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Im Innern des Wals

Im Innern des Wals

Titel: Im Innern des Wals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orwell George
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wandern und, wenn möglich, einen Teil des Weges per Anhalter. Ich glaube, wir versuchten es bei etwa vierzig Wagen, bevor uns einer mitnahm. Die Lkw-Fahrer nehmen heute kaum noch einen mit, da die Versicherung bei einem Unfall für Anhalter nichts zahlt und die Fahrer selbst entlassen werden. Der Fahrer, der uns mitgenommen hatte, setzte uns etwa zwei Meilen vor dem Asyl ab, wo wir um acht Uhr abends ankamen. Draußen begegneten wir einem alten tauben Landstreicher, der in den strömenden Regen hinauswanderte, da er bereits die letzte Nacht in dem Heim geschlafen hatte und eine Woche hätte drinbleiben müssen, wenn er jetzt wieder zurückging. Er erzählte uns, daß es in der Farm von Biest, in der Nähe, wahrscheinlich Arbeit gäbe und daß man uns frühmorgens aus dem Asyl entlassen würde, wenn wir sagten, wir hätten bereits Arbeit gefunden. Sonst müßten wir den ganzen Tag bleiben oder »über die Mauer«, das heißt, heimlich verschwinden, wenn der Vorsteher gerade nicht hinsah. Landstreicher tun das oft, aber dann müssen sie ihre Sachen draußen versteckt haben, was wir bei dem Regen nicht konnten.
    Wir gingen hinein, und ich fand, daß (wenn West Mailing typisch ist) Asyle erheblich besser geworden sind, seit ich zum letztenmal in einem war (Nein. Wenn sich etwas geändert hat, dann zum schlechteren). Der Waschraum war sauber und ordentlich, wir bekamen tatsächlich jeder ein reines Handtuch. Das Essen bestand allerdings aus dem üblichen alten Brot und Margarine, und der Vorsteher wurde ärgerlich, als wir ihn ganz harmlos fragten, ob das Getränk vor uns Tee oder Kakao sei. Die Betten hatten Strohmatratzen und mehrere Bettücher, und wir schliefen wie erschlagen sofort ein.
    Am Morgen wurde uns erklärt, daß wir bis elf Uhr arbeiten müßten, und zwar einen der Schlafsäle schrubben. Wie üblich war das reine Formsache. (Ich habe nie auch nur einen Finger in einem Asyl gerührt und auch nie jemanden getroffen, der es getan hätte.) Der Schlafsaal war ein Raum mit fünfzig Betten, eins dicht neben dem andern, mit dem warmen Abortgeruch, den man in einem solchen Haus nicht los wird. Ein Schwachsinniger war da, ein Hüne von über 200 Pfund, mit winzigem Spitzmausgesicht, das immerzu lachte. Seine Arbeit bestand darin, die Nachttöpfe auszuleeren, und er verrichtete das sehr langsam. Diese Häuser scheinen alle gleich zu sein. Sie haben etwas Ekelhaftes an sich. Bei dem Gedanken an all die grauen Gesichter alternder Männer, die ihren stillen, beschaulichen Lebensabend in dieser Klosettatmosphäre verbringen und fast immer homosexuell tätig sind, wird mir übel. Es ist schwer erklärbar, was ich meine, weil alles mit dem Geruch in diesen Asylen zusammenhängt.
    Um elf Uhr morgens konnten wir heraus, mit dem üblichen Kanten Brot und Käse, und wir wanderten zu der Farm von Biest, die etwa drei Meilen entfernt lag, bei der wir aber erst um ein Uhr ankamen, weil wir unterwegs Pause machten und eine Menge Pflaumen pflückten. Trotzdem hatten wir Glück, der Vorarbeiter sagte uns, er benötige Pflücker und schickte uns sofort zu einem der Felder. Wir hatten jetzt nur noch etwa 3p., noch am gleichen Abend schrieb ich nach Hause, sie sollten mir 10s. schicken, die zwei Tage später eintrafen. Bis dahin hätten wir praktisch nichts zu essen gehabt, wenn uns die andern Pflücker nicht etwas abgegeben hätten.
    2. bis 19. September
    Hopfen werden in Reihen, ein bis zwei Yard voneinander entfernt, an zehn Fuß hohen Stangen oder an Drähten gezogen. Alles, was der Pflücker zu tun hat, ist die Hopfenreben herunterzubiegen und sie in einen Korb zu streifen, möglichst ohne Blätter. In der Praxis ist das natürlich unmöglich, und erfahrene Pflücker vergrößern im Gegenteil die Menge der abgeernteten Hopfen, indem sie soviel Blätter dazwischenmischen, wie es sich der Farmer gefallen läßt. Man bekommt den Dreh sehr schnell heraus, und die einzigen Unannehmlichkeiten sind das lange Stehen (wir waren jeden Tag durchschnittlich zehn Stunden auf den Beinen), die Pflanzenläuse und die Verfärbung der Hände; diese werden durch den Hopfensaft schwarz wie Negerhände und nur durch Schlamm wieder sauber (oder, sonderbarerweise, durch Hopfensaft).
    Nach ein oder zwei Tagen springen die Hände auf, die Haut ist von den rauhen Reben zerschnitten. In der Frühe, ehe sich die Risse in der Haut wieder geöffnet haben, leidet man Höllenqualen, und ich habe selbst jetzt, da ich dieses hier auf der Maschine schreibe (10.

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