Im Interesse der Nation
sich von der Männerlogik einfangen ließen und darauf verzichteten, überflüssige Fragen zu stellen. Irgend jemand sollte vielleicht sagen, der Kaiser sei nackt, oder vielmehr erklären, daß einige der Arrangements lächerlich wirkten. So hatte Carl sie beispielsweise losgeschickt, in einem Laden Lammkoteletts zu kaufen, in dem sie garantiert noch nie eingekauft hatte, und dann hatte er sie gebeten, braune Herrenschuhe der Größe 44 zu kaufen, drei oder vier Paar, die alle teuer sein mußten; falls vorhanden, am liebsten Krokodillederschuhe, hatte er gesagt. Trotzdem hatte sie ihm gehorcht, ohne sich zu widersetzen oder die Anordnungen in Frage zu stellen. Ebenso selbstverständlich war sie in die Küche gegangen, um auf seinen Befehl hin Gemüse anzurichten, und außerdem hatte er sie bei dieser Arbeit überwacht. Dann war er persönlich zum Barschrank der Botschaft gegangen, als wäre es das Selbstverständlichste von der Welt, und hatte ihm eine halbe Flasche russischen Wodka entnommen, die er auf Eis gelegt hatte.
Carl sah ihren forschenden, nachdenklichen Blick, konzentrierte sich aber darauf, das Essen fertig zu bekommen. Dann trug er ein Tablett mit Lammkoteletts, Gemüse und Wodka zu seinem Gast im Obergeschoß hinauf und kehrte dann auf den Rasen am Nil unter den großen Mangobaum zurück. Die Abenddämmerung brach an. Vier Vögel, die wie weiße Ibisse aussahen, glänzten weiß und rot in der Abendsonne.
In der Umgebung war alles still und ruhig. Carl setzte sich auf eins der blauen Seglerkissen und streckte sich nach der Mineralwasserflasche. Er goß so behutsam ein, als wäre es Wodka, und ließ eine Handvoll Eiswürfel folgen.
»Willst du nicht lieber ein Glas Rotwein? Ich kann diese Flasche doch nicht gut allein austrinken?« fühlte Eva Ekström vor.
»Nein, danke«, erwiderte Carl und ließ den Blick erneut in die Umgebung schweifen. »Ich trinke nicht. Jedenfalls nicht im Dienst.«
»Und das hier ist immer noch Dienst?«
»Ja, darauf kannst du Gift nehmen. Es ist das Wichtigste, was ich bisher in meinem Leben getan habe.«
»Bist du davon überzeugt?«
»Ja, davon bin ich überzeugt.«
»Kann es nicht sein, daß du dich irrst? Das soll ja sogar bei euch Militärs mal passieren?«
»Doch, natürlich, aber ich glaube es nicht.«
»Bist du jetzt bewaffnet?«
»Ja, wieso?«
»Ach, ich wollte es nur wissen. Ein scheußliches Gefühl.«
»Es wäre wohl noch scheußlicher, denke ich, wenn ich unbewaffnet wäre«, lächelte Carl.
»Agent 007, mit dem Recht zu töten?«
»Sei nicht albern, so was gibt es in Schweden nicht.«
Als das Gespräch erstarb, versank Carl in Gedanken. Er hatte nie an die Zahl gedacht. Er erinnerte sich an die Ereignisse, als hätte er sie auf Videoband, aber die Zahl hatte er sich nie vorgestellt. Es waren sieben Menschen. Oder acht, wenn man anders zählte; er hätte Monika retten können, es aber dennoch nicht getan. Oder acht plus zwölf Menschen, wenn man wieder anders rechnete; er hatte die GSG 9 an den richtigen Ort geführt, er hatte die Kampfgruppe gewissermaßen geleitet. Ein seltsamer Laut ließ ihn plötzlich zusammenzucken, und er erstickte mit Mühe den Impuls, seine Pistole zu ziehen.
Eva Ekström lachte auf.
»Das ist nur die Nachtschwalbe«, sagte sie. »Sie kommt immer um diese Zeit, und wir haben sie seit zwei Jahren hier.«
Carl lächelte verlegen. Eva Ekström beschloß, das Gespräch neu zu beleben. »Ihr glaubt also, der Russe wird euch alles erzählen, was ihr wissen wollt. Ist es das, was die Sache so wichtig macht?«
»Ja, es macht die Sache wichtiger, als ich es mir je habe vorstellen können. Du hast vermutlich auch keine Vorstellung davon.«
»Wenn ihr die Informationen habt, fahrt ihr von der Marine also raus auf die Ostsee und fangt Mini-U-Boote?«
»Ja, möglich wäre es schon, doch genau weiß ich es nicht.«
»Glaubst du, es gibt sie wirklich?«
»Was denn, die Mini-U-Boote?«
»Ja, oder was immer es sonst ist, was ihr in jeder Badebucht zu sehen glaubt, übrigens besonders im Sommer, wenn ihr Urlaub habt.«
»Danach mußt du den Oberbefehlshaber fragen.«
»Hast du keine eigene Meinung dazu?«
»Doch, natürlich. Aber wir unteren Dienstgrade haben nicht das Recht, darüber zu sprechen.«
»Hört sich wie eine Ausflucht an.«
»Möglicherweise.«
»Ich habe nie so recht daran geglaubt. Doch, einmal ist so ein U-Boot auf Grund gelaufen, aber das war wohl ein Versehen, wie immer man es dreht und wendet. Aber diese
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