Im Interesse der Nation
auszubrechen. Nach kurzem Zögern fiel der Russe ein.
»Fabelhaft, einfach fabelhaft«, prustete Carl und wischte sich erneut die Tränen aus den Augen. »Jetzt weiß ich endlich, was es heißt, vom Regen in die Traufe zu geraten! Vom GRU befreit!«
»War das ein plötzlicher Einfall, oder haben Sie etwas im Schilde geführt, was ich noch nicht durchschaut habe?« wollte der Russe wissen.
»Es war eher so etwas wie ein Irrtum«, erwiderte Carl nachdenklich.
»Ich habe ganz einfach falsch gedacht. Ich war selbst so darauf eingestellt, daß es GRU-Leute waren, daß ich es einfach behauptete, um die Burschen zu verwirren. Er hatte ja eine Handgranate in der Hand, wie Sie wissen, und ich konnte ja…«
»Nicht wissen, ob sie scharf gemacht war oder nicht!«
»Genau. Aber wenn ich den Kerl durcheinanderbrachte, und er Anstalten machte, die Handgranate fallen zu lassen, mußte ich ja davon ausgehen, daß sie nicht scharf gemacht war. Ich war darauf eingestellt, in dem Augenblick das Feuer zu eröffnen. Aber dann ließ der Dummkopf die Handgranate fallen, und ich wollte erst in Deckung gehen wie alle anderen. Aber dann ging mir auf, daß ich damit nicht weit kommen würde«, erklärte Carl mit einem schiefen Lächeln.
»Wenn der Entführer aber tatsächlich so verblüfft und so dumm gewesen ist, dem Befehl zu gehorchen, obwohl die Handgranate scharf gemacht worden war?«
»Das hätte schon sein können, aber ich habe trotzdem falsch gedacht. Ich bin davon ausgegangen, daß die Entführer vom GRU waren, aber das waren sie natürlich nicht. Ich glaube sogar, daß ihnen nicht mal bewußt war, daß sie für das GRU arbeiteten. Kein Wunder also, daß dieser Verrückte mit der Handgranate baff war!«
»Nein, wirklich nicht. Sie sind wirklich kein Schwede«, lächelte der Vizeadmiral.
»Wieso?« fragte Carl mit einer Mischung aus Entrüstung und Neugier.
»Ihr operatives Muster ist mir aus dem, was die Schweden sonst tun, nicht bekannt, junger Mann. Ich muß allerdings zugeben, daß ich auch nicht mit Sicherheit hätte sagen können, daß Sie in unser Muster passen, als ich für einen Moment glaubte, Sie könnten einer von uns sein. Sie sind jedenfalls ein sehr fähiger Offizier. Natürlich in Sektion OP 5?«
»Ja, natürlich, Sir. Doch mehr als das kann ich Ihnen nicht sagen.«
»Sie arbeiten beim Alten?«
Die absolut präzise Frage, die zudem den hausinternen Spitznamen des langjährigen Chefs der geheimsten Sektion des schwedischen Nachrichtendiensts enthielt, des Mannes, der die Idee gehabt hatte, Carl zu dem zu machen, was er jetzt war, machte ihn sprachlos. Er brachte keine Antwort heraus.
»Seien Sie bloß nicht so erstaunt, junger Herr Korvettenkapitän. Unter uns beiden ist die Frage, was ein militärisches Geheimnis ist oder nicht, eine ziemlich philosophische, wie mir scheint. Der Alte ist ein guter Mann, aber ein bißchen altmodisch, finden Sie nicht auch?«
»Sie wissen offenbar recht viel über uns, Sir«, erwiderte Carl gemessen.
»Ja, mein lieber junger Herr Korvettenkapitän, aber das ist ja auch mein Job gewesen. Diese verschlüsselte Nachricht, die Sie da abgeschickt haben, wird übrigens aufgeschnappt und dechiffriert werden.«
»Das glaube ich nicht«, entgegnete Carl eingeschnappt. »Man wird sie registrieren, natürlich, genauso wie den Funkverkehr zwischen der Maschine und dem Flughafen hier in Larnaka. Doch mit dem Entschlüsseln werden sich Ihre Leute schwertun. Mein Code ist nämlich viel zu privat und zu primitiv und weicht allzusehr von den gewohnten schwedischen Mustern ab.«
Der Russe nickte nachdenklich und sagte halb zu sich selbst, sie beide hätten gut zusammenarbeiten können. Leute wie Carl wären auch zu Hause nicht alle Tage zu finden.
Bei diesem Gedanken wurde Carl schwindelig.
»Wir arbeiten doch schon einigermaßen zusammen«, bemerkte er kurz und beherrscht, um seine Bestürzung zu verbergen.
»Wie lange werden wir hier wohl warten müssen? Was meinen Sie, Herr Korvettenkapitän?« fragte der Russe nach einer langen Pause.
»Ich weiß nicht«, erwiderte Carl etwas unsicher. »Im besten Fall nur ein paar Stunden. Im schlimmsten Fall mehr als vierundzwanzig Stunden.«
»Innerhalb von vierundzwanzig Stunden sind unsere Leute hier.«
»Ja, Sir. Das mag stimmen, doch bei allem Respekt vor Ihren Landsleuten - ich habe vor der Kompetenz der Sowjetunion in manchen Dingen wirklich tiefen Respekt -, so leicht wird es ihnen auch nicht fallen. Was hätten Sie selbst gegen ein
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