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Im Innern des Wals

Im Innern des Wals

Titel: Im Innern des Wals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Orwell
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Furcht, der Tyrannei und der Verordnung. Wenn ich in einer Zeit wie der unseren zum Leben »Ja« sage, ist dies ein Ja zu
    Konzentrationslagern, Gummiknüppeln, zu Hitler und Stalin, Bomben, Flugzeugen, Konserven, Maschinengewehren,
    Putschen, Säuberungen, Slogans, Gasmasken, Unterseebooten, Spionen, Provokateuren, Pressezensur, Bedaux-Gürteln,
    geheimen Gefängnissen, Aspirin, Hollywood-Filmen und
    politischen Morden. Natürlich nicht nur zu alldem, aber zu alldem unter anderem. Und im großen und ganzen ist das Henry Millers Einstellung. Nicht immer, denn momentweise finden
    sich auch bei ihm Anzeichen für eine ganz normale Sehnsucht nach Vergangenem. Im ersten Teil von Schwarzer Frühling gibt es einen Abschnitt, der stilistisch als eine der
    bemerkenswertesten literarischen Leistungen der letzten Jahre angesehen werden muß, in dem das Mittelalter verherrlicht wird.
    Es zeigt eine Einstellung, die von der Chestertons nicht sehr verschieden ist. Max and the White Phagocytes1 enthält einen Angriff auf die moderne Zivilisation Amerikas (Cornflakes, Cellophan etc.) unter dem üblichen Gesichtspunkt des Literaten, dem die Industriegesellschaft verhaßt ist. Aber ganz allgemein gesprochen bedeutet diese Einstellung: »Schlucken wir alles hinunter.« Und von daher kommt die scheinbar ausschließliche Beschäftigung mit obszönen Vorgängen und der schmutzigen
    Unterseite des Lebens. Das ist nur scheinbar, denn es ist die Wahrheit, daß das Leben, das gewöhnliche Alltagsleben,
    weitaus schrecklicher ist, als Romanschreiber im allgemeinen
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    zugeben wollen.
    Whitman selbst »bejahte« viel von dem, was seine
    Zeitgenossen lieber mit Schweigen übergingen. Er besang
    nämlich nicht nur die Prärie, er wanderte auch durch die Städte und sah den zerschmetterten Schädel des Selbstmörders, die
    »grauen kranken Gesichter von Onanisten« etc. etc. Dennoch ist die heutige Zeit, 1 ersch. 1935. jedenfalls in Westeuropa, fraglos weniger gesund und weniger hoffnungsfreudig als jene. Im
    Gegensatz zu ihr leben wir in einer schrumpfenden Welt. Die
    »demokratischen Ausblicke« haben ihr Ende hinter Stacheldraht gefunden. Das Gefühl von Schöpfung und Wachstum hat
    nachgelassen, die end los schaukelnde Wiege soviel an
    Bedeutung verloren, wie die endlos dampfende Teekanne
    gewonnen hat. Die Zivilisation zu bejahen, so wie sie ist, heißt logischerweise den Verfall bejahen. Die allgemeine Einstellung ist nicht mehr aktiv, sie ist passiv geworden - sogar »dekadent«, wenn dieses Wort überhaupt etwas besagt.
    Aber gerade weil Miller in gewissem Sinne Erlebnissen
    passiv gegenübersteht, ist er zugleich fähig, dem einfachen Mann näherzukommen, als es den meisten engagierten
    Schreibern gelingt. Denn auch der einfache Mann ist passiv.
    Innerhalb eines kleinen Kreises (Familienleben und vielleicht noch die Gewerkschaft oder Kommunalpolitik) fühlt er sich als Herr seines Geschicks, aber größeren Ereignissen gegenüber ist er ebenso hilflos wie gegenüber Naturgewalten. Weit entfernt von jeder Anstrengung, Einfluß auf die Zukunft zu nehmen, läßt er sich fallen und alles über sich ergehen. Im Lauf der letzten zehn Jahre hat sich die Literatur in immer stärkerem Maße der Politik zugewandt, mit der Folge, daß heute für den einfachen Mann weniger Raum bleibt als je in den letzten zweihundert Jahren. Man kann die Veränderung in der vorherrschenden
    literarischen Haltung deutlich feststellen. Wenn man die Bücher, die den Spanischen Bürgerkrieg behandeln, mit den Büchern
    über den Ersten Weltkrieg vergleicht, so fällt bei ihnen,
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    wenigstens bei den englischsprachigen, auf, wie entsetzlich langweilig und schlecht sie sind. Noch bezeichnender ist, daß sie fast alle, ob von rechts oder von links, von einem politischen Standpunkt aus geschrieben sind, von selbstsicheren
    Parteigängern, die einem erklären, was man zu denken hat,
    während die Bücher über den Ersten Weltkrieg von gemeinen
    Soldaten oder jüngeren Offizieren stammen, die nicht einmal vorgaben zu verstehen, was das Ganze zu bedeuten hatte.
    Bücher wie Im Westen nichts Neues, A Farewell to Arms, Death of a Hero, Good-Eye to All That, Memoirs of an Infantry Officer und A Subaltern on the Somme (von Erich Maria Remarque, ersch. 1929; In einem anderen Land von Hemingway, ersch.
    1929; Heldentot von Richard Aldington, ersch. 1929; Strich drunter von Roben Graves, ersch. 1929; Vom Krieg zum Frieden. Erinnerungen von Siegfried Sassoon, ersch. 1928)

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