Im Interesse der Nation
Kampf gern stellen und sich wie die meisten anderen bei entsprechenden Konfrontationen freisprechen lassen. Na ja, das war nicht bei allen so gewesen, es gab ein paar Ausnahmen. Aber dann würde er immerhin zum Märtyrer werden.
Dann versuchte er die Angelegenheit als verantwortungsbewußter Staatsbürger, als Mann in leitender Stellung und Anhänger einer starken Landesverteidigung zu sehen.
Natürlich konnten die Empörung und die Drohung des Generalstabschefs ein reiner Bluff sein, um möglicherweise mit einem letzten desperaten Vorstoß peinliche Publizität zu vermeiden.
Doch wenn es sich nicht so verhielt? Wenn diese Spione tatsächlich keinerlei Verbindung zu der Mordgeschichte hatten und eine Zeitung sie trotz dieser Warnungen hochspielte, wenn das Blatt tatsächlich, wenn auch unabsichtlich, damit der Landesverteidigung schadete?
Der Chefredakteur brauchte zwanzig Minuten, um zu einem definitiven Beschluß zu gelangen, den er Reportern und Redaktionsleitung mitteilen konnte.
Wenn die Zeitung Beweise dafür erhalte, daß schwedisches Militärpersonal diese Maria-Dingsbums ermordet habe, werde man das ohne jeden Zweifel veröffentlichen. Unabhängig davon, wie unbequem diese Meldung den Behörden sein könne. Doch bis dahin werde das Blatt auf unbewiesene Behauptungen oder bloße Spekulationen aller Art verzichten.
Also keine weitere Publizität. Zumindest nicht zum jetzigen Zeitpunkt. Zumindest so lange nicht, wie keine Beweise vorlägen.
Es war ein diesiger Morgen und noch immer fast dunkel. Vermutlich war es die Feuchtigkeit, die Carls geliehenen Volvo zunächst streiken ließ. Für ein paar kurze Momente hatte er die panische Vision, sein Auftrag würde daran scheitern, daß ein morgensaures Auto den Dienst verweigerte.
Er war beschattet worden, dessen war er sich so gut wie sicher. Doch in dem schwachen Morgenverkehr draußen auf dem Nynäshamnsvägen glaubte er sie abgeschüttelt zu haben. Außerdem machte es gar nichts: sollten sie ihm ruhig bis vor die Tore der Marinebasis Berga folgen, denn dort wäre die Reise ohnehin zu Ende. Wenn sie daraus den fehlerhaften Schluß zogen, daß sich ihr Genosse Koskow dort befand, würden sie bei ihrer Planung ziemlich ins Schwitzen kommen. Was nur gut sein konnte.
Die Wache erwartete ihn schon, und ein Gefreiter fuhr ihm zum Parkplatz voraus, was völlig überflüssig war, da Carl den Weg nach der Beschreibung allein gefunden hätte. Als er zum Kofferraum ging, um seine Reisetaschen zu holen, sah er die drei länglichen Schatten draußen an den Piers. Die Türme zeichneten sich scharf vor dem heller werdenden Frühlingshimmel ab.
Carl schloß den Wagen ab und ging auf die U-Boote zu. Er entschied sich für die Pier, auf der die Besatzung zum Appell bereitstand. Carl war barhäuptig und trug Jeans, doch unter der Wildlederjacke trug er einen von Fregattenkapitän Lallerstedts entliehenen blauen Marinepullovern, mit wattierten Ellbogen und Schultern und einer Spange für Rangabzeichen. Zum erstenmal in seinem Leben war er einigermaßen als schwedischer Korvettenkapitän erkennbar.
Er begrüßte den Kommandanten und den Zweiten Offizier und wurde der Mannschaft als Lars Soundso vorgestellt, der während der Fahrt einige Messungen vornehmen solle. Während das morgendliche Ritual weiterging, blickte Carl verstohlen die Reihe der jungen Gesichter an. Es waren rund dreißig Mann, von denen fast die Hälfte Offiziere oder Unteroffiziere waren. Wegen der langen Ausbildungszeit hatte man an Bord von U-Booten offenbar nur wenige Wehrpflichtige. Die Männer sahen nüchtern, verschlafen, schwedisch, ordentlich und blauäugig aus, als stünde ihnen ein beliebiger Routineauftrag bevor. Ihr Atem dampfte wie Rauch. Soweit Carl informiert war, war die U-Boot-Flotte ständig damit beschäftigt, bei den verschiedensten U-Boot-Jagdübungen die Zielscheiben abzugeben, für das Wehrbeschaffungsamt Messungen durchzuführen, in allen möglichen Wassertiefen zu fahren, das Periskop mal mehr, mal weniger hoch auszufahren oder darüber, um Wellenbewegungen oder Radarkontakte messen und beobachten zu können. Von der Besatzung würde also niemand ahnen, was gerade an diesem Frühlingsmorgen bevorstand.
HMS Sjöbjörnen trug auf dem Turm in weißer Schrift eine lateinische Devise. Carl deutete den Text als etwas wie allzeit bereit, was gerade diesmal weniger wahrscheinlich zu sein schien.
Nach dem Appell helfen ihm zwei Besatzungsmitglieder, seine beiden Reisetaschen zu tragen.
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