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Im Interesse der Nation

Im Interesse der Nation

Titel: Im Interesse der Nation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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erneuter Müdigkeit.
    »Setzen Sie mich ins Bild, junger Herr Korvettenkapitän. Was geschieht? Wo befinden wir uns? Was wird als nächstes passieren?«
    »Tja«, sagte Carl. »Eine der Fragen läßt sich nicht so leicht beantworten, im übrigen gilt folgendes. Wir befinden uns bei einer schwedischen UN-Truppe mit etwa zweihundert einigermaßen tauglichen Soldaten. Ich versuche, einen Direkttransport nach Schweden zu ermöglichen, aber es sind einige bürokratische Probleme entstanden. Gleichwohl befinden wir uns im Augenblick in Sicherheit.«
    »Aber das geht doch nur gut, bis die französische Maschine in Frankreich landet?« wandte Gennadij Alexandrowitsch ein.
    Schlaues Bürschchen, dachte Carl.
    »Ja, das stimmt, aber noch haben wir ein paar Stunden Zeit.«
    »Was für einen Code haben Sie übermittelt?«
    »An den schwedischen Generalstab. Damit will ich erreichen, daß man dem schwedischen Bataillonschef hier Beine macht. Im Augenblick können wir kaum mehr tun als warten. Haben Sie etwas dagegen, daß ich Ihnen ein paar Fragen stelle?«
    »Das kommt darauf an. Jede Art von Vernehmung muß warten, bis ich mich in Schweden befinde. So lautet unsere Absprache, und die müssen Sie respektieren«, erwiderte der Russe mit plötzlicher Kälte und in hartem Befehlston.
    »Schon gut, schon gut, ich weiß«, erwiderte Carl sacht. »Das respektiere ich natürlich, aber da ist etwas, was mich neugierig macht, und außerdem brauchen Sie gar nicht zu antworten, Herr Vizeadmiral. Ich möchte nur gern wissen, warum Sie statt der schwedischen nicht die amerikanische Botschaft gewählt haben. Ich nehme an, daß Sie letztlich doch in die USA wollen.«
    Der Russe legte die Stirn in ein paar tiefe Falten und antwortete dann mit tiefem Ernst: »Nach sorgfältiger Überlegung bin ich zu dem intelligenten Schluß gekommen, daß ich von der schwedischen Botschaft aus ruhiger und sicherer ins Ausland gelangen würde.«
    Er starrte den verblüfften Carl fast wütend an. Dann brach er plötzlich in heftiges Lachen aus. Nach einem Moment fiel Carl ein, und kurz darauf lachten beide wie hysterisch.
    Nachdem Carl sich die Tränen abgewischt hatte, sah er sich im Krankenrevier um, gelegentlich immer noch kichernd oder glucksend. Auf einer schwarzen Schiefertafel neben der Tür zu ihrem Zimmer hieß es, Doktor Settergren habe dienstfrei, Schwester Gunn habe dienstfrei und der Fahrer Östberg ebenfalls. Der Gesundheitszustand der Leute in Camp Victoria scheint ja vorzüglich zu sein, ein Glück, daß der Fahrer nicht irgendwo am Strand liegt und sich sonnt, dachte Carl.
    »Haben Sie etwas dagegen, daß ich Ihnen eine Frage stelle, junger Herr Korvettenkapitän?« fragte der Russe, den das Lachen ebenfalls noch ab und zu übermannte.
    »Nein, durchaus nicht, Sir. Bitte sehr.«
    »Aus welchem Grund haben Sie in der Maschine einen anderen Platz gewählt?«
    Carl überlegte eine Weile. Er war sich der Antwort nicht ganz sicher.
    »Ja…«, sagte er zögernd. »Wenn das GRU gegen alle Vermutung doch versuchen würde, einen Angriff in der Maschine zu starten, dachte ich mir, müßte es das Flugzeug entführen, um Sie dann irgendwo rauszuholen. Ich bin nicht davon ausgegangen, daß sie alle an Bord töten wollten. Habe ich nicht recht?«
    »Wahrscheinlich. Eine solche Operation wäre aus politischen Gründen wohl nicht genehmigt worden. Gut, weiter!«
    »Na ja, das eine ergibt das andere. Bei einem Entführungsversuch mußten sie auch Ihren Leibwächter unschädlich machen, also vermutlich den Mann, der neben Ihnen saß. Sie wollten sie dagegen nicht töten, sondern lebend nach Moskau bringen, nicht wahr?«
    »Ja, jedenfalls bis auf weiteres lebend«, lächelte der Russe. »Sie haben es also vorgezogen, daß sie an Ihrer Stelle einen unschuldigen Fluggast umbringen?«
    »Aufrichtig gesagt, ja. Finden Sie das seltsam, Sir?«
    »Njet, durchaus nicht. Aber sonderlich schwedisch finde ich es auch nicht. Überhaupt scheinen Sie mir sehr wenig von einem Schweden an sich zu haben, junger Herr Korvettenkapitän. Eine Zeitlang beschlichen mich ziemlich böse Gedanken.«
    »Aha, welcher Art denn, Sir?«
    »Als dieser letzte Entführer aus dem Cockpit kam und Sie sich plötzlich anhörten, als wären Sie einer von uns, als Sie sagten, Sie seien Offizier des GRU. Für einen Moment hielt ich es für wahr.«
    Carl starrte den Russen für den Bruchteil einer Sekunde aufmerksam an. Dann war es an ihm, in ein ebenso überraschendes wie übertrieben lautes Lachen

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