach dem Erwerb materieller Vorteile ausgelöst. Die menschliche Intelligenz stellt jedoch immer noch keine außermenschliche (“unmenschliche” würde für uns schon schlecht klingen) Intelligenz her. Die Intelligenz, die Vernunft, der Verstand, der Scharfsinn oder die Weisheit sind potentiell ausgezeichnete und gleichzeitig gefährliche Entitäten. Soviel und nicht weniger wollte ich sagen.
Geschrieben im November 1996
Stanislaw Lem 12.03.1998
Totale Überwachung oder Anarchie?
Ich will hier kurz einige kritische Anmerkungen zu einem Artikel des beim französischen Centre National de Recherche Scientifique (CNRS) arbeitenden Forschers Philip Breton machen, der in einer der letzten Ausgaben der populärwissenschaftlichen Monatsschrift
SCIENCE ET VIE unter dem Titel “Die Kommunikation zwischen Gut und Böse” veröffentlicht wurde.
Dieser Wissenschaftler zeigt zunächst rein technologische Trends auf, die heute in der Entwicklung der Netz- und Computertechnik anzutreffen sind. Er beruft sich, wie ich früher, auf den Dominikaner Dominik Dubarle und seinen Artikel über “Die Wienersche Maschine zum Regieren eines Staates” aus dem Jahre 1948 in Le Monde) und stellt einerseits Maschinen zur Datenverarbeitung vor, deren “elektronischer Urgroßvater” vor einem halben Jahrhundert ENIAC war (also immer schnellere Computer, die ihre Daten “terabytisch” zerkauen), sowie andererseits Mikrocomputer, die teilweise von Laptops abstammen, gegenwärtig aber so in ihrer “lokalen Anwesenheit” reduziert werden, daß dem Benutzer eigentlich fast nur noch die Tastatur bleibt. Die Arbeitsleistung wird dagegen einem Computernetz mit “elektroneuronalen” Knoten (die Server, die Prozessoren, die Betriebssysteme zum Downloaden etc.) übertragen. So sieht also das “Informations-Extrem” aus: entweder riesige
Maschinen, die sich auf zentralistische Weisen der Daten und ihrer
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