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Im Innern des Wals

Im Innern des Wals

Titel: Im Innern des Wals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orwell George
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Oktober), noch immer die Spuren der Arbeit. Die meisten Hopfenpflücker sind seit ihrer Kindheit jedes Jahr dabei, und das Pflücken geht ihnen blitzschnell von der Hand. Sie kennen jeden Kniff, wie zum Beispiel die Reben zu schütteln, damit sie locker über dem Korb liegen etc. etc. Am besten arbeiten Familien, die aus zwei oder drei Erwachsenen bestehen, die die Reben abstreifen, und mehreren Kindern, die dann die herabgefallenen Hopfen aufsammeln und die leeren Stengel beseitigen. Die gesetzlichen Vorschriften über Kinderarbeit werden überhaupt nicht beachtet, im Gegenteil, viele treiben ihre Kinder rücksichtslos an. Eine Frau, die neben uns arbeitete, eine vom alten Schlag aus East End, behandelte ihre Enkel geradezu wie Sklaven. »Los, Rose, du faules, kleines Aas, beeil dich beim Sammeln, ich hau dir den Arsch voll, wenn ich rüberkomme!« etc. etc. Die sechs- bis zehnjährigen Kinder waren oft so erschöpft, daß sie umfielen und einschliefen. Trotzdem taten sie die Arbeit gern, und ich glaube nicht, daß sie ihnen mehr schadete als die Schule.
    Der Bezahlung liegt folgendes System zugrunde: zwei- oder dreimal täglich werden die Hopfen abgemessen, und man bekommt eine bestimmte Summe (in unserm Fall 2p.) für jeden Scheffel, den man gepflückt hat. Eine gute Rebe gibt etwa einen halben Scheffel her, und ein guter Pflücker kann eine Rebe in etwa zehn Minuten abstreifen, so daß einer rein rechnerisch 30s. in einer Sechzig-Stunden-Woche verdient. In der Praxis dagegen ist das völlig unmöglich. Zunächst sind die Hopfen ganz verschieden. Auf manchen Reben sind sie so groß wie kleine Birnen und auf andern kaum größer als Erbsen, und die schlechten sind sehr viel zeitraubender als die guten, schon weil sie sich enger umeinander winden. Manchmal liefern erst fünf oder sechs genug, um einen Scheffel voll zu machen. Dazu kommen alle möglichen Unterbrechungen, wobei die Pflücker für die verlorene Zeit natürlich nicht entschädigt werden. Oft regnet es (wenn es stark regnet, werden die Hopfen so schlüpfrig, daß man sie nicht abstreifen kann). Wenn man von einem Feld auf das andere überwechselt, gehen jeden Tag ein bis zwei Stunden verloren. An erster Stelle steht jedoch das Abmessen. Hopfen sind weich wie Schwämme, und wer sie abmißt, kann, wenn er will, einen Scheffel leicht auf ein Viertel zusammendrücken. An manchen Tagen schüttet er sie nur um, aber ein andermal, auf Anordnung des Aufsehers, »nimmt er es genau« und quetscht sie so zusammen, daß statt der zwanzig Scheffel in einem vollen Korb nur zwölf bis vierzehn herauskommen, das heißt, etwa 1s. weniger. Darüber gab es sogar einen Song, den die Alte aus East End und ihre Enkelkinder immer zu singen pflegten:
    Our lousy hops!
    Our lousy hops!
    When the measurer he comes round,
    Pick’em up, pick’em up off the ground!
    When he cornes to measure
    He never knows where to stop;
    Ay, ay get in the bin
    And take the fucking lot!
    [Unsere lausigen Hopfen! Unsere lausigen Hopfen! Wenn der Mann mit dem Maß kommt, heb sie auf, heb sie auf, vom Boden! Wenn er mit dem Maß kommt, kann er nie genug bekommen; he, he, tu sie in den Kasten und nimm deinen Scheißanteil!]
    Aus dem Behälter werden die Hopfen in zehn Scheffelsäcke umgefüllt, die hundert Pfund fassen und normalerweise von einem Mann fortgetragen werden sollen, gewöhnlich gehören jedoch zwei dazu, um einen so vollen Sack zu heben, besonders wenn der Aufseher sie sehr voll gestopft hat.
    Bei all diesen Schwierigkeiten kommt man nicht einmal annähernd auf 30s. pro Woche. Sonderbarerweise sind sich nur wenige Pflücker darüber klar, wie wenig sie verdienen, weil das Stücklohn-System die niedrige Bezahlung verschleiert. Die tüchtigsten Pflücker in unserer Gruppe waren eine Zigeunerfamilie von fünf Erwachsenen und einem Kind, die selbstverständlich, seit sie laufen konnte, jedes Jahr in den Hopfenfeldern gearbeitet hatten. In etwas weniger als drei Wochen hatten sie zusammen genau zehn Pfund verdient, das heißt ohne das Kind jeder etwa 14s. in der Woche. Ginger und ich hatten etwa 9s. die Woche verdient, und ich bezweifle, ob ein einzelner Pflücker über 15s. hinauskommt. Eine Familie, die sich in die Hände arbeitet, kann unter diesen Bedingungen gerade ihren Unterhalt und die Rückfahrt nach London bezahlen, während es für einen einzelnen Pflücker nicht einmal dazu langt. Auf manchen Farmen in der Umgebung rechnete man nicht, wie bei uns, sechs sondern erst acht oder neun

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