Im Jahre Ragnarök
eingenommen. Gleich darauf verstummte der Lärm der Generatoren.
»Fühlen's sich wohl?«, erkundigte sich Pallasch besorgt.
»Voll und ganz«, log Tubber. Er biss die Zähne zusammen und stieg die Stufen des Podestes hinab, obwohl seine Beine sich weich und kraftlos anfühlten. Die Hand, die ihm Pallasch zur Hilfestellung entgegenstreckte, ignorierte er demonstrativ.
»Und ich möchte jetzt wissen, was Sie hier überhaupt machen!«
»Im Prinzip dasselbe, was Himmler auch macht«, antwortete Ecke. »Nur handeln wir in Eigenregie und in erheblich kleinerem Rahmen. Wir holen vor der Vernichtung stehende Kunstwerke aus der Vergangenheit und verkaufen sie an einen nichts ahnenden ausländischen Händler, der glaubt, wir hätten Zugriff auf während des Krieges angelegte Geheimdepots.«
Pallasch fuhr sich mit der Hand durch die ergrauenden blonden Haare und offenbarte damit seine Nervosität. Er sprach schnell und vernehmbar aufgeregt. »Wir konnten recht viel Geld ansammeln. Aber nun sind die Früchte unserer Arbeit in Gefahr. Wir hab'n net jahrelang geschuftet, immer in der Gefahr, entdeckt und hingerichtet zu werd'n, nur um uns jetzt zu unseren primitiven Vorfahr'n zwangsversetzen zu lass'n. Verstehn's? Wir woll'n unser restliches Leben in Liegestühlen unter Palmen verbringen, net im Schweden der Bronzezeit. Diese Welt muss besteh'n bleiben, wie sie ist, wenn unser Vermögen zu etwas nutze sein soll.«
Überrascht ließ Tubber den Blick zwischen den beiden Männern, die vor ihm standen, hin und her wandern. »Verstehe ich das recht? Sie beide konnten das tun, ohne dass der Professor ...«
»Professor!«, schnaubte Ecke aufgebracht, sodass es klang, als würde er das Wort voller Verachtung ausspucken. Er ließ die flache Hand wütend auf einen Tisch knallen. »Wenn ich das schon höre! Den Titel hat ihm Himmler verliehen. In Wahrheit ist Köhler nichts als ein abgebrochener Physikstudent, der in seinem ganzen Leben nur eine einzige eigene Idee hatte.«
Für einen Moment geriet Ecke in Rage und machte seinem Ärger darüber Luft, dass man ihn, der einmal am Kaiser-Wilhelm-Institut geforscht hatte, zum bloßen Handlanger eines akademischen Niemands herabgewürdigt hatte. »Ohne mich wäre dieser elende Nichtskönner Köhler verloren gewesen«, schimpfte er. »Erst durch meine Arbeit ist sein lebensgefährlich unzuverlässiger Apparat zum verlässlich funktionierenden Freya-Gerät geworden. Und wer erhielt die Anerkennung dafür?
Dieser arrogante Hochstapler!«
Nur langsam beruhigte Ecke sich wieder, doch nicht ohne zuvor noch in einigen kräftigen Worten Köhlers Unfähigkeit und Arroganz zu geißeln. »In den vergangenen vier Jahren war er sowieso kaum noch hier, hat sich um nichts gekümmert«, schnaubte er. »Nun wissen wir ja, was es mit seiner geheimniskrämerischen ständigen Abwesenheit auf sich hatte. Es soll mir aber recht sein. Dadurch erst hatten wir die Möglichkeit, hier ungestört unsere privaten Unternehmungen durchzuführen.«
»Ich verstehe«, quittierte Tubber Eckes Darstellung. Er wahrte professionelle Zurückhaltung, doch er war aufgeregt. Der Zufall hatte ihm eine letzte Chance beschert, die er nicht durch falsche Äußerungen gefährden durfte. »Und was erwarten Sie nun von mir?«
»Dass Sie uns helfen, Himmlers Vorhaben zu durchkreuzen.« Pallasch zeigte auf Tubber, als hätte er ihn soeben ausgewählt. »Sie sind ein Offizier des britischen Geheimdienstes. Ihre Aussagen haben zweifellos Gewicht. Wir versetzen Sie mittels Zeitportal zum britischen Hauptquartier in Hannover. Sorgen Sie dafür, dass man das Baldur-Gerät im Harz noch vor morgen Mittag vernichtet!«
Tubber runzelte zweifelnd die Stirn. »Eine dermaßen abenteuerliche Geschichte von einer Zeitmaschine wird mir niemand glauben.« »Man wird, wenn Sie Beweise vorlegen«, widersprach Ecke. Er zog den goldenen Kugelschreiber aus seiner Brusttasche und drückte ihn Tubber in die Hand.
»Schreiben Sie auf, was ich Ihnen – nein, besser noch! Wir stellen Ihnen eine Mappe mit Fotografien und Dokumenten zusammen.«
Tubber ließ einige Sekunden verstreichen, ehe er reagierte; es sollte wirken, als würde er den Vorschlag abwägen. Tatsächlich jedoch hatte er sich sofort entschlossen, nach diesem Rettungsanker zu greifen. Schließlich sagte er: »Gut. Ich nehme Ihren Vorschlag an.«
Ihm brannte noch eine Frage auf der Zunge. Er wollte endlich die Verbindung zwischen Pallasch und seinem toten Doppelgänger verstehen, und er war versucht, den
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