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Im Interesse der Nation

Im Interesse der Nation

Titel: Im Interesse der Nation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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braucht, können wir euch die aus humanitären Gründen geben, aber dann müßt ihr das Gelände verlassen.«
    Sein Gegenüber sah aus, als würde er vor Erstaunen gleich umfallen. Doch Karl-Erik Järn beschloß, eine feste Haltung zu bewahren. Es gab keinerlei Zweifel, was in dieser Situation richtig und was falsch war.
    »Wenn das so ist«, sagte Carl leise, »dann fürchte ich, mich etwas deutlicher ausdrücken zu müssen. Ich spreche jetzt zu dir als Oberstleutnant der schwedischen Streitkräfte und als sonst nichts. Mein Gast ist ein sowjetischer Marineoffizier. Er ist zu uns übergelaufen. Er hat für uns unschätzbare Informationen mitgebracht. Was ich jetzt sage, berührt die Sicherheit des Reiches, verstanden?«
    »Ja, das habe ich verstanden. Doch es ändert nichts daran, daß wir die UNO sind. Wir sind weder dem Oberbefehlshaber noch dem Generalstab unterstellt, sondern der UNO. Es ist strikt gegen die UNO-Bestimmungen, im Interesse einer einzelnen Nation zu handeln. In dieser Hinsicht gibt es zahlreiche ausführliche Bestimmungen, die ich wohl nicht vorzutragen brauche.«
    Der Oberstleutnant legte ein Bein über das andere und zupfte eine Uniformfalte zurecht. Dieser Bursche vom OP 5 hatte jetzt etwas Stoff zum Nachdenken bekommen.
    »Ich habe beim Hereinfahren hier Funkmasten gesehen. Habt ihr Verbindung mit dem Generalstab?« fragte Carl ruhig. Er war zu dem Schluß gekommen, daß es sinnlos wäre, sich aufzuregen.
    »Mit dem Außenministerium und der Informationsabteilung des Generalstabs, ja.«
    »Den Antennen nach zu schließen Kurzwelle und Telex?«
    »Ja, Kurzwelle und Telex.«
    »Ihr habt natürlich eigene Funker?«
    »Ja, selbstverständlich.«
    »Dann habe ich einen Vorschlag. Gib mir zwanzig Minuten, damit ich eine Zahlenreihe komponieren kann. Übermittle die an den Generalstab und warte die Antwort ab. Bis dahin können wir uns ja aus humanitären Gründen hier ein wenig ausruhen. Können wir das so machen?«
    Der Bataillonschef dachte nach. Es lag natürlich kein Grund vor, eine Kommunikation mit dem Generalstab zu verhindern.
    »Ja«, sagte er. »Soll ich in zwanzig Minuten einen Funker herschicken, der den Code abholen kann? Allerdings übermitteln wir nie verschlüsselte Nachrichten. Von hier geht alles im Klartext raus.«
    »Schon möglich, aber im Augenblick wäre das wohl nicht sehr passend«, sagte Carl mit einem feinen Lächeln. »Und du sollst auch keinen Funker herschicken, du mußt schon herkommen und den Code selbst abholen, fürchte ich. Nein, versteh mich nicht falsch, ich will nicht unverschämt sein. Im Moment gibt es aber hier im Camp Victoria nur drei Personen, die von den beiden Schweden im Krankenrevier wissen, aber nur einer, nämlich du selbst, weiß davon, daß einer von uns Russe ist und daß ich dem OP 5 unterstellt bin. Können wir also so verfahren?«
    Karl-Erik Järn nickte bestätigend, stand auf und trat in das grelle Sonnenlicht hinaus. Flugzeugentführung? dachte er. Was denn für eine Flugzeugentführung? Die Entführer niedergekämpft ?
    Er schüttelte den Kopf und ging mit zögernden Schritten in sein Büro zurück, um mit den Festvorbereitungen fortzufahren, als wäre nichts geschehen.
    Unterdessen wühlte Carl in seiner weinroten Tasche nach einem geeigneten Codeschlüssel und setzte sich dann hin, um eine ebenso kurze wie deutliche Mitteilung zu Papier zu bringen. Er war gerade fertig, als der Bataillonschef anklopfte, ohne einen Ton den Zettel mit der Meldung an sich nahm und damit zu seinem Funker ging.
    Carl schüttelte langsam den Kopf. Seine Landsleute erstaunten ihn immer wieder. Beim GRU hätten sie sich vor Lachen gebogen, wenn sie diese Szenen hätten mitansehen können.
    Eigentlich hatten die Russen momentan kaum etwas zu lachen. Den Funkverkehr zwischen der AF 129 und dem Tower in Larnaka hatten sie ohne Zweifel aufgefangen. Folglich saßen sie jetzt da und überlegten, wie man ein bewaffnetes UN-Bataillon auf einer Mittelmeerinsel attackieren sollte, die zudem Standort einer der wichtigsten Militärbasen Großbritanniens war. Dieses Problem mußte sie ganz schön ins Schwitzen bringen. Die Möglichkeit, daß ein schwedischer Bataillonschef überlegte, sowohl den Russen wie einen Geheimdienstoffizier des eigenen Landes vor die Tür zu setzen, würden sie nie ins Kalkül ziehen.
    »Kann ich sprechen?« fragte der Russe.
    »Aber ja, natürlich. Ich glaube nicht, daß wir hier abgehört werden«, erwiderte Carl mit einem plötzlichen Anflug

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